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Einmal im Monat schreibt Bischof Kohlgraf die Kolumne „Perspektiven“ für das Magazin „Glaube und Leben“:Hoffnungen und Erwartungen

Freundlich lächelnder Papst Leo XIV. in weißer Soutane auf der Loggia über dem Petersplatz
Vielleicht braucht unsere Gesellschaft mehr glaubwürdige Hirtenpersönlichkeiten, die Orientierung schenken, als wir im Alltag zugeben würden. Mit dem neuen Papst verbinden sich große Hoffnungen und Erwartungen. Er soll Brücken in einer Welt der Gegensätze und Spaltungen bauen und den Blick für die Menschen öffnen, die in einer von Stärke und Gewinnmaximierung geprägten Welt am Rande stehen und vergessen werden.
Datum:
Do. 15. Mai 2025
Von:
Bischof Peter Kohlgraf

Habemus Papam – wir haben einen Papst! Die Eindrücke von der Papstwahl und den ersten Auftritten von Leo XIV. sind noch sehr frisch. Die öffentliche Aufmerksamkeit für dieses Ereignis ist bemerkenswert hoch, nicht nur unter der katholischen Weltbevölkerung. Schon beim Tod von Papst Franziskus zeigte sich die hohe Anteilnahme, die auch hierzulande überraschend war. Vielleicht braucht unsere Gesellschaft mehr glaubwürdige Hirtenpersönlichkeiten, die Orientierung schenken, als wir im Alltag zugeben würden. Mit dem neuen Papst verbinden sich große Hoffnungen und Erwartungen. Er soll Brücken in einer Welt der Gegensätze und Spaltungen bauen und den Blick für die Menschen öffnen, die in einer von Stärke und Gewinnmaximierung geprägten Welt am Rande stehen und vergessen werden. Er soll ein Bewusstsein für die Verantwortung gegenüber der Schöpfung schaffen und uns dazu bringen, als Diener und nicht als Ausbeuter und Herren der Schöpfung zu handeln.

In einem Interview wurde ich gefragt, ob die Kirchen jetzt wieder voller werden. So einfach ist es nicht. Ein einzelner Papst wird die Gesamtbewegung der Kirche in Europa nicht aufhalten können, aber er wird hoffentlich zeigen können, dass der Glaube reich macht, Hoffnung und Motivation schenkt. Am ersten Abend hat Leo XIV. den Frieden in den Mittelpunkt gerückt und deutlich gemacht, dass er als Papst nichts erreichen kann, wenn ihm die Gemeinschaft der Gläubigen mit ihren Kompetenzen nicht zur Seite steht. Er will daher den synodalen Prozess, den Papst Franziskus weltweit begonnen hat, weiterführen. Wir in Deutschland waren bereits vor der Wahl zum Papst mit ihm im guten Gespräch, aber wir werden nicht der Nabel der katholischen Welt für ihn sein. Dennoch wünsche ich mir von ihm ein wenig Anerkennung und Sympathie für die Menschen, die gerade in unserer säkularen Welt ihren Glauben leben, bezeugen und für andere zugänglich machen wollen.

In der katholischen Kirche in Deutschland bemühen wir uns um Evangelisierung und die Weitergabe des Glaubens. Es ist schmerzhaft, immer wieder hören zu müssen, wir seien nur an Strukturen interessiert. Wir müssen allerdings auch wahrnehmen, dass problematische Strukturen die kirchliche Mission behindern oder gar unmöglich machen können. Derzeit habe ich den Eindruck, dass die vermittelnde Art von Papst Leo XIV. dazu führen kann, dass sich zunächst viele Positionen in der Kirche bestätigt fühlen. Am Ende braucht es Klarheit – jedoch nicht in Form der Ausgrenzung Andersdenkender, sondern in Form von Verständnis füreinander. Nun sind wir eingeladen, für den neuen Hirten der Weltkirche, den Pontifex und Brückenbauer, zu beten.

// + Bischof Peter Kohlgraf

Diesen Artikel und noch viel mehr lesen Sie im Magazin "Glaube und Leben" vom 25. Mai 2025.  Gibt's was Neues bei Ihnen, lassen Sie es uns wissen! Anruf – 06131 253-451 oder E-Mail: RedaktionFML@bistumspresse.de