Einmal im Monat schreibt Bischof Kohlgraf die Kolumne „Perspektiven“ für das Magazin „Glaube und Leben“.:Perspektiven| Die Nähe zu den Menschen

Mainz hat einen neuen Weihbischof: den aus Indien stammenden Karmelitenpater Joshy George Pottackal. Fast zwei Jahre haben wir auf die Ernennung gewartet – eine wirklich lange Zeit. Jetzt möchte ich dem Heiligen Vater, Papst Leo XIV., herzlich für diese Ernennung danken. Für mich als Bischof ist ein bischöflicher Mitbruder ein wichtiger Gesprächspartner. Der Weihbischof wird in der Bischofskonferenz vertreten sein, in ihren Kommissionen mitarbeiten, im Bistum Visitationen und Firmungen durchführen und auf vielen Ebenen guten Kontakt pflegen. Zahlreiche Aufgaben wird er innerhalb und außerhalb des Bistums übernehmen, und ich bin fest überzeugt, dass er dies mit großer Menschenfreundlichkeit tun wird.
Nach dem Weggang von Weihbischof und Generalvikar Udo Markus Bentz nach Paderborn habe ich die Mitglieder der Räte nach dem gewünschten Profil eines neuen Weihbischofs befragt. Natürlich muss er Leitungserfahrung mitbringen – das trifft auf den ernannten Weihbischof in jedem Fall zu. Noch wichtiger aber waren vielen Befragten die Nähe zu den Menschen und eine seelsorgliche Haltung. Auch darin bin ich mir beim Neuernannten ganz sicher. Ich bin dankbar, dass Pater Joshy die Berufung angenommen hat.
Die Ernennung wurde von vielen Gläubigen mit Spannung erwartet; die Gerüchteküche brodelt in solchen Zeiten naturgemäß. Mit seiner Ernennung haben jedoch wohl nur wenige gerechnet. Ein wenig erinnert mich dies an die Wahl von Kardinal Robert Francis Prevost zum Papst unter dem Namen Leo XIV. Auch er stand nicht ganz oben auf den Listen der Erwarteten. Ich glaube, dass in solchen Prozessen immer auch der Heilige Geist eine Rolle spielt.
Noch etwas verbindet Leo XIV. mit dem ernannten Weihbischof: Beide sind Ordensleute und bringen ihre je eigene Spiritualität ins Amt ein. Der Karmelit sieht sich immer „vor Gott stehend“, in Analogie zum Propheten Elija. Damit erinnert er uns alle an unsere Berufung, vor Gott und in Gott zu leben.
Der Papst und Augustiner war als US-Amerikaner Bischof in Peru; nun wird ein aus Indien stammender Priester und Karmelit Weihbischof in Mainz. So zeichenhaft dies natürlich ist, so wenig stellt es für die Weltkirche im Grunde eine Überraschung dar. Dennoch rückt die Ernennung von Pater Joshy Pottackal die rund 25 Prozent der Gläubigen anderer Muttersprache im Bistum Mainz auf eindrucksvolle Weise in den Blick. Sie sind mit ihren vielfältigen Lebens- und Glaubenserfahrungen ein Reichtum unseres kirchlichen Lebens, der in vielen Bereichen noch nicht die Aufmerksamkeit erhält, die er eigentlich verdient. In einer Weltkirche ist niemand fremd. Und es wäre wirklich schön, wenn wir als Katholikinnen und Katholiken lebten, was in der Gesellschaft oft nur mühsam gelingt.
// + Peter Kohlgraf