Der Bischof steht für die Verbundenheit mit der Weltkirche. Weltkirche wird oft als Bremserin für unsere Themen verstanden, sie ist aber ein Reichtum, sie fragt unsere Selbstverständlichkeiten an. Du, lieber Udo, hast ein Herz für den Reichtum der Weltkirche, es ist gut, dass Du ihn neu in die Bischofskonferenz einbringst.
Lieber Erzbischof Udo, liebe Gäste aus Paderborn, liebe Schwestern und Brüder!
Als Du, lieber Udo, 2015 zum Bischof geweiht wurdest, war ich Pfarrvikar in der Pfarrgruppe Wörrstadt und habe an dem Tag über die Aufgaben eines Bischofs gepredigt. Über den Bischof und seine Aufgaben zu reden, heißt über das Verständnis von Kirche zu sprechen. Wir spüren heute hier in Mainz, dass ein derartiger Abschied etwas Anderes ist, als sich von einem x-beliebigen Kirchenbeamten zu trennen. Ein Bischof, ein Weihbischof steht in einer besonderen Verbindung zur Diözese. Eine persönliche Würdigung werde ich beim anschließenden Empfang versuchen, hier will ich einen Blick auf die Kirche und das bischöfliche Dienstamt richten, das Du seit 2015 hier ausgeübt hast und nun bald in Paderborn ausüben wirst.
Der entscheidende Weiheakt erfolgt durch Handauflegung und Gebet. Im Laufe der Geschichte sind die Bischöfe mit Insignien ausgestattet worden, die von ihrem Ursprung her Herrschaftszeichen sind. Eigentlich sagt die Weihe durch Handauflegung genau das Gegenteil: Deine Vollmachten sind dir gegeben, du lebst ganz aus einer Sendung durch Christus selbst. Bischöfliche Sendung sagt etwas über den Auftrag der Kirche als Ganze aus. Sie ist gerufen zum Dienst, nicht zur Herrschaft. Dass Bischöfe und kirchliche Würdenträger durch ihre Rolle und ihr Amt leicht in die Versuchung geraten, eher zu herrschen als zu dienen, dafür können wir genügend Beispiele finden.
Die Versuchung ist aber nicht nur eine der Bischöfe und Priester. Lesen wir im Evangelium, dann sind wir alle gerufen, auf unsere eigene Weise in den Dienst Jesu zu treten. Es ist menschlich, dass die Jünger sich eines Tages streiten, wer der Größere sei. Sie haben noch nicht verstanden, was Nachfolge Jesu bedeutet: Dienerin und Diener anderer zu sein. So wie ich das sage, merke ich auch, wie sehr dies oft eine Floskel ist. Es ist leicht, dies von der Kirche allgemein oder vom Bischof oder Priester zu fordern. Ja, die Kirche und ihre Amtsträger müssen – das gehört zum Dienst – die Menschen ernst nehmen. Das tun sie nicht immer.
Was aber heißt dies für mich, dienen zu müssen und nicht herrschen zu dürfen? Es kann bedeuten: den anderen den Erfolg gönnen; sich zu freuen, wenn der andere groß herauskommt; den Neid zu besiegen; zu handeln, ohne Dank und Lob zu bekommen; meine alltägliche Arbeit gewissenhaft zu tun; in Geduld mit den anderen Menschen zu leben; die Augen nicht vor Unrecht zu verschließen; Konflikten nicht aus dem Weg zu gehen, weil ich meine Ruhe haben will. Es gibt tausend Formen, anderen zu dienen und sich selbst als Jüngerin oder Jünger Jesu zu sehen, seinen Weg mitzugehen.
Es ist gut und richtig, dass wir heute nicht nur in Deutschland darüber nachdenken, wie Macht und Verantwortung zu gestalten sind. Wir müssen nur darauf achten, dass wir nicht heute den Streit der Jünger Jesu fortsetzen, wer der Größere sei. Das gilt für Geweihte und Nichtgeweihte. Wir alle sind in der Verantwortung für das Reich Gottes, jeder und jede an der eigenen Stelle, mit der je eigenen Verantwortung. Heute reden wir über Synodalität und den Platz des Bischofs, und das ist gut und richtig. Synodalität muss aber heißen, Verantwortung wahrzunehmen und die eigene Sendung ernst zu nehmen. Verantwortung eines Bischofs bedeutet: Andere zu ermutigen und zu befähigen, die eigene Berufung leben zu können.
In der Weihe wird deutlich, dass wir eine apostolische Kirche sind. Die wichtigste Aufgabe eines Apostels ist das persönliche Zeugnis, Zeuge der Auferstehung zu sein. Apostolische Kirche zu sein heißt, das Wissen um den Ursprung wachzuhalten: Wir verkünden nicht uns selbst, sondern Christus, den Gekreuzigten und Auferstandenen. Auch dies ist kein neuer Gedanke. Aber besteht darin nicht genau manchmal unser Problem, dass uns diese Botschaft nicht mehr wirklich umtreibt? Äußerlichkeiten beschäftigen uns manchmal mehr als diese große Botschaft, die in unser Leben gesprochen ist. Und im Glauben geht es auch nicht in erster Linie um große Bekenntnisse, sondern um das alltägliche Unterwegssein mit dem Auferstandenen. Ich merke persönlich, wie leer oft meine Gebete sind, wie routiniert. Apostolisch leben heißt aber, sich neu begeistern zu lassen für die Freundschaft, die mir der auferstandene Herr schenkt. Apostolische Kirche sein heißt, sich zum lebendigen Christus zu bekennen, in dieser Zeit, mit all ihren Sorgen, Freuden, Ängsten. Die Mutlosigkeit, mit der ich oft meinen Glauben lebe, ist das Gegenteil von apostolischer Sendung.
Der Bischof steht für die Verbundenheit mit der Weltkirche. Weltkirche wird oft als Bremserin für unsere Themen verstanden, sie ist aber ein Reichtum, sie fragt unsere Selbstverständlichkeiten an. Du, lieber Udo, hast ein Herz für den Reichtum der Weltkirche, es ist gut, dass Du ihn neu in die Bischofskonferenz einbringst.
Du merkst heute: Bischof zu sein zeigt auch darin seinen Dienstcharakter, dass Du Vertrautes aufgibst, Dich auf einen neuen Weg begeben musst. Wir wünsche Dir von ganzem Herzen, dass Du gute Wegbegleiter findest, und ich bin sicher, dass es diese gibt und geben wird. Die Menschen in Paderborn werden schnell spüren, dass Du Deine Verantwortung als Dienst für jemand Größeren verstehst, dass Du zu ihnen kommst als Botschafter einer frohen Botschaft. Wir wünschen Dir, dass Du den Alltag Deines bischöflichen und apostolischen Dienstes als Ort der Christusnachfolge erfährst. Und wir wünschen Dir viele Stunden, in denen Du Dich getragen weißt von der Gemeinschaft der Gläubigen und dem auferstandenen Christus, in dessen Dienst Du stehst. Wir bleiben verbunden in Dankbarkeit, Vertrauen und Hoffnung. Gottes Segen für Deinen Dienst und das Erzbistum Paderborn.