Herrschaft Gottes beginnt dort, wo Menschen sich in den Dienst nehmen lassen für Frieden und Versöhnung

Brief zur Adventszeit an die Gemeinden im Bistum Mainz

Datum:
Fr. 30. Nov. 2018
Von:
Bischof Peter Kohlgraf
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gläubige im Bistum Mainz! Zur Adventszeit 2018 sende ich Ihnen herzliche Grüße und wünsche Ihnen allen eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit. Besonders denke ich an die Menschen, die durch dunkle Zeiten gehen müssen und die Zusage der Liebe Gottes besonders brauchen.

Bewegte Monate liegen auch im Bistum Mainz hinter uns. Ich erinnere an den Tod und die Beerdigung unseres geschätzten Kardinals Karl Lehmann, die viele Menschen bewegt haben.

In den vergangenen Wochen nun hat das Thema sexualisierter Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und andere Schutzbefohlene auch bei uns im Bistum die Aufmerksamkeit erregt, und die betroffenen Menschen haben jedes Recht darauf, dass wir uns ihnen zuwenden und ihnen so weit wie möglich Gerechtigkeit widerfahren lassen. Im Bistum Mainz beginnen wir den langen Weg der Aufarbeitung mit den vielen dazugehörenden Gesichtspunkten.

Im September habe ich der Diözesanversammlung und danach vielen anderen Personen und Räten erste konkrete Ideen für den weiteren pastoralen Weg im Bistum Mainz vorgestellt. Im Augenblick erreichen die Koordinationsstelle, die Dr. Wolfgang Fritzen leitet, Rückmeldungen und Fragen dazu. In der Osterzeit des kommenden Jahres werden in die Dekanate Aufgaben gestellt werden, um den Weg vor Ort zu gestalten. Mir ist es wichtig, dass kirchliches Leben vor Ort möglichst lebendig bleibt, indem Menschen ihre Berufung leben und dem Evangelium Raum geben. Die sich verändernden Rahmenbedingungen in der Kirche und in der Gesellschaft stellen uns neu vor die Frage, worin der Auftrag der Kirche heute besteht. Bekommen die Menschen von uns, was sie brauchen, brauchen sie, was wir ihnen anbieten? – dies müssen wir uns in Zukunft immer wieder fragen und unsere Angebote entsprechend selbstkritisch auf den Prüfstand stellen. Ich habe die Hoffnung, dass wir in der kommenden Zeit nicht nur über Strukturen und Erhalt des Bestehenden diskutieren, sondern geistliche Sichtweisen und Haltungen einüben und vertiefen. Dazu wollen wir besonders die kommende Fastenzeit nutzen, und es werden konkrete Ideen in die Gemeinden, Verbände und andere pastorale Orte kommen. Möglichst viele Menschen sollen an der Gestaltung der künftigen Wege beteiligt werden. Hierzu werden im Augenblick Ideen entwickelt. Ich bitte Sie alle, die kommenden Wege im Vertrauen auf Gottes Gegenwart und im Hören auf sein Wort mitzugehen.

Im Advent erreicht uns der Ruf des Propheten Jesaja, dem kommenden Herrn die Wege zu bereiten. Gott selbst kommt auf uns zu. Mit beeindruckenden Bildern beschreiben die prophetischen Texte, wie durch sein Wirken die Wüste zu blühen beginnt, wie Feinde zu Freunden werden, wie Blinde sehen und Lahme gehen, wie sich alles zum Guten wendet. Das sind starke Hoffnungsbilder, die das Heil nicht auf eine ferne Zukunft verschieben, sondern einladen, sich dem kommenden Gott zur Verfügung zu stellen. Zwar wird durch Gottes Kommen die Erde jetzt noch nicht zum Paradies, aber die Herrschaft Gottes beginnt dort, wo Menschen sich in den Dienst nehmen lassen für Frieden und Versöhnung, wo neues Leben aufbricht, wo Menschen Hoffnung wecken und Leben ermöglichen. Ich wünsche Ihnen allen solche Erfahrungen von Leben in der Wüste. Ich wünsche Ihnen, dass die Advents- und Weihnachtszeit Ihnen neu die Freude an Gott und seiner Gegenwart schenkt.
Gottes Segen für die kommenden Wochen!


Ihr
+Peter Kohlgraf