Zur Vielfalt der Kirche wird hoffentlich zunehmend gehören, dass sich neue Formen von kirchlichem Leben bilden. Die traditionellen Gemeinden allein werden nicht mehr alle mitnehmen. Wir sollten vor Neuem keine Angst haben. Wir Christen sollten Vielfalt in unserer Welt und in unserer Kirche schätzen lernen. Immer aber wird uns Christus zusammenführen, in der Verkündigung, der Liturgie, besonders der Eucharistie und in der Caritas.
Ich glaube, liebe Schwestern und Brüder, dass der Herr heute Wohlgefallen an uns findet: eine Gemeinde um den einen Altar versammelt, um gemeinsam Eucharistie zu feiern. Eine tiefere Gemeinschaft mit Gott und untereinander kann es nicht geben. Ein Brot – ein Leib, sagt Paulus. Die Gemeinden unseres Bistums bilden heute auch sichtbar die eine Kirche, den einen Leib Christi. Dieses Bild von der Kirche als Leib war Paulus sehr lieb, denn er konnte in den Diskussionen seiner Zeit damit zwei Sachverhalte gleichermaßen ausdrücken: die Vielfalt der Gemeinde und ihrer Glieder und ihre gleichzeitige Einheit. Damals ging eine Spaltung durch die Gemeinde. Die einen hielten zu Paulus, die anderen zu Apollos, einem begnadeten Redner, die anderen zu Petrus, wieder andere meinten, sie hätten den direkten Draht zu Christus und bräuchten keinen menschlichen Vermittler.
Solche Parteiungen haben wir heute durchaus auch, und wir müssen hier immer wieder an der Einheit arbeiten. Sie ist nicht selbstverständlich. Da gibt es viele gute Ansätze. In den Gremien und in vielen Angeboten wachsen wir zu einer Einheit zusammen. Am vergangenen Sonntag haben wir das Richtfest zum Beginn der zweiten Phase des Pastoralen Weges gefeiert. Und wie damals geht es heute auch darum, zu einer immer tieferen Gemeinschaft zu finden und dennoch die Vielfalt wertzuschätzen. Wir dürfen nicht vergessen: Die tiefste Einheit wird nicht gemacht, sondern sie wird geschenkt. Wenn wir Eucharistie zusammen feiern, sollten wir sensibel bleiben, wo es Spaltungen und Egoismus geben sollte. Die Einheit der Menschen zu fördern, ist kirchlicher Auftrag.
Das Bild vom Leib ist jedoch auch ein Bild der nötigen Vielfalt. Einheit in Christus kann nie Gleichmacherei bedeuten, sondern Wertschätzung unterschiedlicher Wege und Traditionen, die Ausdruck der Vielfalt menschlichen Lebens und Glaubens sind. Vielfalt ist immer dann sinnvoll, wenn sie aus der Mitte des Glaubens kommt, wenn sie wirklich Ausdruck der Liebe zu Christus ist, und wenn sie zu einer stärkeren Liebe zu Christus hinführt. Ich glaube: Wir setzen heute ein gutes Zeichen, denn wir feiern heute als die eine Kirche Christus, den Herrn, der uns Einheit schenkt, und uns schon jetzt so tief eint, wie es Menschen allein nie schaffen könnten. Denn wir sind wirklich Leib Christi. Der Kirchenlehrer Augustinus sagt einmal: Empfangt, was ihr seid, und werdet, was ihr empfangt: der eine Leib Christi. Am Ende müsste auch gefühlsmäßig das kommen, was Paulus seinen Korinthern sagt. Wenn ein Glied leidet, leiden alle, wenn ein Glied sich freut, freuen sich alle mit. Wenn das eines Tages für unsere Gemeinden hier gilt, haben wir einen guten Weg beschritten.
Zur Vielfalt der Kirche wird hoffentlich zunehmend gehören, dass sich neue Formen von kirchlichem Leben bilden. Die traditionellen Gemeinden allein werden nicht mehr alle mitnehmen. Wir sollten vor Neuem keine Angst haben. Wir Christen sollten Vielfalt in unserer Welt und in unserer Kirche schätzen lernen. Immer aber wird uns Christus zusammenführen, in der Verkündigung, der Liturgie, besonders der Eucharistie und in der Caritas.
Fronleichnam gehen wir unseren Weg als die eine Kirche mit dem auferstandenen Herrn in unserer Mitte. Das Bild vom Christsein als Weg geht bis in die Apostelgeschichte hinein. Glauben hat in der Bibel immer Wegcharakter, den Charakter des Aufbruchs, allerdings mit dem Ziel vor Augen, Leben in Gott zu finden. Christsein muss lebendig bleiben, Christsein muss immer bereit sein, neue Wege mit dem Herrn zu beschreiten. Kirche war nie nur ein Traditionsverein, Christen waren sogar am Anfang die Progressiven der Gesellschaft, sie stellten religiöse und kulturelle Traditionen immer auch in Frage, denn Christus ist nicht die Gewohnheit, sondern die Wahrheit, wie ein anderer frühchristlicher Theologe formuliert (Tertullian, gest. nach 220). Neue Wege konnten immer dann beschritten werden, wenn klar war: Es waren die Wege, die Christus die Kirche führen will. Deswegen waren Christen bemüht, die Zeichen der Zeit zu sehen und zu verstehen. Wenn wir heute durch unsere Straßen ziehen, geben wir ein Zeugnis dafür, dass wir unsere Wege mit Christus gehen. Dass wir keine Angst vor der Zukunft haben, dass wir uns begleitet und geführt wissen. So wichtig es derzeit ist, Vergangenheit zu bewältigen, so wichtig ist es, neue Wege in die Zukunft zu gehen, ohne Angst, aber mit großer Aufmerksamkeit für das, was unsere Welt braucht. Das eucharistische Brot ist Christus selbst, der uns nicht verlässt, wenn wir ihn in unsere Mitte holen. Diesen Christus schließen wir nicht in unsere Kirchen ein. Er gehört auf die Straßen, in den Alltag, ins Leben. Eigentlich sind wir Christen so etwas wie Monstranzen, Gefäße für Christus in unserer Welt. Gerade in unserer Zeit mit ihren Herausforderungen scheint mir das persönliche Zeugnis für eine Nahrung, die nur Gott schenken kann. Ein wichtiger Dienst an den Menschen.