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Aufarbeitung:
Unterstützung einholen

ansprechbar sind:

Anke Fery

Anke Fery

Aufarbeitungsbeauftragte
Carolin Bernhardt

Carolin Bernhardt

Referentin Aufarbeitung und Prävention

Individuelle Aufarbeitung

Bei der individuellen Aufarbeitung geht es um den einzelnen Menschen, der Missbrauch erlebt hat, und darum, wie er mit dem Erlebten umgehen und es möglichst auch bewältigen kann. Es ist ein meist lebenslanger Prozess, der von den Betroffenen selbst zu leisten ist, in den die Institution einbezogen werden kann, aber nicht muss.

Die individuelle Aufarbeitung unterstützen wir mit: 

Wir versuchen den persönlichen Beratungs- und Bewältigungsprozess zu unterstützen. Dazu kann gehören, über das vergangene Unrecht zu sprechen – z.B. auch im Rahmen einer Therapie, welche wir dann, wenn andere Kostenträger ausfallen, finanziell übernehmen. 

Verschiedene Gesprächspartner, wie die Unabhängigen Ansprechpersonen, die Mitarbeitenden des Instituts für Spiritualität, die Aufarbeitungsbeauftragte, aber auch die Bevollmächtigte des Generalvikars, Stephanie Rieth und Bischof Peter Kohlgraf, stehen hier zur Verfügung.

Übernahme von Therapiekosten

Betroffene von sexuellem Missbrauch im kirchlichen Kontext können sich beim Bistum melden, wenn sie eine Therapie aufnehmen und die Finanzierung nicht über die Krankenkasse oder einen anderen Kostenträger gesichert ist.

Auch die Zahlung einer „Entschädigung“, wie sie von Betroffenen im kirchlichen Kontext beantragt werden kann, kann Teil der individuellen Aufarbeitung sein. Die Anerkennungs- und Entschädigungszahlungen sind dabei eine Möglichkeit, aber sie stellen nur symbolisch eine Anerkennung des erlittenen Leids dar, sie heilen nie die Wunden.

Derzeit liegen dem Bistum 122 solcher Anträge von Betroffenen vor. 

Die Zahlungen belaufen sich in Summe auf rund 2,8 Mill. Euro. (Stand Juli 2025) 

 

 

Antrag auf Anerkennung des Leids 

Viele von (sexualisierter) Gewalt betroffene Menschen leiden über Jahrzehnte an den Folgen dieser Übergriffe. Ein Weg, wenigstens in Ansätzen dieses Leid zu mindern, ist die Gewährung von Leistungen in Anerkennung des Leids.

Über die unabhängigen Ansprechpersonen können Betroffene von sexuellem Missbrauch seit 2011 Leistungen in Anerkennung des Leids beantragen. Hierzu gehören materielle Leistungen, Übernahme von Therapiekosten sowie Übernahme von Paartherapiekosten. Eine Mehrfachauswahl ist möglich.

Die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen mit Sitz in Bonn entscheidet über den Antrag auf materielle Leistungen. Falls Sie die Übernahme von Therapiekosten beantragen, liegt die Zuständigkeit über die Entscheidung bei der zuständigen Stelle im Bistum.

Wenn Sie den Antrag ausfüllen, kann das für Sie eventuell sehr belastend sein, da Erinnerungen und das damit verbundene Leid wieder spürbar werden können. Wir empfehlen deshalb, den Antrag im Beisein oder mit Hilfe einer unabhängigen Ansprechperson oder einer vertrauten Person auszufüllen. 

Für weitere Information zum Ablauf und weitere Fragen der Antragsstellung siehe Anerkennungsordnung (Ordnung für das Verfahren zur Anerkennung des Leids)

Betroffenen sexualisierter Gewalt wurde durch den Missbrauch nicht zuletzt eine geistige Heimat genommen. Deshalb bieten wir allen auch eine seelsorgliche Begleitung an.

Seit 2024 gibt es einen neuen Betroffenenbeirat, der sich verschiedener Themen annimmt sowohl im Bereich der individuellen als auch der institutionellen Aufarbeitung (siehe auch Betroffenenperspektive einholen)

Auch der Betroffenenbeirat hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf Wunsch andere Betroffene individuell zu unterstützen.

Vielen Betroffenen ist es ein großes Bedürfnis, mehr Wissen über die eigenen Tatumstände bzw. Missbrauchstäter zu erhalten.

Um Betroffene von sexualisierter Gewalt bei der persönlichen Aufarbeitung zu unterstützen, ermöglicht das Bistum Mainz eine individuelle Aktenauskunft. Im Rahmen des für alle geltenden Rechts und unter Berücksichtigung der Erwartungen sowie der dabei außergewöhnlichen Belastungssituation der Betroffenen ist es dem Bistum ein großes Anliegen eine betroffenensensible Auskunft zu gestalten.   

Wir möchten Betroffenen helfen, ihren eigenen wichtigen und persönlichen Fragen im Aufarbeitungsprozess, nachgehen zu können. Diese können ganz unterschiedlich sein. „Was war bekannt im Fall meines Täters? Welches Wissen gab es vor Ort? Was waren die Prozesse, die dazu geführt haben, dass der Täter damals versetzt wurde?“

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„Sieg des Lichts über die Dunkelheit“

Gedanken von Anke Fery zum Bild der Künstlerin Elisabeth Eisenhauer

Kunst spielt eine wichtige Rolle in der Aufarbeitung, denn sie hilft uns, historische Ereignisse und persönliche Erfahrungen zu verarbeiten und zu reflektieren. Die Bilder von Elisabeth Eisenhauer drücken ihre Gefühle und ihren inneren Weg aus und bringen uns somit dazu, über die Vergangenheit nachzudenken, auch über unsere Rolle in der Geschichte des Missbrauchs. Ich bin Frau Eisenhauer sehr dankbar, dass sie uns ihre Bilder für die Broschüre Erinnerungskultur und für unsere Homepage zur Verfügung gestellt hat und somit auch uns diesen Zugang ermöglicht.

Ich war mit Frau Eisenhauer im Austausch über Ihre Gedanken zum Bild „Sieg des Lichts über die Dunkelheit“ und sie bat mich, meine eigenen Gedanken als Aufarbeitungsbeauftragte zu dem Bild zu beschreiben. 

Das Bild ist für mich persönlich besonders ausdrucksstark. Es führt mir die dunklen Kapitel des Missbrauchs der Vergangenheit und das Leid, das viele Betroffene erfahren mussten und mit dem ich hier auch täglich konfrontiert bin, deutlich vor Augen, vermittelt mir aber auch Hoffnung.

Ein Licht strahlt aus der Tiefe der Dunkelheit. Es ist kein ruhiges Licht, sondern eines, das sich seinen Weg durch die Schichten der Dunkelheit sucht. Die Strahlen wirken dynamisch, fast explosiv durchdringen sie das Dunkel und stehen so für einen Durchbruch, der mich motiviert, institutionelle, aber auch individuelle Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt verantwortlich ernst zu nehmen und zu unterstützen.

Darüber hinaus hat das Bild für mich eine tiefreligiöse Botschaft: Aufarbeitung beginnt immer im Dunkel. Wenn sie gelingt, wird das Dunkel und das Leid zwar nicht weg sein, denn wir können nichts ungeschehen machen. Es wird aber im Dunkel selbst heller werden. Aufarbeitung ist damit für mich immer auch ein Zeugnis dafür, dass Gott in unsere Wirklichkeit wirkt. Sein Licht steht für Gerechtigkeit.

Und wir dürfen Menschen sein, die sein Licht weitertragen, getragen vom Ursprung, gesendet in die Welt.

Institutionelle Aufarbeitung

Unter institutioneller Aufarbeitung versteht man die strukturelle Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt innerhalb einer Institution, mit den Fragestellungen unserer EVV-Studie:

  • Was ist geschehen? 
  • Wie konnte es geschehen? 
  • Wie wurde damit umgegangen? 

Auch an der Institutionelle Aufarbeitung innerhalb der Pfarrei- und  Bistumsebene sind immer die Betroffenen selbst sowie das Umfeld in dem der Missbrauch stattgefunden hat, zu beteiligen. Institutionelle Aufarbeitung ist immer auch Teil der Gesellschaftlichen Aufarbeitung:

An der Aufarbeitung beteiligt sind immer die Betroffenen selbst, die Institution, das enge Umfeld der Betroffenen, und auch die Gesellschaft. Das Einholen der Betroffenenperspektive ist dabei von größter Bedeutung, weil

  • dadurch den Betroffenen eine Stimme gegeben wird und sie ihre Erfahrungen anerkannt wissen. Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung Gerechtigkeit, Vertrauen und Wiedergutmachung.
  • sie helfen kann, die Ursachen und Folgen von Missbrauch besser zu verstehen und Präventionsstrategien entwickelt werden können.
  • Unterstützungsangebote für Betroffene besser an deren Bedürfnisse angepasst werden können.
Wie holen wir Betroffenenperspektive ein?
  • Wir schaffen Möglichkeiten, in denen alle Betroffene, die dies wünschen, ihre Erfahrungen und Gefühle ins Gespräch bringen und ausdrücken können.
  • Wir binden die Betroffenenvertreter in Entscheidungsprozesse ein, in dem sie in verschiedenen Arbeitsgruppen und Gremien eingebunden und regelmäßig vertreten sind.
  • Wir nehmen Rückmeldungen und Verbesserungsvorschläge des Betroffenenbeirates ernst und suchen gemeinsam nach Lösungen.
  • Wir begegnen der Betroffenensicht mit Respekt und Empathie, ohne Schuldzuweisungen und Vorurteile.

Anfang März 2023 wurde die umfassende und unabhängige Studie zur Aufklärung von Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Verantwortungsbereich des Bistums Mainz von 1945 bis Anfang 2023 vorgestellt. Sie wurde unter dem Titel „EVV-Studie“ bekannt. EVV ist die Abkürzung für „Erfahren – Verstehen – Vorsorgen“. Die Begriffe machen deutlich, worum es in der Studie geht: Erfahren, was geschehen ist. Verstehen, wie es dazu kommen konnte. Auf dieser Grundlage vorsorgen, dass so etwas nicht mehr passiert. 

Die Studie ging vor allem drei Fragen nach. Erstens: Gab und gibt es Strukturen im Bistum Mainz, die die Ausübung sexualisierter Gewalt befördert bzw. nicht verhindert haben? Zweitens: Wie wurde mit Fällen sexualisierter Gewalt nach entsprechender Kenntnis im Bistum Mainz umgegangen? Drittens: Haben im Bistum Mainz von 1945 bis Anfang 2023 bisher unbekannte Fälle von sexualisierter Gewalt stattgefunden? Welche Ergänzungen und Weichenstellungen ergeben sich aus diesen Erkenntnissen für das präventive Handeln im Bistum Mainz?

Nach Veröffentlichung der EVV-Studie wurde die Steuerungsgruppe EVV sowie ihre Untergruppen eingerichtet. Diese entwickelt bereits bestehende Prozesse im Umgang mit sexualisierter Gewalt aufgrund der neuen Erkenntnisse und Konsequenzen aus der Studie weiter. 

Die EVV-Studie ist auf der Homepage von Rechtsanwalt Ulrich Weber (Verfasser der Studie) einzusehen. Weitere Informationen rund um die Studie erhalten Sie zusätzlich in den FAQ

Die Bistumsleitung hat nach Veröffentlichung der EVV-Studie im März 2023 eine Steuerungsgruppe sowie vier Untergruppen eingerichtet, die für das Bistum Mainz mehrere Konzeptionen im Umgang mit sexualisierter Gewalt (weiter-) entwickeln. Die Steuerungsgruppe besteht aus Mitarbeitenden u.a. mit Leitungsverantwortung und bildet einen Querschnitt aus allen relevanten Dezernaten und Abteilungen ab. Sie analysiert und diskutiert alle Aufträge und Entwicklungsvorschläge, die in der EVV-Studie beschrieben wurden. Zudem entwickelt sie Aufträge und Ziele, die konkret in den eingerichteten Untergruppen bearbeitet werden. 

Die Steuerungsgruppe koordiniert die Themen der Untergruppen und verabschiedet die dort erarbeiteten Prozesse. Teilnehmende der Untergruppen sind Mitarbeitende des Bistums aus verschiedenen Arbeitsbereichen und Berufsfeldern, Vertreter:innen der Unabhängigen Aufarbeitungskommission, Vertreter:innen der Betroffenen sowie externe Expert:innen. 

Eine Resonanzgruppe, die sich aus Mitgliedern der diözesanen Räte zusammensetzt, gibt regelmäßig Rückmeldung zu den Ergebnissen.                                                                                          

Folgende Untergruppen wurden eingerichtet:

  • Untergruppe Umgang mit Irritierten und traumatisierten Systemen
  • Untergruppe Umgang mit Beschuldigten und Beschuldigungen
  • Untergruppe Erinnerungskultur
  • Untergruppe Umgang mit betroffenen und meldenden Personen 

Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wir mit dem heutigen Wissen und den Erinnerungen umgehen und wie wir sie nutzen können, um positive Veränderungen herbeizuführen. Gleichgültigkeit darf nie eine Antwort auf Missbrauch sein, Erinnern ist unsere Pflicht!

Erinnerungskultur ist nicht nur Teil der Aufarbeitung, sondern ist immer auch Prävention gegen sexualisierte Gewalt, denn sie fördert Bildung und Aufklärung. 

Wer sich mit Missbrauchstaten befasst, muss zunächst viele Emotionen und Spannungen aushalten. Es ist etwas völlig anderes, ob aus einer medialen oder wissenschaftlichen Distanz über die Missbrauchsfälle in der Kirche gesprochen wird oder ob konkrete Missbrauchstaten im eigenen kirchlichen Umfeld geschehen sind. Das führt nicht selten zu einer emotionalen Überforderung bis hin zu einem hoch eskalierenden Konfliktfeld vor Ort. Unsere Handreichung zur Erinnerungskultur kann bei der Auseinandersetzung insofern helfen, als sie einen ersten strukturierten Zugang zu diesem Thema ermöglicht. Sie soll Anregungen, Denkanstöße, Leitfragen und Praxisbeispiele zur Gestaltung einer Erinnerungskultur sowie Unterstützungsangebote vor Ort geben. Sie gibt dabei nicht den konkreten oder gar einzig richtigen Weg zum Thema Erinnerungskultur vor, sondern zeigt auf, wie eine Lösung in einem gemeinsamen Prozess gefunden werden kann. Gemeinden, die sich hier auf den Weg machen, bieten wir unterschiedliche Unterstützung durch das Ordinariat oder durch Vernetzung mit der Unabhängigen Aufarbeitungskommission sowie dem Betroffenenbeirat an.

Was ist ein irritiertes und traumatisiertes System?

Wenn vor Ort ein (Verdachts-) Fall von sexualisierter Gewalt bekannt wird und Menschen mit dieser bisher unvorstellbaren Situation konfrontiert werden, wird nicht selten das Vertrauen in eine bisher grundsätzlich sichere, verlässliche und kontrollierbare Welt zerstört.

Es ist von einem „Irritierten bzw. traumatisierten System“ die Rede.

Das bedeutet konkret: Es hat sexualisierte Gewalt stattgefunden, von der Menschen zwar nicht selbst direkt betroffen waren, jedoch stehen sie der betroffenen oder beschuldigten Person so nahe, dass eine eigene, indirekte „Betroffenheit“ nicht ausbleibt. 

Betroffenenbeirat

Seit 2024 gibt es einen neuen Betroffenenbeirat, der sich verschiedenen Themen annimmt sowohl im Bereich der individuellen als auch der institutionellen Aufarbeitung (siehe auch Betroffenenperspektive einholen) (Link)

Der Betroffenenbeirat hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf Wunsch andere Betroffene individuell zu unterstützen.

Unabhängige Aufarbeitungskommission

Ziel der Unabhängigen Aufarbeitungskommission ist es, die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt im Bistum Mainz konsequent weiter voranzutreiben. Die unabhängigen Expert:innen verifizieren weitere Veränderungen und Maßnahmen, welche auf den Weg gebracht werden sollten, damit sexualisierte Gewalt verhindert wird.

Die Aufgaben der Kommission wurden von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) in der „Gemeinsamen Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche“ festgelegt.

Beraterstab

Gemäß Ziffer 7 der Interventionsordnung wurde ein Beraterstab eingerichtet. Die Aufgabe des Beraterstabs ist die Beratung in Fragen des Umgangs mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener sowohl in aktuellen als auch in zeitlich zurückliegenden Interventionsfällen. Durch die Nutzung der interdisziplinären Fachkompetenzen und Expertisen der verschiedenen Mitglieder, wird eine objektive und faire Behandlung der komplexen Fragestellungen aller Fälle sowie ein einheitliches Vorgehen in Interventionsfällen gewährleistet. Darüber hinaus berät das Gremium auch in Grundsatzfragen rund um die Aufarbeitung.

Fachberatungsstellen

Auf der Seite des „Hilfeportal Sexueller Missbrauch“ wird über eine mögliche anonyme und kostenfreie Hilfe sowie weiteren Hinweisen rund um das Thema Sexualisierte Gewalt informiert. In der dazugehörigen Datenbank können ortsnahe Hilfsangebote wie Beratungsstellen, Notdienste sowie therapeutische und rechtliche Angebote gefunden werden. 

Des Weiteren stehen Ihnen die Beratungs- und Hilfeangebote der Caritas im Bistum Mainz/ Caritas Deutschland zur Verfügung. 

Resonanzgruppe EVV

Die Resonanzgruppe EVV, die sich aus Mitgliedern der diözesanen Räte zusammensetzt, gibt regelmäßig Rückmeldung zu den Ergebnissen aus der Steuerungsgruppe EVV, sowie aus den dazugehörigen Untergruppen.