So oder ähnlich wurde mir erklärt, warum es im Kosovo erst gegen Anfang Juni wärmer wird und der Frühling endlich Platz für den Sommer macht.
Umso mehr freuten sich die Kinder im CONCORDIA Tranzit Centre, wieder Fußball zu spielen oder den Spielplatz vor dem Zentrum zu nutzen. Trotz der ausgelassenen Stimmung der Kinder startete der Juni eher stressig für das Team.
Wir hatten im Mai mehrere Online-Meetings mit der Organisation aus Österreich und waren uns einig, dass wir unsere Sozialhilfe nicht nur auf die Stadt Prizren beschränken können, da es fast in jeder anderen Stadt des Kosovos einen Stadtteil wie Tranzit gibt, in dem die Versorgung mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln dringend gebraucht wird.
Das Projekt startete in der nahen Kleinstadt Suhareka, welche etwa 20 Minuten von uns entfernt war und wurde von „CONCORDIA Sozialprojekte“ finanziert. In Zusammenarbeit mit der staatlichen Sozialhilfe machten wir 250 bedürftige Familien ausfindig und versuchten, diese zunächst telefonisch zu erreichen.
Zusammen mit den beiden Sozialarbeitern des Projektes packten wir die Pakete in einem Lagerraum eines benachbarten Supermarktes zusammen. Diese beinhalteten Grundnahrungsmittel und einfache Hygieneartikel. Wir organisierten einen Treffpunkt mit den Familien und verteilten drei Tage lang die Pakete.
Derzeit ging es im Zentrum seinen gewohnten Gang; der Kindergarten war voll, die Grundschüler kamen vormittags und gingen nach dem Mittagessen in die staatlichen Schulen und die Jugendlichen kamen nachmittags und blieben oft bis abends für Musikunterricht und Orchesterproben.
Die letzte Juniwoche war gleichzeitig die erste Woche der Sommerferien und meine Mitbewohnerin Agathe Hurbin und ich organisierten ein sogenanntes “Summercamp“ für eine Woche.
Die Idee war zunächst eine Art Orchesterfreizeit anzubieten, sodass die Kinder im Orchester die Möglichkeit zum intensiven Üben bekommen und nach einer Woche ein Konzert spielen könnten. Doch täglich besuchen bis zu 100 Kinder das CONCORDIA Tranzit Centre und somit musste eine Beschäftigung für die restlichen Kinder her.
Zusammen mit unserem Chef und Mentor Bardhyl konnten wir einen Kunstlehrer, eine Tanzlehrerin und zwei Trainer aus einer Karate-Schule für das Projekt begeistern, welche dann vormittags Workshops anbieten konnten. Das Nachmittagsprogramm nahmen wir selbst in die Hand und spielten verschiedene Gruppenspiele mit den Kindern.
Das „Summercamp“ war anstrengend, doch ein voller Erfolg und endete mit einem schönen Konzert, zu dem sogar die ein oder anderen Eltern kamen.
Leider musste ich mich zu dieser Zeit von meiner Mit-Freiwilligen und Freundin Agathe verabschieden, welche mit mir angefangen hatte, aber nur zehn Monate bleiben konnte. Der Abschied fiel uns beiden schwer und ich war mir unsicher, wie ich die zwei letzten Monate ohne die Unterstützung Agathes schaffen sollte.
Kurz nach Agathes Abreise besuchten mich zwei deutsche Freiwillige aus Slowenien und wir hatte eine schöne Woche gemeinsam in Prizren. Ich genoss es, anderen von dem Projekt zu erzählen und positive Rückmeldungen zu bekommen.
Dazu verbrachte ich nun mehr Zeit mit meinem Mentor Bardhyl und wir sprachen stundenlang über die Zukunft des Projektes, eigene Gedanken und Gefühle dazu und über individuelle Geschichten der Kinder. Ich lernte hier erstmals, wie wichtig es ist, über das eigene Wohlbefinden zu sprechen und über die Erlebnisse, die ich jeden Tag machte.
Dazu besuchte mich meine Familie Ende Juli und ich freute mich, dass sie nun eine klarere Vorstellung von meiner täglichen Arbeit hatten. Meine Erzählungen am Telefon oder auch diese Berichte und Blog-Einträge können nämlich leider nur zu einem kleinen Teil widerspiegeln, wie das Leben in Tranzit tagtäglich aussieht.