Die Visitation einer Pfarrgemeinde ist ein seltenes Ereignis, und am 13. September 2018 war es so weit: Der Generalvikar des Bistums Mainz, Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz, weilte zur offiziellen Visitation in Bad Nauheim. Einzelgespräche mit den hauptamtlichen Mitarbeiter/innen standen am Beginn seines Besuchs, und dann konnten sich die Räte mit dem hohen Gast über Sichtweisen und Wünsche zum aktuellen und zum künftigen Gemeindeleben austauschen. Nach einem feierlichen Pontifikalamt mit eindrucksvoller Predigt verbrachte der Generalvikar den Abend abschließend in Gesprächen mit Ehrenamtlichen.
Mitglieder des Pfarrgemeinderates und des Verwaltungsrates trafen sich an diesem Tage von 17.30 - 18.30 Uhr in einer Sitzung mit dem Weihbischof. Zunächst gab Pfarrgemeinderatsvorsitzender Georg Dierschke einen Situationsbericht aus Sicht des PGR; darin sah er die Zukunft unserer Pfarrgemeinde in einem Neubeginn: Religion müsse für die Gläubigen dinglich erfahrbar sein. Der PGR habe darüber hinaus den dringenden Wunsch an das Bistum, den Gemeinden die stetig wachsende Verwaltungsbelastung abzunehmen und die Seelsorge weitgehend davon zu entkoppeln.
Weihbischof Dr. Bentz griff die Eckpunkte dieses Statements auf und bestätigte es im Kern. Er betonte, der bevorstehende pastorale Weg dürfe kein "Reset" sein; der Neuanfang erfordere vielmehr eine ganz andere Haltung: Die Fixierung auf die Hauptamtlichen müsse aufgegeben werden; statt dessen müsse man in vielen Gesprächen die Charismen in der Gemeinde entdecken und diese dann auch zum Tragen bringen. Dabei müssten Ehrenamtliche nicht als "Lückenbüßer", sondern unter dem Aspekt der "Berufung aller Getauften" gesehen werden. Fragen wie "Was können wir der Gemeinde anbieten?" müssten abgelöst werden durch "Was entdecken wir an Potenzial in der Gemeinde?" Funktion der Hauptamtlichen sei dabei nicht das Machen, sondern das Initiieren, das Befähigen und das Begleiten.
Um 19.00 Uhr begann das Pontifikalamt: Weihbischof Dr. Bentz feierte die Eucharistie zusammen mit Pfarrer David Jochem Rühl und Kaplan Kai Rudolf Wornath als Konzelebranten.
In seiner eindrucksvollen Predigt legte der Weihbischof den Schwerpunkt auf die Rezeption der Heiligen Schrift. Nach einer Würdigung des Tagesheiligen Johannes Chrysostomus betrachtete er das Tages-Evangelium aus der Perspektive des Individuums: Jesu Gleichnis vom Sämann würde meist so ausgelegt, dass die unterschiedlich fruchtbaren Böden für verschiedene Menschen ständen. Doch auch jeder einzelne Mensch sei in seinem Inneren ganz unterschiedlich empfänglich für verschiedene Bibelworte, und diese innere Empfänglichkeit ändere sich sowohl in verschiedenen Lebenslagen als auch im Laufe eines Lebens. Daher sei es notwendig, sich immer wieder neu mit Gottes Wort zu befassen.
Der Pfarrgemeinderat hatte Ehrenamtliche aus den unterschiedlichen Gruppierungen der Gemeinde eingeladen, nach der Eucharistiefeier einen kleinen Imbiss im Gemeindezentrum einzunehmen und Weihbischof Dr. Bentz zwanglos bei Tisch zu begegnen. Mehr als 50 Gemeindemitglieder nahmen diese Einladung an und durften den Weihbischof als aufgeschlossenen und offenen Gesprächspartner erleben.