Schmuckband Kreuzgang

Wort zur Woche

Neue Erkenntnisse in unserer Zeit

Wort zur Woche (c) D. Thiel
Wort zur Woche
Datum:
Do. 3. Juni 2021
Von:
Dietmar Thiel

In jeder StadtPost Neu-Isenburg gibt es ein „Wort der Woche". Pfarrerinnen, Pfarrer und Vertreter der Kirchengemeinden aus Neu-Isenburg teilen ihre Gedanken zur Jahreszeit, zu Entwicklungen in unserer Gesellschaft oder zu Dingen, die sie aus christlicher Sicht bewerten, mit.

In der Ausgabe: Jahrgang 37, Ausgabe Nr.22, Donnerstag, 03. Juni 2021, veröffentlichte die StadtPost folgenden Artikel:

Neue Erkenntnisse in unserer Zeit

Die Worte Lockerung/Entspannung haben in der heutigen Zeit einen neuen Stellenwert und eine vielschichtige Bedeutung bekommen. Mehr denn je warten die Menschen sehnsüchtig auf eine Entspannung bei der Pandemiesituation, darauf, dass Lockerungen der Pandemieeinschränkungen verkündet werden und ein Stück der gewohnten Normalität zurückkehrt. Indoor versus Outdoor ist in aller Munde. Früher galt die Abgeschiedenheit vom Straßenlärm und Menschenansammlungen als Quelle der Entspannung und Erholung. Heute ist das Eingesperrt sein im eigenen Zimmer erdrückend und man möchte nach draußen gehen, um sich zu entspannen. Es gibt eine große Veränderung in unserer Wahrnehmung.

 Früher wurde Kontakt als lästig empfunden, heute ist das meistgehasste Wort „kontaktlos“. Früher wurde das Zusammenkommen oft anstrengend empfunden, heute wartet man sehnsüchtig darauf, sich zu treffen. Früher dachte man, die zunehmende Digitalisierung würde den Tag nur bereichern. Doch manchmal wird sie zur Last und man sieht heute auch die Schattenseite der Entwicklung. Man dachte, Home Office sei eine Revolution. Doch das Zusammenarbeiten im Büro ist das, worauf die Menschen sehnsüchtig warten. Früher liefen die Kinder zu Beginn der Ferien jubelnd aus dem Schulgebäude – endlich Freizeit und keinen Unterricht für die nächsten Wochen. Heute sehnen sich die mit Homeschooling im digitalisierten Umfeld von Schule und Elternhaus versorgten Schüler zurück in einen normalen Schulalltag. Sie sind die mit am stärksten psychologisch und pädagogisch benachteiligte Menschengruppe unsere Gesellschaft. Früher waren Anmeldungen zu Veranstaltungen und Treffen eher eine Ausnahme. Wenn heute Anmeldung für alles verlangt wird, auch im Gottesdienst, dann suchen wir nach besseren Alternativen. Mehr denn je wird Gemeinschaft und Gemeinschaftserlebnis bewundert und gewünscht. Sei es in Schulen, Kirchen, Vereinen und so weiter.

Die digitale Welt ist kein Ersatz für viele unserer Bedürfnisse als soziale Wesen. Auch die Glaubenserfahrung in der Gemeinschaft meiner Schwestern und Brüder an einem geeigneten Ort, der zum geistlichen Umfeld passt, kann nicht durch mediale und digitale Glaubensübungen ersetzt werden. Körperliche Nähe und persönlicher Kontakt sind wesentlich für soziales und ganzheitliches Wachstum und Wohlbefinden als Mensch. Es ist vielleicht eine gute Zeit, um sich an die Segnungen zu erinnern, die wir erfahren, aber nicht wirklich zu schätzen gelernt haben. Es ist ein Aufruf, unser Leben neu zu entdecken und neu zu gestalten, indem wir neue Lebensstile und Strukturen etablieren, in dem Bewusstsein, dass das eine das andere nicht immer ersetzen kann. Entwicklung ist ein Teil unseres Lebens.

Eine gute Leitidee für unser Handeln nennt uns der Apostel Paulus: „Prüft alles, und behaltet das Gute“ (1 Tess 5,21) Unsere grundlegende Natur anzupassen, um Entwicklungen zu verinnerlichen, kann eine große Herausforderung für unser Wohlbefinden sein. Während wir das Wachstum und die Entwicklung der Technologie schätzen, sollten wir auch darüber nachdenken, was wir wirklich für unser soziales und persönliches Wohlbefinden brauchen. Jedes Ereignis und Geschehen ist ein Moment des Lernens und der Wiederentdeckung. Lassen wir uns dadurch anspornen, eine neue Gesellschaft und eine neue Welt zu schaffen.

Pater Biji Purakkeri, Kaplan, St. Josef, Neu-Isenburg