Schmuckband Kreuzgang

Wort zur Woche

Pay it forward?

Wort zur Woche (c) D. Thiel
Wort zur Woche
Datum:
Do. 1. Juli 2021
Von:
Dietmar Thiel

In jeder StadtPost Neu-Isenburg gibt es ein „Wort der Woche". Pfarrerinnen, Pfarrer und Vertreter der Kirchengemeinden aus Neu-Isenburg teilen ihre Gedanken zur Jahreszeit, zu Entwicklungen in unserer Gesellschaft oder zu Dingen, die sie aus christlicher Sicht bewerten, mit.

In der Ausgabe: Jahrgang 37, Ausgabe Nr.26, Donnerstag, 01. Juli 2021, veröffentlichte die StadtPost folgenden Artikel:

Pay it forward?

Kennen Sie die Idee des „Pay it forward“?  – „Wenn Ihnen jemand einen großen Gefallen tut, dann zahl das nicht zurück. Zahl es weiter!“

Hinter dem Film „Pay it forward“ (deutscher Titel: „Das Glücksprinzip“), der im Jahr 2000 in den USA gedreht wurde, steckt diese Idee: Wir machen drei beliebigen Menschen eine Freude und sagen ihnen, sie sollen das nicht uns zurückgeben, sondern ihrerseits drei anderen Menschen einfach so einen Gefallen tun. Glück könnte sich so in Windeseile über die ganze Welt verbreiten. Hinter dem Projekt „Random Acts of Kindness“, unerwartete Nettigkeiten, steckt die gleiche Überzeugung: Wenn Menschen einfach so etwas Nettes widerfährt, ein kleine Hilfestellung, eine Freundlichkeit, ein Lächeln, ein Kompliment, dann stärkt das ihre Bereitschaft, auch anderen Menschen zu helfen, ohne eine Gegenleistung dafür zu erwarten. So könnte die ganze Welt mit Freundlichkeit erfüllt werden, mit einer kleinen oder gerne auch großen Nettigkeit nach der anderen.

Retten wir so die Welt? Klimakrise, Pandemien, Hunger, Kriege? Mit einem Lächeln hier und einem netten Kommentar da? Vermutlich nicht. Machen wir die Welt damit besser? Auf jeden Fall! Die Erfahrung, Freundlichkeit und Hilfe zu erhalten, ohne sie gleich zurückzahlen zu müssen, verändert einen Menschen. Vielleicht nur für einen Moment, vielleicht ist der Effekt schnell wieder verschwunden. Aber er kann sich ja erneuern, mit jeder Freundlichkeit wieder. Diese Erfahrung schafft Hoffnung.

Paulus sagt uns im Brief an die Epheser (Eph 3, 1-14), in seinem Loblied auf Gott, dass wir alle diese Erfahrung längst gemacht haben. Dass sie die Grundlage unseres Lebens ist, die Grundlage unseres Glaubens, die Grundlage unserer Beziehung zu Gott: ein Geschenk im Voraus zu bekommen, einfach so. Zu Gotteskindern bestimmt zu sein, Gottesnähe als unser verbrieftes Erbe, ohne dass wir das verdient hätten. Theologisch nennt man das eben Gnade. Vielleicht können wir mit diesem großen und verstaubten Wort mehr anfangen, wenn wir es als riesiges „Random Act of Kindness“ verstehen. Und mit dieser Erfahrung im Rücken könnten wir Freundlichkeit weitergeben, in unzähligen kleinen und großen Akten. Stets heilig und untadelig zu leben (Eph 1,4), das ist vielleicht wirklich ein bisschen viel verlangt. Aber den großen Plan Gottes in kleinen Schritten verwirklichen, das kriegen wir hin, oder?

Martin Berker, Pfarrer in St. Josef Neu-Isenburg