Erfahrungsbericht von Heike Haugwitz, einer langjährigen Pflegekraft der Kinderintensivstation an der Universitätsmedizin Mainz.
Wenn ich nach meinem Beruf gefragt werde, bekomme ich häufig zu hören:"Das, was sie machen könnte ich niemals." Ich arbeite seit siebenunddreissig Jahren auf der Mainzer Kinderintensivstation, der ersten ihrer Art in Deutschland . Hier werden Kinder vom Neugeborenen bis zum jungen Erwachsen medizinisch versorgt und in ihrem Schicksal begleitet,manche nur wenige Stunden, manche wochenlang. Hier ist ein Ort an dem gebangt, gekämpft, gelitten und gestorben wird-aber nicht nur das! Es ist ebenso Raum für glückliche Momente, Freude, Lachen, kleine Siege, geborgenes Kuscheln und viel Hoffen.
Manchmal fragen wir uns, ob das Kind und seine Familie mit dem Schicksal leben können und dann stehen sie eines Tages zu Besuch auf unserer Station, kaum wieder zu erkennen.
Wie die junge Mutter mit zwei hübschen kleinen Mädchen. Sie selbst bleibt durch ein schweres Verbrennungsunglück als Kind schwer gezeichnet, aber sie kommt mit einem Strahlen im Gesicht und lässt uns teilhaben an ihrem kleinen Familienglück. Sie hat als Kind wochenlang um ihr Leben gekämpft und sie Jahrzehnte später so glücklich zu sehen, macht uns auch froh und stolz.
Gerade die Vorweihnachtszeit beschert uns viele dankbare Besuche und zeigt uns, welch bleibenden Eindruck die Zeit auf der Intensivstation für die Familien hinterlassen hat. Sie wollen uns teilhaben lassen an den kleinen Fortschritten ihrer Kinder oder kündigen ihr baldiges Wiederkommen an. Einige Kinder sind regelmäßig auf unserer Station, manche haben sich schon fast „häuslich“ eingerichtet, wären da nicht die vielen medizinischen Geräte, die so garnicht in ein Kinderzimmer passen!
Hinter jeder Zimmertür unserer Station wartet ein anderes Schicksal für die betroffene Familie und wir Pflegenden müssen uns darauf einstellen, neben der hoch professionellen medizinischen Versorgung unserer Patienten auch für ihre Eltern da zu sein. Neben Erklärungen, Dasein und Mittragen , sind Ermunterung, Zuversicht und gemeinsames Hoffen ganz wichtig. Es darf geweint und gelacht werden- manchmal liegt beides sehr nah beieinander. Zur Weihnachtszeit passt dieses kleine Patientenschicksal. Ein Baby wird geboren und vermeintlich gesund nach Hause entlassen. Doch das junge Familienglück währt nur wenige Stunden. Dann geht es dem Baby schlecht, es kommt auf unsere Kinderintensivstation und kämpft um sein Leben. Tagelang hoffen alle Beteiligten mit den Eltern zusammen auf die Rettung ihres Babys, dass es überlebt und keine schweren Schäden zurück behält. Der Ausgang ist schwer vorhersehbar, verschiedene Untersuchungen sollen Klarheit bringen.
Nun , nach Wochen des Bangens liegt es in den Arm der Mutter gekuschelt und wird zum ersten Mal gestillt. Trotz Mundschutz sieht man den zärtlichen Blick der Mama und ein stolzes Lächeln für ihre kleine Kämpferin!