Gleichwürdig!:WÜRDE. Praxistag Demenz am 29. September 2025 in der Ev. Akademie Frankfurt

„Welche Gedanken, Bilder und Assoziationen tauchen in Ihnen auf, wenn Sie das Wort ‚Würde‘ hören?“
Der Vortrag von Frau Antje Koehler zum Thema „Gleichwürdigkeit von Menschen mit und ohne Demenz“ regte dazu an, sich mit der Bedeutung des oft abstrakten Begriffs „Würde“ auseinanderzusetzen. Schon die Einstiegsfrage – was wir mit diesem Wort verbinden – machte deutlich, wie schwer es ist, den Begriff zu fassen. Oft denken wir eher an Situationen von Entwürdigung als an Momente, in denen wir uns selbst würdevoll behandelt fühlen.
Frau Koehler machte deutlich, dass Würde auch bei Demenz unverlierbar ist. Sie bezog sich insbesondere auf Heinz Rüegger, der betont, dass jeder Mensch Würde besitzt – unabhängig von Leistung, Gesundheit oder Selbstkontrolle. Rüegger macht darauf aufmerksam, dass der in der Erklärung der Menschenrechte von 1948 absolute Verständnis von Würde in der Gegenwart einem relationalen Verständnis weicht, bei dem Würde erst durch das Verhalten anderer entsteht.
Sie prägt dieses Verstehen auch die verbreitete Angst, dass Demenz „die Würde raube“. Entscheidend ist aber, dass wir diese Würde im Alltag durch Sprache, Begegnung und Teilhabe achten. Frau Koehler verweist darauf, dass diese Vorstellung auch mit dem biblischen Menschenbild übereinstimmt, das Krankheit, Begrenztheit, Verletzlichkeit als integrale Bestandteile menschlichen Lebens versteht. Auch ein Blick in die biblische Tradition zeigt: Krankheit, Begrenzung und Verletzlichkeit gehören zum menschlichen Dasein.
Anknüpfend an den dänischen Pädagogen Jesper Juul führte Frau Köhler den Begriff der Gleichwürdigkeit ein und plädierte dafür, dieses Konzept auch auf den Umgang mit Menschen mit Demenz zu übertragen.
Jesper Juul lädt reflektiert wie in Beziehungen mit Machtunterschieden, wie es in Eltern-Kind-Beziehungen der Fall ist, Aspekte wie Interesse, Respekt, Fürsorge und Partizipation als Ausdrucksformen von Würde zu begreifen. Gleichwürdig, nicht gleich und nicht gleichberechtigt. Die Eltern haben eine Verantwortung für die Beziehung und andere Rechte und Pflichten.
Gerade im Umgang mit Menschen mit Demenz sei eine gleichwürdige Haltung wesentlich – dass Würde kein abstraktes Ideal ist,, sondern sich im respektvollen und achtsamen Umgang zeigt, der die Person in ihrer Autonomie ernst nimmt, auch wenn das Risiken (für ihr Leben) birgt.
Im Anschluss berichtete Herr Volkmar Schwabe von seinem Leben mit Demenz. Sein Beitrag war ein konkretes Beispiel für gleichwürdige Begegnung.
Literaturhinweise
Heinz Rüegger: Der alte Mensch zwischen Würdeanspruch und latenter Entwürdigung (Jahrbuch Diakonie Schweiz, 2017)
Udo Baer & Gabriele Frick-Baer: Würde und Eigensinn, Weinheim und Basel, 2009