1962–1982 106. Bischof von Mainz
1973 Kardinal
Hermann Volk wurde am 27. Dezember 1903 als Sohn des Sattlermeisters Franz Volk und seiner Ehefrau Catharina Josepha, geb. Kaiser, in Steinheim/Main geboren. Dort besuchte er die Volksschule und in Hanau das Gymnasium. Nach dem vierjährigen philosophisch-theologischen Studium am Priesterseminar in Mainz wurde er am 2. April 1927 in Mainz zum Priester geweiht. Einen Monat später erhielt er seine erste Stelle als Kaplan in Alzey (Rheinhessen). Ab 1931 war er Kaplan in Mainz/St. Ignaz, bis er 1935 zu einem Studienurlaub in Freiburg/Schweiz und Münster freigestellt wurde. 1938 wurde er in Freiburg mit der Dissertation „Die Kreaturauffassung von Karl Barth“ zum Dr. phil. und nach kurzer Zwischentätigkeit als Substitut in Nidda 1939 in Münster mit der Dissertation „Emil Brunners Lehre von der ursprünglichen Gottesebenbildlichkeit des Menschen“ zum Dr. theol. promoviert.
Bevor er 1941 zum Pfarrkurat in Nidda (seit 1942 mit dem Titel Pfarrer) ernannt wurde, hatte er 1940 als Seelsorger in den Pfarreien St. Paul in Offenbach und St. Rufus in Gau-Odernheim ausgeholfen. In die Zeit als Pfarrer in Nidda fiel 1943 seine Habilitation in Dogmatik in Münster. Die Habilitationsschrift „Emil Brunners Lehre von dem Sünder“ war bei Michael Schmaus erarbeitet, dessen Lehrstuhl für Dogmatik Volk 1945 vertretungsweise und 1946 nach dem Weggang von Schmaus nach München als ordentlicher öffentlicher Professor übernahm.
In Münster wirkte Volk als hoch geschätzter Lehrer bis 1962. 1954–55 war er Rektor der Universität, 1956 wurde er zum Päpstlichen Hausprälaten ernannt, 1960 erfolgte seine Berufung als Konsultor ins römische Sekretariat zur Förderung der Einheit der Christen unter Kardinal Augustin Bea SJ. Für diese Aufgabe besaß Volk besondere Kompetenz, da er seit den Anfängen dem Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen angehörte, der sich auf Initiative des evangelischen Landesbischofs von Oldenburg Wilhelm Stählin und des Paderborner Erzbischofs Lorenz Jaeger 1945 in Paderborn gebildet hatte. 1946–75 war Volk Leiter der katholischen Seite und von 1975 bis zu seinem Tod einer der beiden Vorsitzenden dieses Arbeitskreises. In diesen Jahrzehnten wurde Volk zu einem großen Förderer der Ökumene.
Nach dem Tod von Bischof Albert Stohr wählte das Mainzer Domkapitel Volk am 3. März 1962 zu dessen Nachfolger. Die Wahlbestätigung („Ernennung“) durch Papst Johannes XXIII. erfolgte am 25. März 1962. Am 5. Juni 1962, dem Fest des hl. Bonifatius, des ersten Erzbischofs in Mainz (743/45–754), wurde Volk im Dom zu Mainz durch den Freiburger Erzbischof Hermann Schäufele konsekriert. Die Diözesanleitung hatte Volk nach Ablegung des Eides auf die Verfassung in Mainz (Rheinland-Pfalz) und Wiesbaden (Hessen) am 1. Juni 1962 übernommen.
Aus vielen Gesprächen und vor allem aus seiner 1987 gehaltenen Rückschau ist bekannt, dass für Volk die Teilnahme am Konzil einen besonderen Höhepunkt seines Lebens bildete. Mit seinem Peritus Otto Semmelroth SJ (Frankfurt-St. Georgen) nahm er 1962–65 regelmäßig von Oktober bis Dezember an den Sitzungen teil und machte mehrmals mit bedeutenden Diskussionsbeiträgen auf sich aufmerksam. 1962–82 war er Mitglied der Glaubenskommission der Fuldaer bzw. Deutschen Bischofskonferenz und 1969–78 deren Vorsitzender. Als Mitglied der Theologischen Kommission des Konzils hatte er teil an der Aufgabe, nach den Entscheidungen der Generalkongregationen die Dekretentwürfe zu Fragen des Glaubens und der Sitte zu redigieren. Er gehörte der 1962 von Johannes XXIII. eingesetzten Gemischten Kommission an, die für den von der Konzilsmehrheit zurückgewiesenen Entwurf eines Schemas über die „Quellen des Glaubens“ eine Kompromisslösung finden sollte, ebenfalls seit 1962 der Ökumenekommission. Er zählte zu den 42 Bischöfen, die Papst Paul VI. als Mitglieder der 1964 gebildeten Kommission zur Ausführung der 1963 verabschiedeten Liturgiekonstitution berief (bis 1970). 1968 wurde Volk für zehn Jahre Mitglied der Glaubenskongregation; bei seiner Ernennung zum Kardinal (1973) ausgeschieden, berief ihn Paul VI. 1973 erneut in die Kongregation. 1964–69 war er Vorsitzender der Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz. Am Anfang dieser Tätigkeit stand 1964 der dritte Liturgische Kongress in Mainz.
In seinen Hirtenbriefen wies Volk immer wieder auf die Bedeutung des Konzils hin und bereitete das Bistum auf die großen Veränderungen vor, welche die Beschlüsse des Konzils und der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland (1971–75), deren Sachkommission I (Glaubenssituation und Verkündigung) er angehörte, mit der neuen Mess- und Sakramentenliturgie, der Bildung des Priesterrates, des Pastoralrates und der Pfarrgemeinderäte und mit weiteren Umsetzungen konkrete Gestalt annehmen ließen. In die Amtszeit von Volk fielen die Einführung des Gebet- und Gesangbuches „Gotteslob“ (1975), die Einführung des Ständigen Diakonats und der Ausbau der Stellen für Pastoralassistenten, Gemeindereferenten und Katecheten.
Die 1000-Jahrfeier des Mainzer Domes 1975 war für Volk ein Jahr zahlloser Begegnungen mit den Gläubigen und mit einer Vielzahl prominenter Persönlichkeiten des In- und Auslandes und zugleich das Jahr seiner Ernennung zum Ehrenbürger von Mainz. Die Mithilfe von seit 1972 erstmals zwei Weihbischöfen ermöglichte Volk die Wahrnehmung weiterer überdiözesaner Aufgaben. Er war Sprecher der katholischen Gruppe im Kontaktkreis des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutschen Bischofskonferenz, Mitglied der Gemeinsamen Kommission des Lutherischen Weltbunds und der katholischen Kirche und 1968–76 Mitglied der Kommission für Wissenschaft und Kultur. Volk wurde schließlich Mitglied der Gemeinsamen ökumenischen Kommission der EKD und der deutschen Bischofskonferenz, die 1980 anlässlich des Besuches von Papst Johannes Paul II. in Mainz errichtet wurde.
Mit dem Papst, den Volk als Erzbischof Karel Wojtyla auf dem Konzil kennengelernt hatte und der 1977 bei der Entgegennahme der Ehrenpromotion im Rahmen der 500-Jahr-Feier der Universität Mainz durch den Fachbereich Katholische Theologie und erneut 1978 als Mitglied einer polnischen Bischofsdelegation sein Gast war, verband Volk eine enge Freundschaft. Die hohen Verdienste von Volk für das Konzil und die katholische Kirche in Deutschland sowie die große öffentliche Reputation, die er genoss, veranlassten Papst Paul VI., ihn am 5. März 1973 zum Kardinal zu kreieren (Titelkirche: SS. Fabiano e Venanzio a Villa Fiorelli). Als solcher nahm er an den beiden Konklaven von 1978 teil. Volk soll an der Wahl von Johannes Paul II. beträchtlichen Anteil gehabt haben.
Unter Volk, der als begabter Hobbyfotograf viele Ereignisse und Persönlichkeiten im Bild festhielt, öffnete sich die Kirche von Mainz wie selten zuvor der Weltkirche. Geistige Weite, gedankliche Klarheit und Tiefe sowie Menschenfreundlichkeit kennzeichneten ihn. Als Bischof von Mainz entpflichtete ihn Johannes Paul II. am 27. Dezember 1982. Volk starb am 1. Juli 1988 in Mainz. Er wurde in der Bischofsgruft des Mainzer Domes beigesetzt.
Friedhelm Jürgensmeier
Text aus: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder. Ein biographisches Lexikon. Teil: 1945 bis 2001, unter Mitw. von Franz Xaver Bischof, Clemens Brodkorb, Anton Landersdorfer, Josef Pilvousek und Rudolf Zinnhobler, Berlin: Duncker und Humblot 2002, S. 359–361. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
Weitere Literatur: