Peter Leopold Kaiser (1788–1848)

1835–1848 98. Bischof von Mainz

 

Peter Leopold Kaiser wurde am 3. November 1788 in dem zum Erzstift Mainz gehörenden Mühlheim/Main als Sohn des Landwirtes und Gastwirtes Peter Kaiser und seiner Ehefrau Dorothea Petermann geboren. 1801–02 erhielt er in Miltenberg den ersten Lateinunterricht, 1802–05 besuchte er das dortige Gymnasium der Franziskaner und 1805–09 das „Reformierte“ Gymnasium in Aschaffenburg. 1809–12 studierte er im Aschaffenburger Priesterseminar und wurde am 28. März 1812 zum Priester für das damalige Erzbistum Regensburg geweiht. Seine erste Stelle erhielt Kaiser als Kaplan und später als Pfarradministrator in Alzenau, 1814 in Miltenberg, dann in Biblis im Ried, um 1817 die damals noch zum rechtsrheinischen Rest-Erzbistum Trier gehörende, erst nach 1811 errichtete Diasporapfarrei Gießen zu übernehmen, deren 500 Angehörige über 50 Orte zerstreut lebten. 1818 wurde er zugleich Assessor des großherzoglich hessischen Kirchen- und Schulratkollegiums mit dem Referat für das katholische Schulwesen.

Der geistig in der katholischen Aufklärung beheimatete Kaiser hat Zeit seines Lebens an den Schulfragen ein großes Interesse behalten und den Klerus immer wieder dazu gedrängt, seine Pflichten auf diesem Gebiet wahrzunehmen. Es gelang ihm, trotz der außerordentlich kargen Verhältnisse, der jungen Gemeinde in der Universitätsstadt Gießen eine angesehene Stellung zu verschaffen. Daher präsentierte der Großherzog ihn 1823 für die alte kurmainzische Pfarrei Gernsheim/Rhein. 1826 ging er als Pfarrer nach Heppenheim an der Bergstraße. Hier hat er sich durch seine Praxisnähe und Grundsatzfestigkeit, die mit großer Konzilianz verbunden war, so bewährt, dass ihm 1830 die wichtige Pfarrei St. Ludwig in der Residenzstadt Darmstadt anvertraut wurde. Auch in Darmstadt hat sich Kaiser nicht nur als tüchtiger Pfarrseelsorger erwiesen, sondern darüber hinaus wiederum übergeordnete Aufgaben übernommen. 1830 wurde er Oberschulrat beim Kirchen- und Schulrat in Darmstadt, und seit 1834 fungiert er als Stellvertreter des Bischofs von Mainz in der Ersten Kammer der Stände.

Dass seine Laufbahn damit noch nicht ans Ende gekommen war, zeigte sich 1833, als er bereits Kandidat für die Neubesetzung des Mainzer Bischofsstuhles war. 1834 verlieh die Gießener Theologische Fakultät ihm den Dr. theol. h. c., und nach dem Tode von Bischof Humann (19. August 1834) war er der einzige Nichtkapitular auf der Kandidatenliste des Domkapitels. Am 16. Oktober 1834 erfolgte seine Wahl zum Bischof, doch zog sich die päpstliche Bestätigung bis zum 6. April 1835 hin. Der Grund lag wahrscheinlich bei Bedenken, die man bei der Kurie über kritische Äußerungen von Kaiser zur kirchlichen Fastenpraxis vorgebracht hatte, die er 1823 in einen Predigtwerk veröffentlicht hatte. Papst Gregor XVI. gab daher in einem eigenen Breve an Kaiser der Hoffnung Ausdruck, dieser werde sich treu an die kirchlichen Überlieferungen halten. Am 30. Juni 1835 ließ Kaiser sich durch den Limburger Bischof Bausch in Mainz konsekrieren.

Kaiser hat sich im Rahmen der vorgegebenen Grenzen um eine sorgfältige, ganz pastoral konzentrierte Leitung seines Bistums bemüht. Dabei legte er besonderen Wert auf die Verkündigung und den Religionsunterricht. Er hat den Kontakt zu seinen Gemeinden durch zahlreiche Visitationen gesucht und darüber hinaus 1837 durch Diözesanstatuten, die bis 1957 in Kraft blieben, Ordnung in die Kirchenverwaltung zu bringen versucht. Konflikten abhold, hat er doch die katholischen Positionen fraglos vertreten. Der seit 1830 in Gießen bestehenden Katholisch-Theologischen Fakultät, zu deren Mitgliedern er freundliche Beziehungen unterhielt, hätte er zwar die Priesterausbildung in einem Mainzer Seminar vorgezogen, doch war er nicht bereit, dies gegen die Großherzogliche Regierung zu versuchen. So hielt er sich auch 1841 nach der staatlichen Maßregelung des Kirchenhistorikers Kaspar Riffel zurück, der sich schroff über Luther geäußert hatte. Seine Distanz gegenüber dem volksfrommen Brauchtum und insbesondere gegenüber der Trierer Heilig-Rock-Wallfahrt von 1844 führte dann 1845 dazu, dass Vertreter des Deutschkatholizismus Kaiser einluden, sich an die Spitze ihrer Bewegung zu setzen. Als es dem Bischof nicht gelang, die Bittsteller in einer langen Aussprache umzustimmen, ging er scharf vor und predigte, durch den im gleichen Jahr ins Kapitel berufenen Vorkämpfer der katholischen Bewegung Lennig bestärkt, in Offenbach und Benshein gegen den Deutschkatholizismus.

Da die Großherzogliche Regierung in der Mischehenfrage den Kirchen freie Hand ließ, fehlte es in Mainz am zentralen Konfliktstoff. Kaiser hat sich jedoch auf anderen Gebieten um einen größeren Freiheitsraum der Kirche bemüht und sich insbesondere als Förderer der caritativ und erzieherisch tätigen Orden hervorgetan. An der 1848 aufbrechenden Vereinsbewegung hat der bereits kränkliche Kaiser keinen unmittelbaren Anteil gehabt, obschon er ihr wohlwollend gegenüberstand. An der Würzburger Bischofskonferenz von 1848 konnte er wegen einer Erkrankung nicht mehr persönlich teilnehmen. Kaiser starb am 30. Dezember 1848 in Mainz; er wurde in seiner Kathedrale beigesetzt.

Anton (Philipp) Brück

Text aus: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder. Ein biographisches Lexikon. Teil: 1785/1803 bis 1945, Berlin: Duncker und Humblot 1983, S. 355–357. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

Weitere Literatur:

  • Scharfenecker, Uwe, Die katholisch-theologische Fakultät Gießen (1830–1859). Ereignisse, Strukturen, Personen. Paderborn u.a. 1998.