Heinrich (II.) von Isny (OFM) (1222?–1288)

Heinrich, genannt Knoderer (Gürtelknopf, Kugulin) von Isny (OFM)

1275–1286 Bischof von Basel

1286–1288 54. Erzbischof von Mainz

 

Geboren vielleicht 1222 in Isny im württembergischen Allgäu als Sohn eines Bäckers; trat zu Paris in den Franziskanerorden ein; Studium in Paris; Dr. theol.; Lektor zunächst in Basel, 1273 in Mainz; Vertrauter König Rudolfs I. von Habsburg; gehörte 1274 zu jener Gesandtschaft, die in Lyon öffentlich die päpstliche Anerkennung der 1273 erfolgten Königswahl Rudolfs entgegennahm; im Dezember 1275 mit einer Delegation zweimal in Lyon, um über die Kaiserkrönung des Habsburgers zu verhandeln; bei dieser Gelegenheit verlieh ihm Papst Gregor X. am 9. Oktober 1275 gegen den vom Basler Kapitel zum Nachfolger des verstorbenen Heinrich von Neuenburg gewählten Peter Reich von Reichenstein das Bistum Basel; Konsekration durch Gregor X. in Lausanne, als dieser dort mit König Rudolf zusammentraf; von Gregor X. zum Kollektor des Zehnten in Deutschland ernannt.

Heinrich zog am 18. November 1275 in Basel ein. Er war der erste Basler Bischof aus dem Franziskanerorden. Durch seine Förderung entstand 1278 ein Franziskanerkloster in Colmar; 1279 wurde das Klarissenkloster St. Clara nach Kleinbasel verlegt. Diplomatische Missionen führten Heinrich 1276–77 an die päpstliche Kurie, zu den rheinischen Erzbischöfen sowie nach England, wo er über die Heirat zwischen König Rudolfs Sohn Hartmann († 1281) und König Eduards I. (1272–1307) Tochter Johanna verhandelte; 1277 verlieh er Kleinbasel eine Handfeste; 1278 kämpfte er mit einem Ritterkontingent in der für König Rudolf erfolgreichen Entscheidungsschlacht gegen König Ottokar II. von Böhmen auf dem Marchfeld und wurde zum Statthalter von Mähren bestellt. Seit Juli 1279 wieder im Bistum Basel, blieb er bei verschiedenen diplomatischen Missionen und als Berater für Rudolf von Habsburg tätig. Er unterstützte diesen im Herbst 1280 erneut bei kriegerischen Auseinandersetzungen in Böhmen. 1281 bestattete er in Basel Rudolfs Gattin Gertrud Anna sowie im gleichen Jahr dessen Sohn Hartmann.

Im Frühjahr 1286 begab er sich zu Papst Honorius IV., um im Auftrag Rudolfs für die Anerkennung des Dompropstes Peter Reich von Reichenstein als Erzbischof von Mainz zu wirken. Denn nach dem Tod des Mainzer Erzbischofs Werner von Eppstein war es zu einer zwiespältigen Wahl gekommen, in der sich ein Teil des Kapitels für Gerhard von Eppstein, der andere Teil dagegen für den von König Rudolf favorisierten Mainzer und Basler Dompropst Peter Reich von Reichenstein entschieden hatte und beide in Rom ihre Anerkennung betrieben. Papst Honorius IV. verlieh, wohl im Einvernehmen mit dem König, am 5. (15.) Mai 1286 Heinrich das Erzbistum Mainz, Peter Reich von Reichenstein dagegen das Bistum Basel.

Der hohe adlige Klerus in Mainz brachte dem letzten bürgerlichen Erzbischof, der als Emporkömmling abgetan und wegen seiner Franziskanergewandung verächtlich „Knoderer“, „das Kugulin“ oder „Gürtelknopf“ genannt wurde, wenig Sympathien entgegen. Bereits am 5. Juni 1286 drohte Papst Honorius IV. seinen „Belästigern“ kirchliche Strafen an. Viel Entgegenkommen fand der aus niederen sozialen Schichten aufgestiegene Heinrich bei den Bürgern der Stadt Mainz, denen er sogleich nach seiner Ankunft am 9. August 1286 ihre Privilegien und Rechte bestätigte. Sein Aufenthalt in der Bischofsstadt währte nur wenige Wochen. Seit September 1286 hielt er sich bei Stuttgart auf. Im Frühjahr 1287 war er königlicher Statthalter in Thüringen. Heinrich erreichte den Abschluss eines Landfriedens und einen friedlichen Vergleich mit der Stadt Erfurt, nahm im März 1287 mit über 30 Erzbischöfen und Bischöfen am Nationalkonzil in Würzburg teil und kehrte nach verschiedenen Aufenthalten im Bistum und im Reich wohl erst im Januar 1288 nach Mainz zurück. Bei der tumultartigen Zurückweisung der päpstlichen Besteuerungspläne durch den Reichsepiskopat auf dem Würzburger Nationalkonzil hatte sich Heinrich ebenso zurückgehalten wie bei dem Widerstand der Reichsfürsten gegen die Erbfolgepläne König Rudolfs.

Weniger Zurückhaltung dagegen zeigte er bei den massiven Judenverfolgungen jener Jahre. Durch königliche Erlasse ermächtigt, beteiligte er sich an der rigorosen finanziellen Ausbeutung der vertriebenen oder geflüchteten Mainzer Juden, nahm diese jedoch im Auftrag des Königs in Oberwesel und Boppard in Schutz, als dort der Vorwurf der Ermordung des Knaben Werner schwere Pogrome auslöste.

Gestorben am 17. oder 18. März 1288 in Hagenau, wohin er König Rudolf begleitet hatte; Grab: Mainzer Dom.

Friedhelm Jürgensmeier

 

Text aus: Gatz, Erwin (Hrsg), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches. Teil: 1198 bis 1448, unter Mitw. von Clemens Brodkorb, Berlin: Duncker und Humblot 2001, S. 403–404. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.