1601–1604 79. Kurfürst-Erzbischof von Mainz
Johann Adam von Bicken wurde am 27. Mai 1564 auf Burg Hainchen im Siegerland als Sohn des kurmainzischen Marschalls und Amtmanns von Steinheim, Philipp von Bicken, und der Anna Brendel von Homburg, einer Schwester des Mainzer Erzbischofs Daniel Brendel von Homburg, geboren. Zu den Paten des bald darauf in der Burgkapelle oder in der benachbarten Pfarrkirche zu Irmgardeichen getauften Kindes zählte der evangelische Graf Johann VI. von Nassau-Dillenburg. Eng waren die Beziehungen der niederadeligen Familie zu Mainz. Allein zwischen 1510 und 1567 wurden in der Marienkapelle des Mainzer Domes sechs Angehörige der Bicken beigesetzt, darunter als letzter der Domherr Johann. Ihm folgte in der Stellung als Domherr 1574 Bicken. Am 18. Januar providierte ihn Erzbischof Brendel von Homburg, am 10. Mai wurde er aufgeschworen, am 13. Mai 1574 zeigte er seine erste Jahresresidenz an, und zwar in der Kurie „Zum Zuckmantel‟. Domkapitular wurde er nach der Präsentation durch den Domscholaster 1585. 1595 wurde er zum Domscholaster gewählt und vom Erzbischof bestätigt. Er resignierte diese Prälatur 1601. 1575 wurde er Domizellar am Domstift von Würzburg. Im Oktober 1579 gewährte ihm das Mainzer Domkapitel Urlaub, um dort eine halbjährige Residenz zu absolvieren. 1578 verlieh ihm Erzbischof Brendel von Homburg eine Pfründe am Ritterstift St. Alban in Mainz. 1586 wurde Bicken Stiftsherr, später Kustos. Er behielt diese Pfründe bis 1601 bei.
Die Humaniora hatte Bicken 1575 am Jesuitengymnasium in Mainz begonnen. 1580 trug er sich zum Studium der Philosophie in Würzburg ein und setzte es wohl 1581 in Mainz fort. 1582 immatrikulierte er sich für ein Biennium in Pont-à-Mousson. Er kehrte 1584 nach Mainz zurück, ließ sich erneut beurlauben und studierte, nachdem er zum Subdiakon geweiht worden war, in Bourges. 1585 nötigten ihn Kriegsunruhen, nach Mainz zurückzukehren. 1586 ließ er sich vom Domkapitel für ein „Kappenjahr‟ beurlauben und immatrikulierte sich für das Studium der Rechte in Siena. 1587 verlängerte ihm das Domkapitel die Beurlaubung für weitere sechs Monate, damit er Rom besuchen könne. Spätestens im Frühjahr 1588 war er wieder in Mainz. Mit seinen Brüdern Jost Philipp und Hans Hartmann sorgte er sich um das bickensche Reichslehen Rheinhausen und wurde am 17. Dezember 1590 von Erzbischof Wolfgang von Dalberg zum Hofrat ernannt. Dieser betraute ihn mehrfach mit diplomatischen Missionen. Auch gehörte Bicken 1594 zu der erzbischöflichen Kommission, die die Mainzer Stifte und Pfarreien visitierte. Im Sommer 1597 weilte er zur Unterstützung der Rekatholisierung auf dem Eichsfeld.
Bicken befand sich in Aschaffenburg, als dort am 5. April 1601 Dalberg starb. Dem Domkapitel machte er vom Tod Mitteilung, und er gehörte zur domkapitelschen Delegation, die die Aschaffenburger Beamtenschaft für die Zeit der Vakanz auf das Domkapitel vereidigte; er war ferner maßgebend beteiligt an der am 28. April 1601 abgeschlossenen Wahlkapitulation, die erstmals im Sinne des Tridentinums die Gründung eines Priesterseminars und die Einrichtung eines Kirchenrates für die Aufsicht von Kultus und Klerus und die Bekämpfung des Protestantismus zum Inhalt hatte. Am 15. Mai 1601 wurde Bicken zum Erzbischof gewählt und inthronisiert. Er nahm am gleichen Tag die Mainzer Huldigung entgegen und begann 1601 die Erbhuldigungsreise, die ihn bis Oktober 1602 durch das gesamte Erzstift führte. Am 27. August 1601 erfolgte die römische Konfirmation, am 28. September 1601 die Gewährung des Palliums. Offensichtlich gab es ein langwieriges Ringen um die Verminderung der Servitienzahlung, denn die öffentliche Bekanntgabe der Konfirmation und die Aushändigung des Palliums an die Mainzer Delegation erfolgte erst am 3. bzw. 15. Februar 1602. Nach dem 30. Februar 1602 wurde das Pallium dem Erzbischof, der über das Subdiakonat hinaus keine Weihen empfing, überreicht. Die Belehnung mit den Regalien und Reichslehen erfolgte am 4. Februar 1603 in Prag. Da seit der Mitte des 16. Jahrhunderts der persönliche Lehensempfang nicht mehr erforderlich war, ließ sich Bicken durch eine Gesandtschaft vertreten.
Die Wahl Bickens bewies, dass sich im Domkapitel mittlerweile eine dezidiert katholische Position durchgesetzt hatte. Bicken erfüllte die entsprechenden Hoffnungen. In den zu Mainz gehörenden Grafschaften Rieneck und Königstein, im Eichsfeld und in Fritzlar untersagte er bereits während der Huldigungsreise den evangelischen Gottesdienst, und 1602/03 ersetzte er die noch tätigen evangelischen Pfarrer durch katholische. Erhebliche Wirkung zeitigte seine Verfügung, dass nur noch Katholiken zu Hofämtern zugelassen wurden. Er verkündete das 1602 in Mainz durchgeführte „Heilige Jahr‟ und trug damit zur Erneuerung des öffentlichen religiösen Lebens bei. Mit der Edition des neuen Missale 1602 setzte er die Ritenreform fort. Bicken gab der Erneuerung des kirchlichen und religiösen Lebens nachhaltige Impulse. Stark belastet war sein Pontifikat durch die Hexenprozesse, die 1603, vor allem im Oberstift, größte Ausmaße annahmen. Reichs- und territorialpolitisch vermochte Bicken keine besonderen Akzente zu setzen. Noch nicht vierzigjährig, starb der oft kränkliche Bicken am 10./11. Januar 1604 in Aschaffenburg an einem Halsgeschwür. Sein Leib wurde im Mainzer Dom, sein Herz, sein Hirn und die Eingeweide der Sitte der Zeit gemäß in Urnen in der erzbischöflich-kurfürstlichen Kirche St. Gangolph bestattet.
Friedhelm Jürgensmeier
Text aus: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches. Ein biographisches Lexikon. Teil: 1448 bis 1648, unter Mitw. von Clemens Brodkorb, Berlin: Duncker und Humblot 1996, S. 54–56. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.