1584–1595 Generalvikar des Kurfürst-Erzbischofs von Mainz
1604–1626 80. Kurfürst-Erzbischof von Mainz
Johann Schweikard von Kronberg wurde am 15. Juli 1553 zu Mainz als viertes Kind des Hartmut von Kronberg († 1591) und der Barbara von Sickingen, einer Enkelin des Franz von Sickingen, geboren. Die niederadelige, früh verzweigte und besonders im Rhein-Main-Gebiet begüterte Familie der Kronberg ist seit der Stauferzeit nachweisbar.
Die nach dem Beizeichen Kronenstamm genannte Linie, der Schweikard angehörte, erscheint erstmals 1257 in einem Siegel. Seit 1324 waren die Kronberg Mainzer Erbschenken. Früh kamen sie mit der Reformation in Berührung. Hartmut († 1549) war seit 1525 ihr unbeugsamer und einflussreicher Vertreter in Wort und Schrift. Sein Sohn Hartmut war der Vater Schweikards und später nach dem Tod seiner ersten Frau in zweiter Ehe mit Margareta († 1588), einer Schwester des Mainzer Erzbischofs Daniel Brendel von Homburg, verheiratet. Zunächst Amtmann in Bonames und Meisenheim, wurde er 1552 Kurmainzer Amtmann in Höchst und Hofheim.
Da jeder Hinweis auf einen späteren Konfessionswechsel fehlt, ist anzunehmen, dass die inzwischen zur alten Kirche zurückgekehrten Eltern Schweikard katholisch taufen ließen. Darauf deutet auch, dass er durch erzbischöfliche Provision im Domstift zu Mainz 1564 Domizellar und 1566 aufgeschworen wurde. Ins Domkapitel wurde er 1577 aufgenommen. 1582 erfolgte die Wahl zum Scholaster, 1595 zum Domdekan. 1567 wurde er in Mainz auch Kanoniker an Mariagreden und 1576 Propst von St. Peter. Im Marienstift wurde er 1595 zum Propst gewählt. Die Propstei an St. Peter resignierte er 1589. Dafür war er 1588 durch päpstliche Provision Propst des Mainzer Ritterstifts St. Alban geworden. Er resignierte diese Pfründe 1604. In Würzburg wurde er 1575 aufgeschworen. Er resignierte die Pfründe 1599. Über Schweikards Studienverlauf herrscht Unklarheit. Sicher ist, dass Brendel von Homburg ihn 1574 zu einem zweijährigen Studium im Germanikum nach Rom schickte. Vorher dürfte er das Mainzer Jesuitengymnasium besucht haben. Als weitere Studienorte werden Trier, Paris, Dôle, Orléans und Löwen genannt. 1581 wurde mit Schweikard erstmals ein Domkapitular Rektor der Mainzer Universität.
Vom 1. August 1584 bis zum 27. Februar 1595 war er Mainzer Generalvikar. Gemeinsam mit dem Wormser Bischof Georg von Schönenberg und Weihbischof Stephan Weber gehörte er 1594 zu der Kommission, die im Auftrag des Erzbischofs die Mainzer Stifte und Pfarreien visitierte. Das in ihrem Memorial festgehaltene Ergebnis zeigt, wie reformbedürftig der Klerus noch war. 1599–1604 war Schweikard durch erzbischöfliche Ernennung Kämmerer der Stadt Mainz. 1601 war er neben Julius Echter von Mespelbrunn und Johann Adam von Bicken aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge des Erzbischofs Wolfgang von Dalberg. 1603 war er als Mainzer Delegierter auf dem Reichstag zu Regensburg. Am 17. Februar 1604 wurde er zum Mainzer Erzbischof gewählt. Die Mehrheit der Domkapitulare entschied sich für ihn, weil er als Vertreter der kirchlichen Vermittlungspartei galt. Die römische Konfirmation erfolgte am 2. August 1604. Das Pallium wurde ihm am 18. August 1604 gewährt. Zu seiner römischen Delegation gehörten Philipp Christoph von Sötern und, wie schon 1583 und 1601, der Germaniker und engagierte Reformer Dr. Vitus Milet. Im November 1604 empfing Schweikard die Bischofsweihe in Mainz durch Weihbischof Stepan Weber. Mit den Regalien und kaiserlichen Lehen wurde er am 13. August 1613 auf dem Reichstag zu Regensburg belehnt.
Als Reichspolitiker sah Schweikard sich in seiner Eigenschaft als Kurfürst und Erzkanzler vor schwere Probleme gestellt. Durch die wachsende konfessionelle Polarisierung war der Reichsreligionsfriede von 1555 bedroht. Dem und der Lahmlegung von Reichskammergericht und Reichstag suchte er durch eine gemäßigte und kompromissbereite religionspolitische Haltung entgegenzuwirken. Den seit 1603 laufenden Bestrebungen zur Bildung eines katholischen Schutzbündnisses stand er aus Sorge um die Reichseinheit reserviert gegenüber. Erst nach dem Scheitern seiner Vermittlungspolitik, angesichts des Machtverlustes Kaiser Rudolfs II. und der Gründung der protestantischen Union unter kurpfälzischer Führung 1608 schloss er sich 1609 der katholischen Liga an, die er bis 1613 als überkonfessionelles kaisertreues Defensivbündnis verstand. Die von ihm um der Reichseinheit willen betriebene Beilegung des Bruderzwistes zwischen Rudolf II. und Matthias gelang schließlich. In Frankfurt ließ Schweikard sich für die Wahl von Matthias zum Kaiser am 13. Juni 1612 gewinnen und krönte ihn 1612 in der Bartholomäuskirche. Er berief auch die Kaiserwahl vom 28. August 1619 ein und hatte erheblichen Anteil an der Wahl Ferdinands II., den er am 9. September 1619 ebenfalls krönte.
Die politischen Ereignisse von 1618/19 bewirkten in Schweikard ein reichspolitisches Umdenken. Er gab seine frühere Zurückhaltung auf, trat für die Schaffung einer funktionsfähigen und gut gerüsteten Liga ein und wurde, jedoch ohne militärische Beauftragung, einer ihrer beiden Direktoren. Die Frühphase des Dreißigjährigen Krieges brachte dem Erzstift wichtigen territorialen Gewinn. Nach der Eroberung der Kurpfalz durch Tilly kündigte Schweikard 1621 die 1461 gegebenen Pfandschaften und brachte dadurch den wichtigen alten Besitz an der Bergstraße an Mainz. Er begann sogleich mit dessen Rekatholisierung. Das entsprach seiner bis dahin als Landesherr betriebenen reformerischen und gegenreformatorischen Linie.
Als erster Germaniker auf dem Mainzer Erzstuhl setzte er, wenn auch weniger schroff, von Anfang an das Reformprogramm seines Vorgängers Bicken fort. 1605 erschien das Mainzer „Catholisch Cantual‟ als Teil des „Catholisch Manual‟ mit Bibeltexten, Katechismus, Messtraktaten und katholischen Gottesdienstliedern als Antwort auf evangelische geistliche Gesänge. 1605 übertrug er den aus Kreuznach gekommenen Augustiner-Kanonissen das Mainzer Agneskloster. 1612 bewog er die Franziskaner-Observanten zur Rückkehr nach Mainz und förderte die Gründung des Jesuitenkollegs in Aschaffenburg. Die aus deren Bemühen um Wiederbelebung der Aschaffenburger Wallfahrt nach Walldürn erwachsene und 1624 in der Mainzer St. Quintinskirche eingeführte Erzbruderschaft vom Allerheiligsten Sakrament fand seine Unterstützung. 1618 gelang es ihm nach zehnjährigem Bemühen, die Kapuziner nach Mainz zu holen. Den Bau ihres ersten Mainzer Klosters förderte er ebenso wie 1620 die Schenkung des Klosters Nothgottes im Rheingau an diesen prosperierenden Reformorden. Vom Geist der katholischen Reform war auch die 1615 erlassene Kirchenordnung mit der beigefügten Polizeiordnung zur Reglementierung von Sitten und Gebräuchen im Erzstift geprägt. Zusammen mit den „Additionsartikeln‟ von 1617 bildeten sie, entsprechend dem Zeitverständnis, die rechtliche Basis für die Gestaltung des Erzstifts zum Konfessionsstaat.
Es gehört zu den dunklen Seiten des Pontifikats von Schweikard, dass um 1615 die Hexenprozesse nochmals große Ausmaße annahmen. Das 1613–19 errichtete erzbischöfliche Schloss in Aschaffenburg und die 1615 in Mainz im Beisein des Erzbischofs grundgelegte Domus Universitatis, beides Prachtgebäude der Renaissance, können diese Belastung nicht überdecken. Schweikard starb am 17. September 1626 in Aschaffenburg. Er wurde im Dom zu Mainz beigesetzt.
Friedhelm Jürgensmeier
Text aus: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches. Ein biographisches Lexikon. Teil: 1448 bis 1648, unter Mitw. von Clemens Brodkorb, Berlin: Duncker und Humblot 1996, S. 654–656. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.