Anselm Casimir Wambolt von Umstadt (um 1580/82–1647)

1630–1647 82. Kurfürst-Erzbischof von Mainz

 

Anselm Casimir Wambolt von Umstadt wurde zwischen 1580 und dem 30. November 1582 als Sohn des Eberhard Wambolt von Umstadt († 1601) und der Anna Amalie von Hattstein, einer Nichte des Speyerer Bischofs Marquard von Hattstein, geboren. Das mittelrheinische Ministerialengeschlecht der Wambolt von Umstadt, in der fränkischen Reichsritterschaft immatrikuliert, wird 1243 erstmals urkundlich erwähnt. Der Vater Wambolts war 1573–87 Beisitzer am Reichskammergericht in Speyer und seit 1588 Reichshofrat. Er war 1581 vom Calvinismus zur katholischen Kirche übergetreten, in erster Ehe seit 1577 mit Anna von Reiffenberg († um 1583) und seit 1586 in zweiter Ehe mit Anna Amalie von Hattstein verheiratet. In Prag, Speyer oder auch Weinheim an der Bergstraße, wo die Wambolt von Umstadt einen Sitz hatten, wurde Wambolt geboren.

Die Gymnasialausbildung erhielt Wambolt bei den Jesuiten in Speyer oder auch in Prag. Durch erzbischöfliche Provision wurde er 1596 ins Mainzer Domstift aufgenommen und aufgeschworen. Im gleichen Jahr begann er seine erste Residenz in Mainz. Wegen einer in Mainz ausgebrochenen Seuche, an der Wambolt selbst erkrankte, setzte er das obligatorische Jahr ab 1597 in Höchst fort. 1605 wurde er ins Domkapitel aufgenommen und 1629 zum Domscholaster gewählt. Als solcher war er Revisor des Mainzer Hl.-Geist-Spitals. 1610 fand er durch erzbischöfliche Provision Aufnahme in das Mainzer Ritterstift St. Alban. Die 1619 auf ihn gefallene Wahl zum Scholaster, ein Amt, das seit 1588 vakant war, nahm er erst nach einer Probezeit 1620 endgültig an (bis 1628), weil damit wegen des seit 1591 vakanten Dekanats die Stiftsleitung verbunden war. 1624 providierte ihn der Mainzer Erzbischof Johann Schweikard von Kronberg mit einer Stiftspfründe an St. Viktor. Wambolt leistete bis 1625 Residenz, und zwar in St. Johann in Mainz, weil St. Viktor seit 1552 zerstört war. Auf Grund kaiserlicher Bitte besaß er seit Ende 1614 oder Anfang 1615 eine Dompfründe in Halberstadt. Das protestantische Domkapitel verweigerte ihm jahrelang Sitz und Stimme und damit den Genuss der Pfründe. Gleiches galt für die Dompropstei, die er 1623 durch päpstliche Provision erhielt. Erst nach den kaiserlichen Waffenerfolgen erfolgte am 16. April 1627 die Installation.

1596–97 studierte Wambolt als Alumne des Collegium Germanicum in Rom, 1597–99 nach seiner „prima residentia‟ in Mainz in Würzburg. Auf Grund einer Empfehlung des Wormser Bischofs Philipp von Rodenstein beurlaubte ihn das Mainzer Domkapitel 1599 für ein dreijähriges Philosophie- und Theologiestudium in Rom. Dort empfing er 1600 die niederen Weihen. Den Eid als Germaniker legte er im gleichen Jahr ab. Um 1602 verteidigte er die Thesen in Philosophie, deren Druck dedizierte er Erzbischof Johann Adam von Bicken. 1604 beendete er das Theologiestudium in Rom, empfing am 12. Juni die Subdiakonatsweihe und kehrte nach Mainz zurück, wo er am 22. Mai 1605 zum Diakon geweiht wurde. 1606–07 studierte er in Bologna Rechtswissenschaft. Dort wurde er 1606 zum zweiten und kurz danach zum ersten Konziliar der deutschen Nation gewählt (bis 1607). 1607 trug er sich in die Nationsmatrikel der deutschen Juristen in Padua ein. 1608 war er wieder in Mainz. Im Juni 1608 berief ihn Erzbischof Schweikard von Kronberg in den Hofrat, beauftragte ihn im August mit der Teilnahme am Kurfürstentag in Fulda und im Januar 1609 mit dem Amt des Hofrats-Präsidenten (bis 1618). Differenzen mit Dompropst Georg Friedrich Greiffenclau von Vollrads führten damals zu seiner Ablösung.

Sein Verhältnis zu Schweikard von Kronberg, der ihn im Dienste der Liga oder als Erzkanzler mehrfach mit diplomatischen Missionen beauftragt hatte, so 1609 nach Salzburg, 1611 zum Kurfürstentag nach Nürnberg, während des kaiserlichen Interregnums 1612 nach Prag und 1613 nach Fulda, und in dessen Auftrag er 1610 zur Rekatholisierung im Eichsfeld war, kühlte sich von jetzt an merklich ab. Darüber gewann er offensichtlich das Vertrauen des Domkapitels, das ihn 1619 zum Amtmann des domstiftischen Mombach wählte. Die Neuübertragung erfolgte 1628. Er behielt das Amt bis 1629. Zwischen 1620 und 1624 und erneut 1627 war er gemäß den Bestimmungen der Wahlkapitulationen seit 1604 mehrfach in Abwesenheit des geistlichen Landesfürsten Statthalter, 1621 überdies noch erzbischöflicher oder auch domstiftischer weltlicher Kommissar für den Kriegsfall. 1620 bis 1622 war er Rektor der Mainzer Universität. Sein gespanntes Verhältnis zu Greiffenclau war Ursache dafür, dass er ab 1626, abgesehen von einer Beauftragung, nicht mehr in Hofdiensten stand. Gegen mehrere namhafte Kandidaten setzte er sich in der Wahl vom 6. August 1629 als Nachfolger des am 6. Juli verstorbenen Erzbischofs durch. Zu den Befürwortern seiner Wahl gehörte Erzbischof Philipp Christoph von Sötern. Wambolts Wahl galt als Misserfolg der habsburgisch-kaiserlichen Bemühungen. Aus diesem Grund erfolgte die kaiserliche Belehnung mit den Regalien erst am 29. Oktober 1630 auf dem Reichstag zu Regensburg. Die römische Kurie bestätigte die Wahl dagegen bereits am 28. Januar 1630 und verlieh am 18. Februar 1630 dem neuen Erzbischof das Pallium.

Auf dem Regensburger Reichstag 1630 schlug das bis dahin freundschaftliche Verhältnis zwischen Wambolt und dem profranzösisch orientierten Sötern in bittere Feindschaft um. Wambolt, der in seinen politischen und kirchlichen Entscheidungen stark unter dem Einfluss des Dompropstes und Hofratspräsidenten Johann Reinhard von Metternich und seines Beichtvaters stand, rückte reichspolitisch auf prokaiserlichen Kurs. Das verstärkte sich noch angesichts der Ereignisse von 1631. Nach dem Sieg über Tilly bei Breitenfeld rückte König Gustav Adolf ins stiftische Main- und Rheingebiet, nahm Erfurt, Aschaffenburg und an Weihnachten 1631 auch Mainz und beabsichtigte, die Stadt zu seiner Residenz und zum Zentrum eines evangelischen Deutschland zu machen. Mit einem Großteil des Adels und des hohen Klerus war Wambolt vor den anrückenden Schweden nach Köln geflohen. Erst nach der Zurückeroberung der Stadt und dem Abzug der 3000 Mann starken schwedischen Besatzung im Dezember 1635 konnte er am 22. Juni 1636 nach Mainz zurückkehren. 1636 empfing er die Priester- und Bischofsweihe und krönte in Regensburg den am 22. Dezember 1636 zum König gewählten Ferdinand III. sowie dessen Gemahlin.

Innerhalb des Erzstifts setzte er, soweit es die Kriegswirren zuließen, die strengere konfessionspolitische Linie durch. Die protestantischen Neubürger, die in der Schwedenzeit nach Mainz gekommenen waren, mussten zur katholischen Kirche übertreten. Reichsreligionspolitisch verfiel Wambolt in eine starre Kompromisslosigkeit. Er wurde einer der eifrigsten Verfechter der kaiserlich-habsburgischen Position beim Ringen um die Beendigung des Krieges und trug durch sein Festhalten am habsburgisch-spanischen Standpunkt dazu bei, ein baldiges Zustandekommen des Westfälischen Friedens zu verzögern. Bevor die französischen Truppen 1644 Mainz einnahmen, verließ Wambolt seine Hauptstadt erneut und floh nach Frankfurt. Obwohl er 1647 mit dem französischen Oberbefehlshaber Marschall Turenne in Frankfurt einen Neutralitätsvertrag schloss, sah er seine Residenzstadt nicht mehr wieder.

Am 9. Oktober 1647 starb er in Frankfurt. Wolfgang Fuchs hielt ihm im Mainzer Dom die Leichenpredigt. Der hochbegabte, wegen seines rednerischen Talents „Cicero germanicus‟ genannte, als trinkfest geschätzte und offensichtlich recht geschäftstüchtige Wambolt konnte während seines Pontifikats religions- und reichspolitisch nur wenig bewirken. Eine gründliche Bearbeitung seiner Regierungszeit steht noch aus.

Friedhelm Jürgensmeier

 

Text aus: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches. Ein biographisches Lexikon. Teil: 1448 bis 1648, unter Mitw. von Clemens Brodkorb, Berlin: Duncker und Humblot 1996, S. 733–735. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.