„Die Freude der Liebe“

Predigt von Bischof Peter Kohlgraf beim Tag der Ehejubiläen Hoher Dom zu Mainz, 22. September 2019, 14.00 Uhr

Tag der Ehejubiläen 2019 (c) Bistum Mainz
Datum:
So. 22. Sep. 2019
Von:
Bischof Peter Kohlgraf

Liebe Eheleute, liebe Schwestern und Brüder!

„Die Freude der Liebe“ oder „Die Freude an der Liebe“ hat Papst Franziskus ein Schreiben über Ehe und Familie genannt. Tatsächlich ist Ihre Freude, liebe Eheleute, auch die Freude der Kirche, und wir dürfen heute Ihren Dank gemeinsam feiern. Sie sind Ihren Weg gemeinsam gegangen und dürfen in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum feiern. Dazu gratuliere ich Ihnen auch persönlich sehr herzlich. Es fällt uns besonders auf, dass Begriffe, die wir heute mit Ihnen als Paare verbinden, auch Eigenschaften sind, die die Heilige Schrift mit Gott selbst verbindet. „Das liebende Paar, (…), ist das wahre, lebende ‚Bildnis‘, (…), das imstande ist, den Gott, der Schöpfer und Erlöser ist, darzustellen.“ (Amoris laetitia [AL] 11).

 

 

Drei Worte möchte ich heute mit Ihnen bedenken: „Liebe“ ist das erste, das mir in den Sinn kommt.

Ein Wort, das die Bibel von Anfang bis Ende durchzieht. Sie ist „voller Geschichten der Liebe“, so Papst Franziskus (AL 8). Immer wieder wird Gott als die Quelle der Liebe bezeichnet. Die christliche Tradition kennt starke Vergleiche: Die Liebe Christi zur Kirche und den Menschen ist vergleichbar mit der Liebe zwischen dem Bräutigam und der Braut. In menschlichen Beziehungen wird diese Liebe konkret und im Alltag erfahrbar. Sie, liebe Eheleute, wissen, dass Liebe im Laufe des Lebens tiefer geht als das Verliebt-Sein des Anfangs. Mit Hilfe eines Textes aus dem 1. Korintherbrief des Apostels Paulus (13,4-7) geht der Papst die Themen durch, die alltägliche Eigenschaften der Liebe sind. Menschen in der Partnerschaft brauchen, so Paulus, „Langmut“. Gott ist langmütig, indem er sich nicht zum Zorn reizen lässt, er möchte den Menschen nicht angreifen, ihm nicht schaden. Geduld mit dem anderen ist wohl ein lebenslanger Auftrag. „Güte“, die dem anderen dienen will, wird den anderen fördern und unterstützen. Paulus würdigt ein lebenslanges Bemühen in der Liebe, das Recht des anderen auf Glück anzuerkennen. Der Partner, die Partnerin erfreut sich am Glück des jeweils anderen. Paulus mahnt, dass in einer liebenden Partnerschaft nicht die Logik des Herrschens bestimmend sein dürfe. Liebe zeigt sich in der „liebenswürdigen Freundlichkeit“ als Grundhaltung. Zur Liebe gehören auch die Versöhnungsbereitschaft und die Fähigkeit zur Vergebung. Sie, liebe Eheleute, wissen besser als ich, dass diese schönen Worte mit Leben gefüllt werden müssen, dass ein Gelingen dieses Ideals oft mit einem inneren Ringen und auch mit Konflikten einhergeht. Und es ist gut, dass der Papst darauf hinweist, dass es nicht gut ist, „begrenzten Menschen die gewaltige Last aufzuladen, in vollkommener Weise die Vereinigung nachzubilden, die zwischen Christus und seiner Kirche besteht“ (AL 122). Nehmen Sie die biblischen Vergleiche nicht als moralischen Anspruch, sondern als Ermutigung, gerade wenn nicht alles perfekt ist. Gott ist die Quelle der Liebe, und er will die Liebe immer neu beleben. Er weiß auch um menschliche Grenzen. Eben deshalb braucht es den Segen, den wir Ihnen heute schenken dürfen. Er möge Sie stärken auf dem Weg der Liebe und des immer tieferen Hineinwachsens in die Liebe, die in allen Facetten auch ein Raum der Erfahrung Gottes bleiben und immer stärker werden soll (vgl. AL 90-110).

 

So komme ich zu einem zweiten Wort: Weggemeinschaft.

Beim Eheversprechen haben Sie sich Treue gelobt „in guten und schlechten Zeiten, in Gesundheit und Krankheit“. Eine Partnerschaft ist immer auch Entwicklung und Prozess. Die Bibel ist nicht nur voll an Liebesgeschichten, sondern sie kennt sehr genau die Erfahrungen des Weges. Es gibt die Erfahrung des Weges durch die Wüste, wo man manchmal nicht mehr weiter gehen mag, oder wo man mutlos und kraftlos wird. Vielleicht haben manche von Ihnen auch Schicksalsschläge einstecken müssen und Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Es gibt aber auch die Erfahrung, auf dem Gipfel eines Berges höchste Erfüllung zu spüren. Es braucht wohl beides. Sie dürfen heute diese Weggemeinschaft feiern, danke sagen, dass Sie die gemeinsamen Wege gehen durften und den Segen für die kommenden Wegstrecken erbitten. Den Weggeschichten ist eines gemeinsam: Gott geht die Wege immer mit. Manchmal rufen Menschen nach ihm, weil sie ihn nicht erkennen können, aber er ist dabei. Und manchmal machen Menschen die Erfahrung, dass er sie wie auf Flügeln getragen hat. Wir wünschen Ihnen heute von ganzem Herzen, dass Sie sich in guten und schweren Zeiten von Gott geleitet und getragen wissen. Er wird immer mitgehen.

Und schließlich die Treue, die wir feiern.

Sie danken einander für Ihren gemeinsamen Weg an der Seite Ihres Partners oder Ihrer Partnerin. Treue brauchen wir Menschen, um in den Wechselfällen eine feste Basis zu haben. Die Treue des anderen Menschen erfahren wir als Zuverlässigkeit, dass er oder sie zu dem Wort steht, dass sie nicht auf Probe leben und lieben, wie es Papst Johannes Paul II. einmal gesagt hat. Treue hängt eng mit dem Glauben zusammen. So wie ich Gott glaube, weil ich ihm vertraue und auf seine Treue baue, so braucht es auch den Glauben der Partner aneinander, das Vertrauen, dass sein oder ihr Wort gilt. Treu kann ein Mensch deshalb sein, weil der andere Mensch seinem Leben Sinn und Orientierung gibt. Als Sie Ihr Ja-Wort gegeben haben, haben Sie auf die Treue Gottes gebaut, und Sie haben Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin geglaubt, dass er oder sie für das Leben ein unverzichtbares Fundament bilden soll, und das gegenseitig. Treue heißt, sich auf den anderen Menschen verlassen zu können. Wenn Sie gesegnet werden, spricht Gott Ihnen seine Treue zu, und er traut Ihnen zu, in Treue zu dem gegebenen Versprechen zu stehen.

Wir freuen uns heute mit Ihnen allen. Wir gratulieren Ihren Kindern, den Familien, Freundinnen und Freunden und allen Weggefährten. Bereits beim Eheversprechen vor Jahren ist es Thema gewesen, dass eine liebende Beziehung offen dafür ist, Leben in vielerlei Hinsicht weiterzugeben. So wünsche ich Ihnen auch weiterhin, dass Sie ein offenes Haus bilden, gastfreundlich, lebendig und liebenswürdig. Dazu gebe Gott seinen Segen!