#OutInChurch | Statement

"Ich kann mich vor meinem Gewissen nicht damit abfinden, dass Menschen durch die Kirche Kränkung erfahren"

Portrait Bischof Peter Kohlgraf (c) Bistum Mainz
Datum:
Di. 25. Jan. 2022
Von:
Bischof Peter Kohlgraf

Unter dem Titel #OutInChurch fand gestern eine Aktion statt, in der sich 125 Menschen der Kirche als "queer" outeten. Es ist völlig klar, dass es bei den Haupt- und Ehrenamtlichen erheblich mehr Menschen gibt, die dies betrifft.

Vor einiger Zeit hatten wir eine erste Tagung im Bistum Mainz zu diesem Thema, die mit und von Personen aus den unterschiedlichen Gruppen betroffener Menschen vorbereitet und durchgeführt war, sie fand hohe Aufmerksamkeit, weitere Treffen werden folgen. Bereits in den Gesprächen vorher habe ich viel gelernt: miteinander reden - nicht übereinander, verstehen, unterstützen und begleiten - nicht verurteilen. 

Trotz vieler kränkender Erfahrungen suchen Menschen, die so empfinden und leben, in der Kirche Heimat und sie engagieren sich. Das sehe ich mit großer Dankbarkeit. Mit einem Lippenbekenntnis der Wertschätzung ist es nicht getan. In den Begegnungen und auch in der gestrigen Aktion wurde deutlich: zu oft ist Angst im Spiel, die Menschen erfahren Verachtung und Verurteilung. Durchaus durch die Kirchenleitungen, aber genauso durch Menschen "an der Basis". Ich kann mich vor meinem Gewissen nicht damit abfinden, dass Menschen durch die Kirche Kränkung erfahren. Es beginnt beim Denken und Reden, das wir verändern müssen.

Und es führt für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch an die Frage des Arbeitsrechts, das etwa im Hinblick auf die Bewertung der verschiedenen Lebensformen sicher weiterentwickelt werden muss. Auch das war Thema unserer Tagung. Es stellt mich nicht zufrieden, dass Menschen sich vor mir verstecken, und ich will sie gegebenenfalls gar nicht sehen, um nicht reagieren zu müssen. Alles, was nach Doppelmoral und Heimlichtuerei riecht, darf in der Kirche keinen Platz haben. Was macht die Kirche denn unglaubwürdig? Sicher nicht die gelebte Wertschätzung der Menschen als Kinder Gottes, so wie sie geschaffen sind. Wir bleiben dran.

Facebook-Beitrag am 25. Januar 2022