Blick nach vorn

Neue Chancen in unserem Nachbarbistum Limburg

Datum:
Sonntag, 6. April 2014

Neue Chancen in unserem Nachbarbistum Limburg

Kolumne von Kardinal Lehmann in der Kirchenzeitung "Glaube und Leben" (6. April 2014)

Die Angelegenheit um den Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, hat seit 2012, besonders aber seit dem Frühsommer 2013 nicht nur das Bistum mit den Verantwortlichen, sondern auch das katholische Deutschland in Atem gehalten. Jetzt darf es ein echtes Aufatmen geben, nachdem Papst Franziskus die Entscheidung getroffen hat, dass Bischof Franz-Peter nicht mehr nach Limburg zurückkommt.

Der Dank gebührt zunächst einmal der weisen Entscheidung von Papst Franziskus. Er hat im Oktober 2013 nicht vorschnell gehandelt, sondern er wollte in Ruhe den Bericht einer Untersuchungskommission der Deutschen Bischofskonferenz abwarten und auch dem Bischof von Limburg eine „Auszeit" bzw. Denkpause einräumen. Der Papst wurde mit Recht für seine Klugheit und seinen Gerechtigkeitssinn gelobt. Er hat in der Tat beides abgewartet, dann aber auch bald klar entschieden.

Auch die jetzige Entscheidung hat jede Härte vermieden. Wenn man die Pressemitteilung des Vatikans vom 26.03.2014 sorgfältig liest, sieht man, dass Bischof Tebartz-van Elst Papst Franziskus am 20. Oktober 2013 den Rücktritt von sich aus angeboten hatte. Der Papst hat aber nicht sofort entschieden, sondern - wie erwähnt - dem Bischof die Pause gewährt und den Bericht abgewartet. Er hat somit nun endgültig über das Rücktrittsangebot selbst entschieden. Es war keine Absetzung oder etwas Ähnliches nötig.

Dank und Anerkennung verdient aber auch die von der Deutschen Bischofskonferenz eingesetzte Kommission unter Weihbischof Manfred Grothe aus Paderborn. Dass der Bericht am Tag der Bekanntgabe des Amtsverzichts vollständig für jedermann zugänglich wurde, ist wirklich etwas Neues. Die Deutsche Bischofskonferenz unter dem bisherigen Vorsitzenden Erzbischof Dr. Robert Zollitsch hat auf dieser Veröffentlichung bestanden und sie auch durchgesetzt. Sie wurde dabei von Kardinal Lajolo unterstützt, der in der ersten Septemberhälfte 2013 im Auftrag des Papstes eine ganze Woche lang um Ausgleich und Aussöhnung bemüht war. Es scheint mir auch eine wohltuende Lösung zu sein, dass Weihbischof Manfred Grothe, der in diesen Tagen 75 Jahre alt wird, bis zur Ernennung eines neuen Bischofs das Amt eines Apostolischen Administrators in Limburg ausübt. Er kennt viele Schwachstellen und kann mit den bisher Verantwortlichen in Limburg einen neuen Anfang vorbereiten.

In der vatikanischen Erklärung wird auch zum Ausdruck gebracht, dass der Papst den Amtsverzicht nicht nur aufgrund der Ergebnisse des Prüfberichtes angenommen habe, sondern auch weil Bischof Franz-Peter kein Vertrauen mehr finde unter den Gläubigen des Bistums Limburg und keine fruchtbare Ausübung seines Amtes mehr möglich ist. Ich brauche hier nicht zu wiederholen, was im Prüfbericht steht. Jeder kann sich ein sorgfältiges Bild machen. Ganz gewiss gab es von Seiten mancher Medien eine Hetzkampagne gegen den Bischof. Aber der Prüfbericht zeigt, dass es eben doch erhebliche Fehler und unverantwortliche Missgriffe gab. Leider hat Bischof Tebartz-van Elst weder in den vergangenen Monaten, z. B. unter den Bischöfen, noch in diesen Tagen konkret die Fehler benannt, die er bereut. Deswegen darf man sich über ein vernichtendes Medienecho nicht wundern. Es gibt nichts zu beschönigen.

Dabei gibt es nicht nur angesichts der Not vieler Menschen und der Sendung der Kirche zu den Armen in der Beschaffung und Verwendung von Finanzen ein eindeutiges Fehlverhalten, sondern auch im Umgang mit den geltenden kirchlichen Vorschriften und vor allem eine verhängnisvolle Tendenz zu Geheimhaltung und damit auch Verschleierung von Ausgaben. Dies hat auch die dafür missbrauchten Menschen in einer unerträglichen Weise belastet. Dass der Bischof jetzt auch noch in seiner Stellungnahme vom 26.03.2014 gegen den Prüfbericht vor allem seinen ehemaligen Generalvikar belastet, ist besonders abstoßend.

Doch nachdem dies alles offenbar ist und Papst Franziskus die Konsequenzen daraus zog, wollen wir wirklich nach vorne schauen. Wir wollen gemeinsam verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Wir wollen bis in die Fragen einer leichteren Durchschaubarkeit des kirchlichen Finanzgebarens viele Konsequenzen zu mehr Transparenz ziehen, obgleich vieles längst zugänglich ist. Es bleibt noch viel zu tun.

Auch die ganze Kirche in unserem Land, manchmal sogar einschließlich der evangelischen Kirchen, sind durch die Enttäuschung vieler in Misskredit gekommen und beschädigt worden. Die Zahl der Kirchenaustritte ist in hohem Maß gestiegen. Vieles ist uns freilich auch in einer üblen Weise zur Last gelegt worden. Es ist auch nicht zu übersehen, dass in manchen Bereichen unserer Gesellschaft eine Feindseligkeit gegen die Kirchen vorherrscht, oft gepaart mit einer erstaunlichen Unkenntnis. Aber wir wollen nicht klagen. Es gibt nur eine erfolgreiche Vorwärtsverteidigung durch Offenlegung und Klarheit, Zeugnis und Glaubwürdigkeit. Sonst gibt es keinen Weg in eine neue Zukunft.

Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst selbst muss dabei auch anderswo eine neue Chance erhalten. Der Papst ließ in der Presseerklärung mitteilen, dass ihm zu seiner Zeit eine neue Aufgabe übertragen wird, über die jetzt offenbar geredet werden soll. Wir wünschen ihm dafür ein gutes Gelingen und bitten um einen guten Neuanfang für unser Nachbarbistum, für uns alle und auch für Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst.

(c) Karl Kardinal Lehmann, Bischof von Mainz

Diese Gastkolumne lesen Sie auch in der aktuellen Ausgabe der Mainzer Kirchenzeitung "Glaube und Leben" vom 6. April 2014

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

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