Der Papst zu Hause

Benedikt XVI. in seiner bayerischen Heimat

Datum:
Samstag, 2. September 2006

Benedikt XVI. in seiner bayerischen Heimat

Gastkommentar für die Mainzer Allgemeine Zeitung am 2. September 2006

Wenn nach 500 Jahren ein Deutscher Papst wird, dauern Neugierde und Begeisterung selbst in unserer schnelllebigen Zeit lange an. Man spürt dies bei der Vorbereitung des Besuchs von Papst Benedikt XVI. in seiner bayerischen Heimat (9.-14. September).

Die Aufmerksamkeit hängt gewiss auch damit zusammen, dass Papst Benedikt sehr rasch einen eigenen Stil im Umgang mit der Öffentlichkeit und den Menschen gefunden hat, ob es große Gottesdienste sind oder die Begegnung mit Kindern und Kranken. Dies war nach dem Kommunikationsgenie seines Vorgängers keineswegs selbstverständlich. „Papa Ratzinger“, wie die Italiener sagen, zieht darum auch in Rom, wo die Zahl der deutschen Pilger sich verdreifacht hat, und in Deutschland viele Menschen – weit über die katholische Kirche hinaus – an. Er ist für sie ein Leuchtturm geistiger und spiritueller Orientierung. Von daher erklärt sich letztlich in unserer Mediengesellschaft das lebhafte Interesse am Besuch über Wochen, natürlich besonders in Bayern.

Dabei darf man nicht vergessen, dass der Papst zwar einen offiziellen Besuch in Bayern, aber keinen Staatsbesuch in Deutschland macht. Das Programm und seine Möglichkeiten sind darum beschränkt. Es kommt nicht zu den üblichen offiziellen Begegnungen, wie sie bei einem Deutschland-Besuch dazugehören. Dies gilt z. B. auch für die Ökumene und für viele Gespräche im politischen Raum. Ich denke aber auch an die Begegnung mit Künstlern und Medienschaffenden. Man darf also nicht enttäuscht sein, wenn die manchmal ohnehin überzogenen Erwartungen nicht erfüllt werden können. Der Papst wird aber in dem Dutzend Ansprachen und Predigten gewiss auf viele Erwartungen direkt oder indirekt eingehen.

Deshalb sollte man auch die persönliche Note dieses Besuchs nicht übersehen. Als Kardinal Ratzinger am 19. April 2005 zum Papst gewählt war, gab es keinen schlichten, unauffälligen Besuch mehr in seiner geliebten Heimat. Hier liegen die Wurzeln seiner Familie, seiner Kindheit und Jugend sowie die Orte seines ersten Wirkens als Priester, Theologe und Bischof. Heimat ist ihm teuer.

Es ist für unsere Welt auch ein Zeichen, dass der Papst dankbar sich seiner Herkunft erinnert und einmal wieder an die Gräber seiner Eltern und seiner Schwester, die ihm über Jahrzehnte den Haushalt führte, gehen möchte, nicht zuletzt auch in die Pfarrkirche in Marktl, wo er getauft wurde (am Geburtshaus fährt er vorbei und meidet auch sonst jeden Rummel). Lassen wir also bei diesem Besuch, auch wenn der Papst nie nur privat oder nur persönlich unterwegs sein kann, den Papst Mensch sein. Dies ist auch ein Zeichen für unsere Welt.

© Karl Kardinal Lehmann

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz