Eucharistie und Ökumene

Kardinal Lehmann in einer Verkündigungssendung zum Eucharistischen Kongress 2013 im Westdeutschen Rundfunk (WDR 5 - "Morgenecho")

Datum:
Freitag, 6. September 2013

Kardinal Lehmann in einer Verkündigungssendung zum Eucharistischen Kongress 2013 im Westdeutschen Rundfunk (WDR 5 - "Morgenecho")

Vier Kardinäle und Erzbischof Zollitsch haben die WDR-Morgenandachten gestaltet. Kardinal Lehmann sprach heute und den Text finden Sie hier:

Der heilige Paulus fasst den gemeinschaftlichen Sinn der Eucharistie bzw. des Abendmahles dicht und genau in einem wichtigen Satz im 1. Korintherbrief zusammen: „Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot." (10,17). Oft betrachten wir die Eucharistie nur als ein vereinzeltes Sakrament unter den sieben sakramentalen Zeichen, das der Einzelne empfängt oder auch aus verschiedenen Gründen nicht empfangen kann. Die Hl. Schrift und die Lehre der Kirche sehen jedoch einen fundamentalen Zusammenhang zwischen dem Herrenmahl und der Kirche. Sie verwenden dasselbe Wort „Leib des Herren" für beides: die Person Jesu Christi in ihrer Lebendigkeit und Ganzheit, die sich im Leiden und im Sterben für alle Menschen hingibt. Daraus entsteht Kirche. So kommt es zu dem zentralen Wort des heiligen Paulus: „Ihr aber seid der Leib Christi, und jeder einzelne ist ein Glied an ihm." (1 Kor 12,27). Alles kommt also auf die Gemeinschaft der mit Jesus zum Mahl versammelten Menschen an.

Es gibt auf diese Weise eine tiefe Entsprechung zwischen dem Verständnis von Kirche und der Zuordnung von Kirche und Eucharistie. Die Eucharistie ist für die katholische Kirche der dichteste Ausdruck von Gemeinschaft in der Kirche. Dabei darf man die Eucharistie nicht isoliert sehen. Zwischen den Sakramenten gibt es einen inneren Zusammenhang. Schon seit alter Zeit sagt man, die Taufe sei der Anfang und die Pforte zum Heil, die Eucharistie sei die Zusammenfassung der christlichen Lebensvollzüge, ja auch aller Sakramente, und die Vollendung des Heils. Die anderen Sakramente, wie die Firmung, die Beichte und die Krankensalbung, in anderer Weise Eheschließung und Priesterweihe, knüpfen das Netz ganz von der Taufe hin zur Zusammenführung der christlichen Lebensvollzüge im umfassenden Sakrament der Eucharistie, das darum auch zugleich der intensivste Ausdruck der Kirche ist. Dies meinen wir, wenn wir sagen, die Eucharistie sei kein isoliertes Einzelsakrament. Sie hat eben auch enge Beziehungen zum Leben und Sterben Jesu, zum christlichen Gottesdienst, zur Nächstenliebe in der vielfältigen Caritas und zum sittlichen Leben des Christen bis hin zur Eucharistie als Wegzehrung, als tiefste Begleitung durch den leidenden und auferstandenen Herrn auf der letzten Wegstrecke unseres Lebens.

Diese Auffassung vom Herrenmahl ist eigentlich von der 1500 Jahre umfassenden einen Geschichte her, übrigens auch zusammen mit den Ostkirchen, ein gemeinsames Erbe. Wir haben es aber nicht immer in der Theorie und Praxis unseres kirchlichen Lebens treu und lebendig bewahrt. Auf Seiten der katholischen Kirche haben wir diese tiefe und umfassende Bedeutung der Eucharistie besonders seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wieder neu entdeckt, auch wenn wir in unserem Denken und Handeln vieles noch zurückgewinnen müssen.

Evangelische Kirchen und katholische Kirche gehen dabei schon seit Jahrzehnten im Verständnis und auch in der Gestaltung der Praxis der Eucharistie aufeinander zu. Die evangelischen Kirchen haben den früher eher etwas zurückgedrängten Abendmahlsgottesdienst wieder belebt. Gemeinsam haben wir uns über Themen wie die Gegenwart Christi, die „Wandlung" der Gaben von Brot und Wein in Leib und Blut des Herren (Transsubstation) und den Opfercharakter der Eucharistie geeinigt. Um das Thema Kirche (einschließlich Amt) und Eucharistie ringen wir noch intensiv. Wir sind uns der vielen Erwartungen, besonders auch der konfessionsverschiedenen/-verbindenden Ehen bewusst. Der Eucharistische Kongress in Köln in der kommenden ersten Junihälfte kann uns dabei voranbringen und neuen Schwung erzeugen. Wir haben viel Gemeinsames erreicht, jetzt dürfen wir nicht müde werden, wie es heute leider oft der Fall ist. Das gemeinsame Mahl ist unser höchstes und letztes Ziel, das freilich deshalb auch aller Anstrengung wert ist.

(c) Karl Kardinal Lehmann, Bischof von Mainz

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz