„Glaube wirksam in Liebe"

Predigt von Kardinal Lehmann beim Pontifikal-Requiem und der Beisetzung des verstorbenen Weihbischofs Dr. Werner Guballa am 7. März 2012 im Mainzer Dom

Datum:
Mittwoch, 7. März 2012

Predigt von Kardinal Lehmann beim Pontifikal-Requiem und der Beisetzung des verstorbenen Weihbischofs Dr. Werner Guballa am 7. März 2012 im Mainzer Dom

Selten sind wir in unserer Hoffnung so enttäuscht worden wie im Blick auf den jähen Tod von Herrn Weihbischof Dr. Werner Guballa. Neun Monate waren wir Zeugen, wie entschieden und eindrucksvoll er die Auseinandersetzung mit der schweren Krankheit aufnahm, wie sehr er monatelang auch sichtbar vor vielen Menschen mit ihr kämpfte, wie er gerade in den letzten Wochen durch die Wirkungen der Chemotherapie und besonderer Bestrahlungen Hoffnung schöpfen durfte auf eine hilfreiche Operation. „Ich gehe meinen Weg nicht in Angst, sondern in Zuversicht." Da machte eine Lungenentzündung, die der geschwächte Körper nicht mehr genügend abwehren konnte, alle Zuversicht zunichte. Werner Guballa starb am Montag, 27. Februar 2012, am frühen Nachmittag an Lungenversagen. Trotz bester ärztlicher Hilfe hatte die heimtückische Krankheit gesiegt. Innerhalb weniger Tage gab es diesen unfasslichen Absturz, der gerade auch die Familie und alle, die Werner Guballa aus der Nähe begleiteten, bitter enttäuschte.

Erinnern wir uns ein wenig an wesentliche Stationen in seinem Leben. Werner Guballa ist am 30. Oktober 1944 in Marienborn geboren. Er hatte vier Geschwister, von denen eine Schwester und ein Bruder unter uns sind. Nach der Volksschule besuchte er das Rhabanus-Maurus-Gymnasium in Mainz, an dem er auch 1966 die Reifeprüfung ablegte. Unmittelbar danach wurde er als Priesteramtskandidat des Bistums Mainz angenommen, begann im Priesterseminar und an der hiesigen Universität das Studium der Philosophie und der Theologie; schließlich wurde er sehr bald zum Weiterstudium nach Rom an das Collegium Germanicum et Hungaricum geschickt und absolvierte seine Studien mit gutem Erfolg an der Päpstlichen Universität Gregoriana. Am 10. Oktober 1970 wurde er von Kardinal Willebrands in Rom in der Kirche Sant´Ignazio zum Priester geweiht. Den langen neunjährigen Studienaufenthalt in Rom schloss er 1975 durch den Erwerb des Doktors der Theologie ab. Seine Doktorarbeit über den großen Theologen Melchior Cano aus dem 16. Jahrhundert fertigte er an unter der Leitung von Prof. P. Dr. Karl Becker SJ, der erst vor wenigen Wochen von Papst Benedikt XVI. mit der Kardinalswürde ausgezeichnet wurde.

Unmittelbar nach der Rückkehr aus Rom wurde Werner Guballa 1975 Kaplan an der großen Gemeinde St. Georg in Bensheim an der Bergstraße, wo er besonders unter Anleitung von Pfarrer Karl Emrich in die Seelsorge hineinwuchs. Diese machte ihm von Anfang an große Freude. 1977 übernahm er für fast fünf Jahre das Amt des Subregens am Priesterseminar. Aus dieser Zeit kannte er viele Priester und blieb ihnen eng verbunden (1977-1982). Danach hat Werner Guballa für neun Jahre (1982-1991) die Katholische Hochschulgemeinde an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz St. Albertus übernommen, die zugleich eine Territorialgemeinde bildet. Er hatte eine ungewöhnlich schwierige Situation zu bewältigen und hat in mühsamer und zäher Arbeit unter großer Anerkennung die Situation weitgehend saniert und sich dadurch hohes Ansehen verschafft. Heute noch danken ihm viele für die qualitätsvollen Gottesdienste mit den tiefen Predigten und für die sehr einfühlsame Seelsorge Einzelner.

Wiederum kam die Zeit für einen Wechsel. Werner Guballa wurde 1991 zum Pfarrer von St. Ludwig in Darmstadt ernannt, wo er nicht nur diese für unsere Kirche zentrale Pfarrgemeinde leitete, sondern auch bald Verantwortung übernahm für den rührigen Caritasverband und für das große Dekanat. So war Werner Guballa für viele Aufgaben gerüstet. Nach dem Ende der Amtszeit von Martin Luley habe ich ihn zum Generalvikar, Moderator der Kurie und Ökonomen des Bistums berufen, ein Amt, das er sieben Jahre lang ausübte (1996-2003). Zugleich hat er mit großem Einsatz die Pastoralen Räte im Bistum begleitet und gestärkt. Auch wenn mit diesem Amt viele Verwaltungsaufgaben verbunden sind, so hat Werner Guballa doch viel Menschlichkeit in diesen Dienst mitgebracht und Eigenschaften vereinigt, die sonst eher gegensätzlich zueinander sind: Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, Langmut und Entschlossenheit, Geduld und Zielstrebigkeit. Oder wie ein damaliger Kollege sagte: „Ruhe im Wandel, Klarheit im Reden, Bescheidenheit im Auftreten, Hingabe im Arbeiten."

Am 20. Februar 2003 wurde Werner Guballa zusammen mit Dr. Ulrich Neymeyr zum Titularbischof von Catro (heute in Marokko) und Weihbischof in Mainz ernannt und am 21. April zum Bischof geweiht. Er hat neben der Übernahme bischöflicher Dienste im ganzen Bistum, vor allem Gemeindebesuche und Firmungen, zwei wichtige Aufgaben übernommen, nämlich in der Stellung als Bischofsvikar die Leitung des Dezernates „Priester, Ständige Diakone und Orden" und als Bischofsvikar die Mitverantwortung für die Caritas.

Werner Guballa hat auch intensiv auf der Ebene unserer Bischofskonferenz mitgearbeitet. Aufgrund seiner Hochschulerfahrung konnte er vieles in die Kommission „Wissenschaft und Kunst" einbringen, wo er besonders für die Hochschulpastoral Verantwortung trug. Zugleich hat er in den Kommissionen für Ehe und Familie und Weltkirche mitgewirkt und war darin besonders in der Unterstützung Lateinamerikas, d. h. für ADVENIAT, in Rat und Tat hilfreich.

Weihbischof Dr. Werner Guballa wählte im Anschluss an Aussagen des hl. Paulus - wir haben vorher die Lesung aus dem Galaterbrief gehört (5,1-6) - als Leitwort seines bischöflichen Dienstes die Worte „Fides per caritatem", also Glaube, der in und durch die Liebe wirksam wird und zur Erscheinung kommt. Dies entspricht auch ganz der Art und Weise, wie Weihbischof Werner sein Amt ausübte. Er verband eine große Menschlichkeit mit einer hohen Einfühlungsgabe in Menschen. Gerade in seiner Zuständigkeit für die Personalverantwortung hatte er nicht nur Interesse an ihrem Dienst, sondern auch am Leben der Mitarbeiter. Er hat alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um allen, besonders in Notsituationen zu helfen. Immer wieder wirkte sich dies anregend für die Caritas aus, aber er hat auch viele Anregungen aus der Caritas für die Pastoral erhalten. So sehr er sich auch für die irdischen Belange und Aufgaben der Kirche engagierte, so war ihm in allem das geistliche Fundament sehr wichtig. Immer wieder hat er sich auf die Menschen eingelassen und vieles gemeinsam offen beraten, ohne die Verantwortung aus den Händen gleiten zu lassen. Für die Brüderlichkeit und Kollegialität im Domkapitel, in der Dezernentenkonferenz und in den pastoralen Räten aller Ebenen möchten wir ihm besonders danken. Auch in schwierigen Situationen war er stets glaubwürdig. Er hatte eine große kirchliche Solidarität, freilich ohne Scheuklappen und mit einer weiten Offenheit für alle Menschen und ihre Anliegen. Ich möchte Werner Guballa auch persönlich von Herzen Dank sagen für Solidarität und Entlastung besonders in der Zeit, als ich Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz war.

Die Worte der hl. Schrift waren Werner Guballa immer kostbar. Besonders in den letzten Monaten, aber auch schon früher war Psalm 23 für ihn eine grundlegende Lebensorientierung: „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen. Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil, denn du bist bei mir." (23,1.4) Dies gab seinem Leben auch noch im äußersten Leiden Gewissheit und Zuversicht. Nichts konnte ihn selbst in den Belastungen der letzten Monate abbringen vom Dienst für andere, besonders auch für die Priester, die Ständigen Diakone, die Gemeindereferentinnen und Pastoralreferenten, die Ordensgemeinschaften sowie viele Mitchristen. Nicht zufällig steht in seiner letzten großen öffentlichen Predigt am 2. Februar 2012, dem Fest der Darstellung des Herrn (Lichtmess), zugleich Tag des Geweihten Lebens, als er den Gottesdienst mit den Ordensgemeinschaften feierte, das Wort von der Hingabe im Zentrum seines Zeugnisses: Hingabe an Gott und an seinen Willen, Hingabe bis zum Äußersten auch an die Menschen. In Jesus Christus ist diese Lebenshingabe sichtbar erschienen. Er geht mit uns durch die wechselnden Stationen und Schicksale unseres Daseins. Nicht zuletzt deshalb war Werner Guballa die Erzählung von der Wanderung Jesu mit den beiden enttäuschten Jüngern nach Emmaus, die wir soeben im Evangelium gehört haben, so kostbar und vertraut. Nicht zufällig spielten Hinweise und Zeichen auf die Emmaus-Erzählung in seinem Bischofsring und auch in seinem Bischofskreuz darauf an. Dies hat ihn auch immer an die Bischofsweihe - zusammen mit Ulrich Neymeyr - am Ostermontag 2003 erinnert, und gewiss hat er in seiner starken christlichen Hoffnung an die Bitte der Jünger gedacht: „Bleibe doch bei uns; denn es wird bald Abend, der Tag hat sich schon geneigt." (Lk 24,29)

Wir sagen in diesem Gottesdienst Weihbischof Dr. Werner Guballa für seinen großen und unvergesslichen Dienst in unserem Bistum ein herzliches Vergelt´s Gott. Gewiss hat ihn der Herr über Leben und Tod gütig in seine weiten Arme aufgenommen und ihm das Licht des ewigen Lebens geschenkt. Wir werden ihm stets ein dankbares, lebendiges Gedenken bewahren. In die Bitte um Trost schließen wir besonders seine Familie ein, vor allem seine Schwester und seinen Bruder und alle dazugehörigen Familien. Wir danken Frau Annette Dittrich, die ihm 20 Jahre lang ein gutes Zuhause geschaffen hat und ihn besonders auch in der letzten Zeit mit großer Treue täglich begleitete. Ich nenne seine Freunde an seiner Seite, die in diesem Gottesdienst auch konzelebrieren: Domkapitular Hans-Jürgen Eberhardt, Regens Dr. Udo Bentz und Pfarrer Michael Bartmann. Wir danken allen, die früher und besonders jetzt hilfreich an seiner Seite standen. Ganz besonders möchte ich die Ärzte, Schwestern und Pfleger nennen, die ihn während der ganzen Krankheit begleitet haben, auf der letzten Wegstrecke ganz besonders Herr Chefarzt Prof. Dr. Wolfgang Dippold, Herr Oberarzt Dr. Thorsten Schmitt und Frau Dr. Müller-Quernheim. Ganz besonders möchte ich danken dem priesterlichen Freund und kompetenten Mediziner Prof. Dr. Markus Mäurer, der von Schweden aus in engem Kontakt Werner Guballa in seiner Krankheit beraten hat und auch heute aus Stockholm zu uns kam. Ganz besonderen Dank möchte ich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Weihbischof Dr. Werner Guballa sagen, die ihn stets gestützt und treu begleitet haben, seiner Sekretärin, Frau Maria Skanta, und seinem Assistenten, Herrn Markus Reuter mit allen Vorgängern.

Schließen möchte ich mit einer Aufforderung des Verfassers des Hebräerbriefes: „Denkt an eure Vorsteher, die euch das Wort Gottes verkündet haben; schaut auf das Ende ihres Lebens, und ahmt ihren Glauben nach! Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit." (13,7f.) Amen.


Karl Kardinal Lehmann
Bischof von Mainz

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Nun darf ich Ihnen ein Wort des Heiligen Vaters Benedikt XVI. zum Tod von Weihbischof Dr. Werner Guballa bekanntgeben:

Mit Trauer hat der Heilige Vater die Nachricht vom Ableben von Weihbischof Dr. Werner Guballa erhalten. Der Herr über Leben und Tod hat seinen treuen Diener nach schwerer Krankheit, die dieser im Vertrauen auf Gottes Beistand getragen hat, zu sich gerufen. Seine Heiligkeit verbindet sich mit Ihnen und dem ganzen Bistum im Gebet für den heimgegangenen Hirten. In seinem geistlichen Wirken ließ sich der Verstorbene stets von dem Wort leiten, dass der Glaube in der Liebe wirksam ist und so die Liebe Gottes alle Menschen erreicht. Jesus Christus, der gute Hirte, vergelte ihm sein Tun mit himmlischem Lohn und schenke ihm das Leben in Fülle in der Gemeinschaft der Heiligen. Von Herzen erteilt Papst Benedikt XVI. allen, die in Gebet und Opfer des verstorbenen Weihbischofs gedenken, den Apostolischen Segen.
In aufrichtiger Anteilnahme
Tarcisio Kardinal Bertone, Staatssekretär Seiner Heiligkeit

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz