Kirche als Geschichte - 1200 Jahre Mainzer Kirche

Auf ein Wort

Datum:
Freitag, 24. November 2000

Auf ein Wort

Die Kirche hat ein besonderes Verhältnis zur Geschichte. Zwar lebt sie gerade davon, dass sie die Menschen nicht an die Geschichte bindet, sie nicht der Vergänglichkeit überlässt, vielmehr ein Leben jenseits des Todes in Erinnerung ruft. Aber zugleich geht es immer auch um das Heil Gottes in der Geschichte und um die Zuwendung Gottes zu den Menschen, die er auf den irdischen Wegen begleitet. Der Geist Gottes verweist die Kirche stets wieder an die Geschichte als den Ort des Kommens Gottes, befreit das wandernde Volk Gottes aber immer wieder davon, dass es sich mit einer geschichtlichen Station und Situation unveränderlich identifiziert.

Darum kann die Kirche ihre Geschichte auch nicht einfach abstreifen. Sie ist mehr als nur ein Kleid, das man wechselt. Sie bringt viele Schätze mit auf dem Weg durch die Jahrhunderte. Gerade deshalb ist es aber auch gut, vertraut zu werden mit den geschichtlichen Wandlungen und darin immer wieder auch die eine und selbe Sendung der Kirche durch die Jahrhunderte hindurch zu erblicken.

Vor diesem Hintergrund möchte ich darauf aufmerksam machen, dass schon seit einigen Jahren ein "Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte" herausgegeben wird. Prof. Dr. Friedhelm Jürgensmeier, der besonders mit der Mainzer Geschichte vertraut ist und in Osnabrück lehrt, hat unter Mitarbeit von Frau Studiendirektorin Regina E. Schwerdtfeger vom Institut für Mainzer Kirchengeschichte soeben den Band über Christliche Antike und Mittelalter im Umfang von 1200 Seiten herausgebracht (Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte, 2 Teilbände, Würzburg 2000, Echter-Verlag).

An die 30 Fachleute haben dafür ihr Bestes gegeben. Dieses Werk spiegelt das ganze Auf und Ab einer 1200jährigen Geschichte und nimmt den Leser packend mit in diesen vielfältigen Prozess. Wer von Mainz in der Römerzeit etwas wissen will, findet ebenso umfassende und auf den letzten Stand gebrachte Hilfe wie bei den vielen anderen Themen, die von der Frauenbewegung über die Bedeutung der Klöster bis zur Frömmigkeitsgeschichte reichen. Die sehr umfangreichen Register machen das Nachschlagen auch von kleinen Orten und vielen Namen leicht. Das sehr umfassende Literaturverzeichnis zeigt nicht nur, wie vieles an bisherigen Einsichten hier aufgenommen und für den Leser gesammelt worden ist, sondern führt Neugierige kundig und sicher weiter.

Bereits im Jahr 1997 ist ein eigener Band über das Erzstift/Erzbistum Mainz erschienen. Ein eigener Band liegt auch vor über das Bistum Worms, das heute zu Mainz gehört. Dankbar darf man den Fortgang dieser bisher einzigartigen Mainzer Kirchengeschichte erwarten.

Prof. Jürgensmeier, der uns schon eine einbändige Geschichte "Das Bistum Mainz" geschenkt hat, mit den von ihm geleiteten Institut und allen Beiträgern gebührt großer Dank für diese hoch anzuerkennende historische Leistung.

Wenn wir nicht zu sehr aufgesogen werden wollen vom Alltag und der Gegenwart, brauchen wir immer wieder den Blick in eine lange Geschichte, die uns nachdenklich macht und verhindern kann, dass wir zu schnell bloß "heutig" oder gar modisch werden. Die Geschichte schärft den Blick für die wahre Gegenwart und lehrt die Kirche lieben, gerade wenn sie auf ihrem langen Weg einige Runzeln im Gesicht bekommen hat.

Copyright: Karl Lehmann, Mainz
(aus: Bistumszeitung Glaube und Leben, November 2000

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz