Lachen und Fasten – ein unversöhnlicher Gegensatz?

Wort des Bischofs am Sonntag, 3. Februar 2008, im SWR 2

Datum:
Sonntag, 3. Februar 2008

Wort des Bischofs am Sonntag, 3. Februar 2008, im SWR 2

Die Tage, in denen wir stehen und die vor uns liegen, bilden einen starken Gegensatz. In der Fastnacht geht es ganz um das Lachen und die Freude, ja auch um das Austoben mit viel Spaß und Witz. Bei manchen hat man das Gefühl, nach dem Fastnachtsdienstag käme geradezu das Weltende. So sehr wollen sie die tollen Tage bis zur letzten Neige genießen. Der Aschermittwoch und die beginnende Fastenzeit erscheinen nur als dunkle Folie gegenüber dem ausgelassenen Treiben. Man muss vor dem Beginn der traurigen Zeit noch alles ausschöpfen.

Gewiss wechseln im Leben des Menschen Nüchternheit und Überschwang, Traurigkeit und Freude immer wieder ab. Wir müssen lernen, mit beidem umzugehen, dabei auch eine Mitte, das Maß, einzuhalten. Fastnacht und Fastenzeit erinnern uns an diese doppelt-eine Aufgabe.

Die Fastnacht hat, gerade auch in den unterschiedlichen Regionen unseres Landes, recht verschiedene Ursprünge und ist mit dem Charakter der jeweiligen Volksstämme eng verwoben. Bei den einen herrscht immer noch die Auseinandersetzung zwischen Winter und Frühling, den kalten, dunklen Mächten und dem Neuerwachen des Lebens. Es ist auch ein Ringen mit bösen Mächten, die das Leben der Menschen bedrohen. Anderswo hat die Fastnacht geholfen, das Los von Unterdrückung leichter zu ertragen und – in Witz und Karikatur versteckt – sich gegen die Mächtigen aufzulehnen und sie zu verspotten. Aber auch ein altes religiöses Motiv ist nicht zu übersehen: Es tut dem Menschen gut, wenn er eine Zeit des Verzichtes besonders auf Genussmittel und ein üppigeres Leben einübt, sich mehr auf die Richtung seines Lebens und Gott besinnt sowie durch Freigiebigkeit und Hilfsbereitschaft zeigt, dass er die Not der Armen nicht vergessen hat. So sind Fasten, Gebet und Almosen bleibende Wurzeln der kirchlichen Bußzeit zwischen Aschermittwoch und Ostern.

Da mag es gut sein, gerade wenn man in dieser Fastenzeit den Riemen enger schnallt, sich noch einmal auszutoben und die Freuden dieser Welt zu genießen, nicht zuletzt auch durch Witz und Fantasie, wie sie im Lachen zum Ausdruck kommen.

In Wirklichkeit liegt beides näher beieinander. Der wahre Humor soll helfen, dass wir uns nicht im Alltags-, im Familien- und besonders im Berufsleben verlieren und darin verkrallen. Da kann Fastnacht ein regelrechter Befreiungsschlag werden. Das ist aber etwas anderes als sich besinnungslos allen Vergnügungen auszuliefern und sich geradezu zu vergessen. Umgekehrt ist auch die richtig verbrachte Fastenzeit positiv zu sehen: Wir fressen nicht alles in uns hinein, können leer werden von uns allein und können uns öffnen für Gott und den Nächsten. Dann ist es auch möglich, bei verkorksten Verhältnissen und Beziehungen neu anzufangen, z. B. von Grund auf zu vergeben und gute Anfänge, an die man sich erinnert, zu erneuern. Deswegen gibt es eine echte Freude der Umkehr. In diesem Sinne gehören Reue und Neuanfangendürfen zu dieser Zeit.

(c) Karl Kardinal Lehmann

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz