Laudatio zum 60. Geburtstag von Herrn Generalvikar Prälat Dietmar Giebelmann

am 17./18. September 2006

Datum:
Sonntag, 17. September 2006

am 17./18. September 2006

I.

Es gibt wichtige Berufe, die man zwar auch erlernen muss, für die es jedoch keine Ausbildungswege gibt. Dies gilt nicht nur für die hohen politischen Ämter, wie z.B. Bundespräsident, Bundeskanzler(in) und Minister, sondern auch für nicht wenige kirchliche Berufe, zu denen auch Bischöfe und Generalvikare gehören. Von Künstlern gilt dies alles erst recht.

Dies hat nicht nur Nachteile. Es kommen Menschen in diese Ämter von ganz verschiedenen Perspektiven und Kompetenzen her. Sie bringen jeweils eigene Erfahrungen mit ins Spiel und bereichern so ein Berufsbild, das man ohnehin nicht so leicht festlegen kann. In der Kirche kommt noch etwas eigenes hinzu: Nicht nur im Amt des Generalvikars wird die Einheit von Verwaltungsaufgabe und geistlicher Leitung besonders anschaulich. Das kirchliche Recht lässt freilich die konkrete Verwirklichung dieses Amtes relativ offen und umschreibt nur den Rahmen für diese Aufgabe. Darum ist dieses Amt immer wieder sehr geprägt von den Persönlichkeiten, die es ausüben. Es gibt gleichsam viele Berufsbilder des Generalvikars. Immer wieder ist die jeweilige Gestalt geprägt nicht nur von der Person und ihren Fähigkeiten, sondern auch von dem bisher in der Kirche erfüllten Auftrag mit den jeweiligen Erfahrungen. So ist deutlich zu spüren, ob ein Generalvikar früher Seelsorger, Religionslehrer, Pfarrer, Caritasdirektor, Finanzdirektor oder wissenschaftlicher Theologe, vor allem Kirchenrechtler, war. Die Einheit von Verwaltungsverantwortung und geistlicher Leitung bietet sich jeweils immer wieder anders in einer konkreten Gestalt an, die eng mit der Persönlichkeit, der Lebensgeschichte und dem kirchlichen Auftrag verbunden ist.

II.

So ist es auch mit dem gegenwärtigen Generalvikar Dietmar Giebelmann, dessen 60. Geburtstag wir gemeinsam mit ihm feiern dürfen. Am 17. September 1946 ist er in Bad Honnef geboren. Seine tapfere Mutter hat ihm weitgehend allein ohne den allzu früh verstorbenen Vater (1948) die Wege in das Leben geöffnet. Mit 25 Jahren wurde er nach dem Abitur und dem Theologiestudium am 10. Juli 1971 in Mainz von Bischof Hermann Volk zum Priester geweiht. Es kamen intensive Jahre als Kaplan. In zwei großen Gemeinden hat er das pastorale Rüstzeug kennen gelernt, nämlich in Offenbach/Bürgel und in Darmstadt, St. Ludwig, das ihn in den drei Jahren – wie andere Mitbrüder – besonders geprägt hat. Nicht zufällig ist auch sein Vorgänger im Amt des Generalvikars, unser Weihbischof Dr. Werner Guballa, auf dieses Amt hin in dieser wichtigen Darmstädter Zentralpfarrei (freilich war er Pfarrer und Dekan )auf eine größere Verantwortung hin vorbereitet worden. Schließlich gab es zwei Pfarreien, die Dietmar Giebelmann unter Einsatz aller seiner Kräfte führte, nämlich sieben Jahre in Urberach und 13 Jahre in Neu-Isenburg (St. Josef). Dies ergibt genau 20 Jahre Erfahrung als Pfarrer in aufstrebenden Gemeinden, die alle im Bereich des Frankfurter Flughafens und im Einzugsbereich der Großstadt Frankfurt liegen.

Es ist unschwer zu sehen, dass diese 20-jährige Prägung in diesen Pfarreien Dietmar Giebelmann eine feste Gestalt gegeben hat. Ich werde darauf noch eigens zurückkommen. In diese Zeit gehört aber auch, dass Dietmar Giebelmann sich trotz der starken Beanspruchung in den von ihm geführten Gemeinden nicht einer größeren Verantwortung verschlossen hat. Er wurde 1989 Dekan des Dekanates Dreieich, eines räumlich kleineren, aber sehr intensiven, den gesellschaftlichen Wandlungen stark ausgesetzten Bereichs, der auch bis in die kirchlichen Strukturen hinein nicht wenige Spannungen verarbeiten musste und muss. 1994 hat er sich wiederum dieser Aufgabe durch Wiederwahl gestellt.

Nun ist Dietmar Giebelmann seit zehn Jahren, als er seine geliebte Pfarrei Neu-Isenburg aufgeben musste, im Dienst der Leitung der ganzen Diözese Mainz. Sieben Jahre lang hat er das Dezernat I, also Personal, im Bischöflichen Ordinariat geleitet. Seit mehr als drei Jahren, als Generalvikar Dr. Werner Guballa zum Weihbischof ernannt wurde, folgte er ihm. Das Amt des Generalvikars ist dabei nicht zu isoliert zu sehen. Er ist zugleich als Moderator der Kurie in besonderer Weise für die Leitung der gesamten Verwaltung im Bischöflichen Ordinariat und darüber hinaus verantwortlich, er ist auch Ökonom des Bistums und hat ebenso wie sein Vorgänger die Sorge für die Pastoralen Räte im Bistum übernommen. Dem Generalvikar obliegt auch die Sorge für unsere weltkirchlichen Aktivitäten. Dies sind insgesamt zehn Jahre sehr intensiver Dienst in unserem Bistum.

III.

Ich möchte hier jetzt nicht näher zum Amt und Dienst eines Generalvikars in unserer Kirche sprechen. Dies habe ich bei verschiedenen Anlässen in Freiburg i. Br. für Generalvikar Prälat Dr. Robert Schlund und später hier in Mainz für Generalvikar Apost. Protonotar Dr. h.c. Martin Luley getan (vgl. die gedruckte Fassung: Verwaltung - Führung - geistliche Leitung. Zum Amt und zur Person des Generalvikars, in: In der festen Schale steckt ein guter Kerl. Generalvikar Prälat Martin Luley zum 70. Geburtstag, hrsg. vom Bischöflichen Ordinariat Mainz, Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, Mainz 1995, 6-18).Vielmehr möchte ich das Profil unseres heutigen Generalvikars in einigen groben Strichen etwas umreißen, gewissermaßen eine Art von Holzschnitt versuchen.

Dietmar Giebelmann ist durch und durch von einer tiefen Verwurzelung im Glauben der Kirche geprägt. Dabei leitet ihn eine gediegene Theologie, die immer wieder auch von der Erfahrung des Alltags bestimmt wird. Aber die theologische Erkenntnis hat ihn auch immer wieder konstruktiv geleitet und in einem weniger wegsamen Gelände zur Orientierung verholfen. Erfahrung und Wissen, Instinkt und eine verlässliche Grundkenntnis halten ihn auch bei neuen Fragen auf der Spur. Dabei ist er auch in der Lage, in der Pastoral gemachte Erfahrungen auf den Begriff und zur Sprache zu bringen. Er liefert sich dabei nicht bequemen Parolen und Schlagwörtern aus, sondern kann das, was ist, authentisch und unverstellt mitteilen. So habe ich ihn schon vor über 20 Jahren und besonders als Dekan in unseren diözesanen pastoralen Räten kennen gelernt. Damit hängt auch seine zweifellos gegebene Überzeugungskraft zusammen. Darum haben ihn auch seine Mitchristen in den einzelnen Pfarreien als Kaplan und Pfarrer überaus geschätzt und ihn nur ungern jeweils gehen lassen, wenn er andere Aufgaben übernommen hat. Rasch hat er so auch trotz der Eigenständigkeit und Unbeirrbarkeit, ja vermutlich wegen dieser Selbstständigkeit, das Vertrauen der Mitbrüder und besonders der Laien erhalten, was sich nicht nur in den Wahlen zum Dekan niedergeschlagen hat.

Auch der Personaldezernent und Generalvikar Dietmar Giebelmann hat immer wieder von dieser erworbenen und gewachsenen Nähe zum Gottesvolk vor Ort profitiert. Er wusste, wie die Menschen reden. Er hatte deutliche Erfahrungen vom Alltag der Familien, nicht zuletzt mit Kindern und Jugendlichen. Er spürte, wo die Menschen der Schuh drückt. Er übersprang nicht die soziale Lage vieler Menschen. Er war ganz auf die Menschen in der Gemeinde konzentriert, hat aber die evangelischen Mitchristen und vor allem auch die Zugezogenen nicht vergessen, nicht zuletzt gilt dies auch für die Katholiken einer anderen Muttersprache.

Wenn ich einen vielleicht etwas banalen, aber deutlichen Begriff wählen darf, so darf man sagen, dass er ein „Vollblutseelsorger“ ist. Leidenschaftlich kümmert er sich um die Menschen aller Altersstufen. Mit großem Einsatz geht er einzelnen Menschen, besonders wenn sie in Not sind, nach. Dabei zeichnet ihn eine hohe Diskretion aus, wie es zu einem echten Seelsorger gehört. Er kann schweigen wie ein Grab, nimmt aber die Anliegen der Menschen immer mit in seinen Dienst, zumal in das Gebet. Immer hat er Zeit, Tag und Nacht.

Dies alles hat er in das Amt des Personaldezernenten und des Generalvikars mitgenommen. Es gehört zum Bild des Priesters, das ihn vom Zweiten Vatikanischen Konzil her tief geprägt hat. Aber ich bin gewiss, dass Männer wie seine Regenten, Weihbischof Prof. Dr. Josef Reuss und Prälat Klaus Reinhardt, ihn dabei tief geprägt haben.

Von der erwähnten Bodenhaftung her hat er rasch auch Kontakte bekommen zu den umfassenderen Strukturen in der Tätigkeit eines Generalvikars. Dabei hat er auch in der Verwaltung und bei finanziellen Entscheidungen nie das Augenmaß für das Konkrete und das Mögliche verloren. Stets war er dienstbereit, wenn es um die Vertretung des Bistums auf der Ebene der Stadt, der Länder, der Bischofskonferenz und der Bundesrepublik Deutschland ging. Erfahren und nüchtern hat er auch alle Bewegungen und Vorgänge auf diesen oberen Ebenen verfolgt. Er hat sich immer nüchtern gefragt, was dies den Gemeinden und den einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, nicht zuletzt den Pfarrern, bringt. Er hat sich in neue Gebiete eingearbeitet. Es gibt ja allerhand neu zu lernen: vom Staatskirchenrecht bis zum kirchlichen Arbeitsrecht. Als guter Pfarrer hatte er ohnehin Zugang zu vielen Lebensbereichen der Menschen in unserer Gesellschaft. Darum hat er auch viel Ansehen in der gesellschaftlichen und politischen Öffentlichkeit. Er gilt überall als glaubwürdiger Gesprächspartner.

In allem blieb er ein bescheidener Mensch und ein unermüdlicher Seelsorger. Kein Weg war zu weit, keine Stunde zu spät. Auf ihn kann man sich verlassen. Mit großer Sensibilität hat er sich als Pfarrer und Dekan, als Personaldezernent und auch als Generalvikar der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Ebenen angenommen. Er verstand rasch ihre Sorgen. Deshalb diente seine Verwaltung auch dem konkreten Menschen. Darum wurde er nie ein Bürokrat, gerade auch wenn er um eine gerechte Verwaltung bemüht blieb. Wie er in seiner Pfarrerzeit auch die jungen Kapläne und die Frauen sowie Männer der neueren pastoralen Berufe mit Freude und Begeisterungsfähigkeit in ihren Dienst hineingeführt hat, so spüren die Menschen überall, dass es ihm zuerst um das Wohl und Heil der einzelnen Menschen geht. Wenn anderes sich zu sehr dazwischen schiebt, lässt er sich nicht zu sehr beeindrucken.

Dies alles wäre nicht möglich ohne eine herzhafte, eher verborgene Frömmigkeit. Sie gibt ihm auch Distanz zum Druck des Alltags, verleiht ihm einen gesunden Humor, schenkt ihm aber auch Kraft, wenn es auf Entscheidungen und Handlungsfähigkeit ankommt. Immer aber spürt man, dass er mit Leib und Seele bei den Gottesdiensten, den kleinen und den großen, Atem schöpft, selbst aber auch wiederum vieles zur Weitergabe an andere tankt. Viele lieben seine klaren, manchmal launigen, mitunter auch etwas spitzbubenhaften, immer freundlichen und nicht selten hintergründigen Worte, sowohl in der Predigt als auch bei mehr weltlichen Anlässen.

Verehrter, lieber Herr Generalvikar, dies alles schätzen wir an Ihnen. Wir wollen Ihnen ein herzliches Vergelt´s Gott sagen für diesen unermüdlichen Dienst: Sie bleiben, was den Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betrifft, auch bis in die amtlichen Vertretungsorgane hinein, immer ein verlässlicher Mensch und ein verstehender Priester.

Ich möchte Ihnen auch persönlich ein sehr herzliches Wort des Dankes sagen. Ich hätte niemals nun schon fast 19 Jahre lang die Aufgabe eines Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz und viele andere Aufgaben übernehmen können, wenn ich nicht von den Dezernenten, den Weihbischöfen und Generalvikaren, nun aber von Ihnen in so selbstloser Weise unterstützt worden wäre. Immer sind Sie zur Stelle, wenn es eine Vertretung braucht. Sie sind auch bei unangenehmen Entscheidungen und Maßnahmen menschlich und mutig zugleich. Sie nehmen auch vor einflussreichen Menschen in unserer Gesellschaft kein Blatt vor den Mund. Sie vertreten in den Gremien des Verbandes der Deutschen Bischofskonferenz und auf allen anderen Ebenen überzeugend die Belange des Bistums Mainz, ohne sich den Notwendigkeiten über unseren Kirchturm hinaus zu verschließen. Sie haben darum auch ein hohes Interesse an der weltkirchlichen Aktivität unserer Diözese, in Polen und Rumänien, Bosnien und Kroatien, Korea und anderswo, wo wir regelmäßig helfen und wo es eben brennt.

Lieber Herr Generalvikar, im Namen aller, aber auch ganz persönlich, sage ich Ihnen dafür nochmals ein sehr herzliches Vergelt´s Gott und wünsche Ihnen vor allem Gottes reichen Segen für Leib und Seele. Ad multos annos!

(c) Karl Kardinal Lehmann

Es gilt das gesprochene Wort 

 

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz