Letzte Bestimmungen zur Papstwahl

Ein päpstliches Dokument vom 22. Februar 2013

Datum:
Sonntag, 3. März 2013

Ein päpstliches Dokument vom 22. Februar 2013

Kolumne von Kardinal Lehmann in der Kirchenzeitung "Glaube und Leben"

In den letzten Tagen hat sich die Spekulation erhärtet, Papst Benedikt XVI. unterzeichne noch eine Anordnung, in der er den Termin des Eintretens des Kardinalskollegiums in die Papstwahl verbindlich regle. Es sind ja immer wieder Vorschläge gemacht worden, die Papstwahl zeitlich vorzuziehen. Nach der bisher geltenden Regelung von Johannes Paul II. aus dem Jahr 1996 musste das Konklave zwischen dem 15. und 20. Tag nach dem Tod oder Rücktritt des Papstes beginnen.

Offensichtlich hatte man die Sorge, ein relativ später Termin für die Wahl und ein möglicherweise längeres Konklave (bei der Wahl Benedikts XVI. waren es zwei Tage) könnten bei der Nähe zur Karwoche und zum Osterfest doch einen zeitlichen Engpass verursachen. Zwischen der erfolgten Papstwahl und der Amtseinführung braucht man ja auch einige Tage. 2005 waren es fünf Tage.

Diese Überlegungen haben gewiss etwas für sich. Die früheren Bestimmungen rechneten auch nüchtern mit einer im Einzelnen vielleicht längeren Reise der Kardinäle aus allen Teilen der Welt nach Rom. Man erinnere sich auch, dass manche Wähler aus diktatorischen Staatssystemen erst spät nach Rom gelangten.

Aber man darf nicht nur auf die Zeit für die Reisen schauen. Die Tage bis zum Eintritt in das Konklave sind auch aus einem anderen Grunde überaus wichtig. Mit dem Freiwerden des päpstlichen Amtes durch Tod oder Rücktritt geht die Leitung der Kirche an das Kardinalskollegium über. Dieses trifft sich in den sogenannten „Generalkongregationen" täglich bis zur erfolgten Wahl ca. zwei bis drei Stunden. Dabei werden unaufschiebbare Entscheidungen getroffen, aber auch die bevorstehenden Feierlichkeiten geregelt. Sehr entscheidend ist jedoch, so war es jedenfalls 2005, die Möglichkeit, dass in diesen Generalkongregationen Kardinäle aus Kontinenten, entsprechenden Bischofskonferenzen und großen Ländern über die Situation in der Weltkirche berichten. Die Leiter wichtiger römischer Behörden ergänzen dies aus der Sicht der Zentrale.

Diese Aussprachen sind außerordentlich lehrreich. Aus den Situationsbeschreibungen kann man auch entnehmen, was auf einen künftigen Papst zukommt. Es werden auch Anforderungen und Kriterien für eine Wahl erkennbar. Es werden aber keine Namen genannt oder diskutiert. Zu den Berichten kann man natürlich Anfragen stellen und andere Beurteilungen abgeben. Dies ist eine einzigartige Gelegenheit, um die anderen Kardinäle, die man weniger kennt, näher kennenzulernen und sich - ganz unabhängig von Stimmungen und Medienberichten - ein eigenes Urteil zu bilden.

Der zeitliche Raum, der dafür zur Verfügung steht, sollte darum durch eine Verkürzung dieser Zeit nicht zu knapp werden, denn dadurch wird diese überaus wichtige Gelegenheit für eine bessere authentische Information verkürzt. Man darf auch nicht vergessen, dass die Wähler über die Generalkongregationen hinaus Zeit brauchen für Kontakte untereinander und mit kundigen Leuten.

Papst Benedikt XVI. bleibt zunächst bei dem auch bisher gültigen Zeitraum von 15 Tagen vor Konklavebeginn. Er überlässt es aber dem Kardinalskollegium (also allen Kardinälen, nicht bloß den Wählern: im Augenblick gegenüber 115 Wählern 208 Mitglieder des Kardinalskollegiums), eventuell den Anfang des Konklaves vorzuziehen, wenn alle Papstwähler anwesend sind. Der Papst übergibt also - mit guten Gründen - dem Kardinalskollegium die Verantwortung für ein solches Vorziehen der Wahl. Für einige Tage kann man bei schwerwiegenden Gründen auch den Anfang der Wahl aufschieben.

Ich möchte hier die anderen Bestimmungen dieses wohl letzten amtlichen Textes von Papst Benedikt XVI. nicht näher darstellen oder kommentieren. Im Wesentlichen wird die Abschirmung und Sicherheit des Konklaves in vieler Hinsicht verstärkt.

Mit diesem Apostolischen Schreiben vom 22. Februar 2013 hat der Papst der Kirche einen letzten Dienst für die Wahl eines Nachfolgers erwiesen.

(c) Karl Kardinal Lehmann, Bischof von Mainz

Diesen Kolumnenbeitrag lesen Sie auch in der aktuellen Ausgabe der Mainzer Kirchenzeitung "Glaube und Leben" vom 3. März 2013.

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz