Neuauflage der Texte der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland

Am Rande der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda am 25. September 2012

Datum:
Dienstag, 25. September 2012

Am Rande der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda am 25. September 2012

Aus dem Pressegespräch bei der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda anlässlich der Vorstellung einer Neuauflage der Texte der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland („Würzburger Synode", 1971-1975) dokumentieren wir das Statement von Kardinal Lehmann im Wortlaut. Das Statement wurde vom Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, P. Dr. Hans Langendörfer SJ, verlesen.

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Jedes Konzil braucht Zeit für eine Umsetzung der Beschlüsse in den Teilkirchen, aber auch für die Verwurzelung im Blick auf die konkreten kulturellen und gesellschaftlich-politischen Situationen. Bei einem Konzil, das ganz bewusst nicht primär Entscheidungen über strittige Fragen der Lehre und der Kirchendisziplin vollzogen hat, sondern den „pastoralen" Charakter im Sinne eines Dialogs mit der modernen Welt hervorhebt, ist diese Notwendigkeit der Beheimatung noch dringlicher. Die „Inkulturation" erfolgte dann auch in Kontinenten, Sprach- und Kulturräumen, Nationen sowie Kirchenprovinzen bzw. Diözesen.

Es gab auch bei uns zuerst das Modell der Diözesansynoden, zum Beispiel Hildesheim. Großen Eindruck machte die Zweite Vollversammlung der Lateinamerikanischen Bischofskonferenzen 1968 in Medellín (Kolumbien), wo in besonders konkreter Form die Verwurzelung in diesem großen Halbkontinent gelang. Das Holländische Pastoralkonzil tagte von 1968 bis 1970 und übte natürlich aus der unmittelbaren Nachbarschaft einen größeren Druck aus, auch bei uns etwas Ähnliches zu versuchen. Dieses Pastoralkonzil wurde bereits 1966 einberufen, also knapp ein Jahr nach Konzilsende. So war es nicht überraschend, dass das Thema eines synodalen Prozesses auf dem 83. Deutschen Katholikentag vom 4. bis 8. September 1968 in Essen außerordentlich viel Interesse fand. Als die nach Essen eingerichtete „Gemeinsame Studiengruppe" zu Beginn des Jahres 1969 der Deutschen Bischofskonferenz die Abhaltung einer Synode empfohlen hatte und einige Strukturelemente skizzierte, hat die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz bereits einen Monat später die Abhaltung einer Synode beschlossen. Ungefähr zur gleichen Zeit sind Initiativen zu ähnlichen Synoden in der ehemaligen DDR, in der Schweiz und in Österreich ergriffen worden. Die Strukturen und Verfahren zur Beschlussfassung waren recht verschieden, die Themen zeigten eine hohe Ähnlichkeit. Alle Versammlungen hatten mit einer Überfülle angemeldeter Themen zu kämpfen, ähnlich wie das Zweite Vatikanische Konzil. So ergaben sich bei der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland am Ende aus über 80 beantragten Themen 18 Beschlüsse der Vollversammlung und - davon in der Verbindlichkeit herabgesetzt, weil in der Vollversammlung auch nicht behandelt - sechs sogenannte „Arbeitspapiere" mit der Autorität der Sachkommissionen.

Zehn Monate nach Abschluss der letzten Vollversammlung erschien ein umfangreicher Band im Verlag Herder Freiburg i. Br. mit den Beschlüssen der Vollversammlung von insgesamt 928 Seiten als Offizielle Gesamtausgabe (später mit dem Zusatz: I). Ein ursprünglich nicht vorgesehener Ergänzungsband mit den genannten Arbeitspapieren der Sachkommissionen erschien 1977 mit 330 Seiten. Dort sind auch wichtige allgemeine Dokumente der Synode abgedruckt (Verzeichnis der Mitglieder und Berater, Zusammensetzung der Sachkommissionen, Organe der Synode, Sachregister usw.), soweit sie nicht schon in Band I zur Kenntnis gegeben wurden.

Der Hauptband erreichte in rascher Folge zwischen 1976 und 1989 sieben Auflagen, die jeweils durchgesehen, verbessert und zum Teil auch ergänzt worden sind. Auch der Ergänzungsband erzielte in relativ rascher Folge von 1977 bis 1985 vier Auflagen, die ebenfalls durchgesehen, verbessert und ergänzt worden sind. Außerdem gab es eine Heftreihe mit den einzelnen Texten, auch der Arbeitspapiere. Dies war natürlich sehr hilfreich vor allem für die Bildungsarbeit mit den Texten. Es wurden aber keine Nachdrucke der beiden Bände mehr aufgelegt. Die Texte wurden zudem auf der Internetseite der Deutschen Bischofskonferenz (www.dbk.de) verfügbar gemacht. Immer wieder entstand der Wunsch, dass man die verabschiedeten Texte auch in gedruckter Form wieder erwerben kann.

Dies ist der Hintergrund für die Neuausgabe, die jetzt vorliegt. Wir haben den letzten Stand der oben angezeigten beiden Bände zugrunde gelegt, also in der Regel die Zeit um 1977. Für die Zeit danach muss man auf Informationswerke in der wissenschaftlichen Literatur, auf die Amtsblätter, die theologischen Veröffentlichungen insgesamt und die elektronischen Informationsmöglichkeiten verweisen.

Wir wollten die Bände in der Fassung lassen, die den ersten Auflagen zugrunde lag. Die Einleitungen zu den einzelnen Texten entstammen der unmittelbaren Kenntnis ihrer Genese und der ersten Wirkung der verabschiedeten Texte. Sie sind weitgehend von beteiligten Synodalen und Beratern, also Zeitzeugen, verfasst. Sie haben auf jeden Fall einen bleibenden objektiven Dokumentationswert. Umso wichtiger sind die im Gang befindlichen Forschungen zur Entstehung der Synodentexte und zum Kontext der kirchlichen Zeitgeschichte. An mehreren Universitäten und Hochschulen sind solche Forschungsprojekte in Arbeit. In den bisherigen Veröffentlichungen zur Erforschung der Synode finden sich auch Bibliografien, wenn sie nicht auf anderem Weg erreichbar sind.
Schließlich sollen noch drei Fragen angesprochen werden.

Eine Aufmerksamkeit verdienen immer noch die sogenannten Voten der Synode. Damit ist eine besondere Form der Beschlussfassung bezeichnet, wenn Teile einer Vorlage über das geltende kirchliche Recht hinausgehen, also der gesamtkirchlichen Regelung vorbehalten sind und darum nur als Antrag bzw. Bitte (= Votum) an den Apostolischen Stuhl gerichtet werden können. Bereits der erste Beschluss über die sogenannte „Laienpredigt" musste in Form eines solchen Votums gefasst werden. Insgesamt sind 16 solcher Voten formuliert worden. Die Bischöfe haben sich immer wieder um eine Antwort aus Rom bemüht. Die Kurie hat jedoch immer wieder darauf hingewiesen, dass man die Voten im Zusammenhang der laufenden, schließlich 1983 abgeschlossenen Revision des Kirchlichen Gesetzbuches erörtere und prüfe. In der Vielzahl der weltweit eingereichten Vorschläge und Modi ging aber offensichtlich ein Großteil der Voten unter. Es wäre eine eigene Studie notwendig, um das Schicksal dieser Voten in den bisherigen vier Jahrzehnten des kirchlichen Lebens aufzuklären. Die Antwort darauf hat für das Verhältnis zwischen der Gemeinsamen Synode und der Leitung der Gesamtkirche zweifellos Gewicht.

Eine wichtige Frage betrifft auch den Unterschied der Beschlüsse der Vollversammlung und der Arbeitspapiere der Sachkommissionen. Oft hat man sich gefragt, ob diese zweifellos mit einem geringeren Grad an Verbindlichkeit ausgestatteten Arbeitspapiere überhaupt veröffentlicht werden sollen. Es war auch in der Deutschen Bischofskonferenz 1976 nicht einfach, dafür Zustimmung zu erhalten. Das Ganze der Synode mit den verschiedenartigen Intentionen, den thematischen Prozessen und den kirchenpolitischen Dimensionen kann man jedoch nur durch einen Einblick in diese sogenannten Kommissionspapiere erreichen, auch wenn sie nicht formell auf der rechtlichen Höhe der Beschlüsse der Vollversammlung stehen. Sie gehören zum Ganzen der in Angriff genommenen Beratungsgehalte der Synode. Wichtige Themen der „Arbeitspapiere" dürfen darum in einer Gesamtbilanz nicht einfach fehlen. Ich nenne zum Beispiel nur den Text über „Das katechetische Wirken der Kirche" oder auch „Sinn und Gestaltung menschlicher Sexualität".

Wir haben auch länger überlegt, ob wir nicht in eine gegenwärtige Gesamtausgabe die Texte der Pastoralsynode der katholischen Kirche in der Deutschen Demokratischen Republik aufnehmen sollten. Auch wenn damals diese Pastoralsynode in ihren Möglichkeiten beschränkt war und die Kontakte zu den Verantwortlichen unserer Schwesterkirche in der DDR sehr spärlich waren, so gab es doch gewisse Abstimmungen. Aber die Synode in der DDR muss eigens dargestellt und kommentiert werden, was bisher überhaupt nicht stattgefunden hat. Wir überlegen eine eigene Ausgabe der Texte der Pastoralsynode, die vielleicht dann auch vergleichbare Einführungen erhalten und in der Struktur ähnlich sein könnte. Wir wollten jedenfalls bei der gegenwärtigen Erinnerung an die Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren (11. Oktober 1962) auch die Tätigkeit der Gemeinsamen Synode vor 40 Jahren (1971-1975) nicht aus dem Auge verlieren. Die Neuausgabe will dafür ein nützliches Hilfsmittel sein.
Dies gilt nicht nur für die Vergangenheit oder für die Jubiläumsfeierlichkeiten. Das Abhalten von Synoden, ganz abgesehen von den römischen Bischofssynoden in ihrer Vielfalt, wird gewiss auch in Zukunft ein wichtiges Element der kirchlichen Wirklichkeit bleiben. Ich bin dankbar, dass es durch das gute Zusammenwirken mit dem Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz und dem Verlag Herder, der auch bisher das Werk betreut hatte, zu dieser Neuausgabe kam. Es ist gewiss bei der derzeitigen Bemühung um einen konstruktiven Rückblick auf die vergangenen vier bis fünf Jahrzehnte eine wichtige Hilfe, die uns auch helfen kann, unsere gegenwärtigen und künftigen Aufgaben besser erkennen zu können.

Gewiss sind manche Beschlüsse von damals nicht mehr so tauglich für unsere unmittelbare Gegenwart. Manche Texte, wie z.B. über den Schulischen Religionsunterricht, haben jedoch einen wichtigen Dienst getan. Einige Texte bleiben auch in Zukunft inspirierend, wie das Grundsatzdokument „Unsere Hoffnung". In jedem Fall sind es wichtige Stationen auf dem Weg des Volkes Gottes in unserem Land während der vergangenen vier Jahrzehnte.

Ich danke dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Herrn Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, und ihrem Sekretär, Herrn P. Dr. Hans Langendörfer SJ, für das rasche und zielführende Einvernehmen für diese Neuausgabe. Herrn Stephan Weber vom Verlag Herder danke ich für die kompetente Betreuung dieser Neuausgabe. Ich wünsche der Neuausgabe freundliche und wohlwollende Leserinnen und Leser, die Ähnlichkeit und Unterschied der damaligen Zeit zu unserer aktuellen Gegenwart im Auge behalten. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und zugleich für Ihre Hilfe bei der Information der Öffentlichkeit über die Neuausgabe dieser Texte.

(c) Karl Kardinal Lehmann

Externe Links

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Das Buch auf den Seiten des Herder-Verlages

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

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