Predigt zur Weihe des Ständigen Diakons Dieter Mackrodt

am 14. Mai 2005 im Hohen Dom zu Mainz

Datum:
Samstag, 14. Mai 2005

am 14. Mai 2005 im Hohen Dom zu Mainz

Lieber Mitbruder Dieter Mackrodt

mit Ihrer verehrten Frau, Ihrem Sohn, Ihren Töchtern, Familienangehörigen, Freunden,

meine lieben Schwestern und Brüder im Herrn!

Dankbar und froh dürfen wir sein in diesen Tagen, wenn wir nach vier Jahrzehnten auf das Zweite Vatikanische Konzil zurückblicken, das uns in den Beschlüssen den Beruf des Ständigen Diakons geschenkt hat, ob nun verheiratet oder unverheiratet. Das kirchliche Amt hat in seiner Mitte immer wieder den Grundgedanken, der auch im Diakonat steckt, dass nämlich das Amt nichts anderes sein darf als wirklich dienende Liebe. Diakon ist der Knecht, der Knecht Jesu Christi, der Diener der Liebe. Dafür gibt es viele Formen und viele Dienste, angefangen vom Papst bis zu allen pastoralen Berufen, die wir haben, ob Männer oder Frauen, ob Jung oder Alt. Es geht immer wieder um das eine und selbe, und dennoch hat jeder Beruf auch sein ganz konkretes Profil.

Der Ständige Diakon ist im Allgemeinen dadurch gekennzeichnet, dass er in Ehe und Familie lebt, aus seinem Beruf kommt mit seiner ganz konkreten Erfahrung in unserer Welt und – sei es hauptamtlich oder nebenberuflich – den Dienst am Evangelium tut. Dafür bringt jeder aus dem Beruf, den er hat, Erfahrungen und Einsichten mit und kann sie fruchtbar machen gerade auch im Gespräch mit Menschen, die er dadurch vielleicht besser versteht. So freuen wir uns, dass wir in jedem Jahr immer wieder Mitbrüder finden, die diesen Weg gehen. Wir stehen heute vor der Tatsache, dass wir nur einen Ständigen Diakon zur Weihe haben, aber – Gott sei Dank – haben wir diesen Mitbruder, der in die Schar der anderen aufgenommen wird. Lieber Herr Mackrodt, wir freuen uns, dass Sie mit Ihrer Familie und auch mit Ihren Kollegen aus der PSD Bank diesen Schritt hierher gemacht haben. Es ist bei Ihnen schon ein längerer Weg, den Sie auch im Gespräch mit Freunden, mit den Pfarrern, gehen.

Sie haben als Motto dieses Tages – wir haben es in der Lesung ausführlicher aus dem Alten Testament gehört – das Wort ausgesucht: Herr, schenke deinem Diener ein hörendes Herz. Und etwas später in derselben Lesung heißt es: Schenke mir ein weises und verständiges Herz. Das ist offenbar nicht selbstverständlich, dass wir ein hörendes, weises, verständiges Herz haben. Ja, meine lieben Schwestern und Brüder, von Hause aus sind wir oft eigensinnig und widerspenstig, gar nicht hörend. Beim Hören dürfen wir hier nicht nur daran denken, dass wir Worte und Laute hören, sondern dass wir Menschen sind, die wahrnehmen können, sehen können, hören können, wo man sonst weghört, wo man sonst wegguckt, einen Bogen drum macht. Wir sollen gerade auch das wahrnehmen, was man nicht so gerne sieht, und was man nicht so gerne hört: wenn ein anderer leidet, still, wenn man ihn erst entdecken muss in seinem Leiden. So ist es mit vielem anderen. Wir brauchen wirklich ein Herz, das entdeckt, das sieht, das hört, und das dabei auch Mitleid empfindet. Es ist nicht ein Mitleid von oben herab, sondern ein Mitleid-en, das sich wirklich in die Reihe der Schwestern und Brüder stellt und Verständnis empfindet: hört, weise ist, sich nicht überhebt, verständig ist. Darum ist es auch so wichtig, dass an dieser Stelle gesagt wird, was denn dieses „weise sein“ und „verständig sein“ bedeutet. Da kann man sogar überrascht sein über die Antwort, die wir bekommen: Der Herr möge Einsicht geben und den Sinn für das Recht. Dies sind Dinge, die uns fast selbstverständlich erscheinen, aber ganz und gar nicht selbstverständlich sind in unserem Leben.

Einsicht hat man dann, wenn man wirklich bereit ist, eine Sache von innen her kennen zu lernen, nicht einfach von außen her zu betrachten, sondern von innen her zu verstehen. Einsicht heißt aber auch, dass wir erkennen, wenn wir uns anders orientieren müssten: Wenn wir einen falschen Weg eingeschlagen haben, dass wir umkehren können, Einsicht zeigen. So versteht es schon in der klassischen Antike der Philosoph Platon. Einsicht haben, das bedeutet – merken, wo wir stehen, wer wir sind, was jetzt fällig ist, nicht hinauszögern, nicht flüchten, sondern konsequent sein. Wir brauchen immer ein hörendes Herz, wenn wir auf das Evangelium hören, das uns von der Hoffnung für alle Menschen kündet. Es ist ein ganz wichtiger Satz in der Ermahnung an den Weihekandidaten, ein Wort aus der Heiligen Schrift: Lass dich nicht abbringen, von der Hoffnung, die uns verbürgt ist!

Meine lieben Schwestern und Brüder, das ist, was das hörende Herz braucht, diese Ermutigung: Lass dich nicht abbringen von der Hoffnung, die für uns verbürgt ist! Da ist so vieles, was diese Hoffnung verstellt, sie zudeckt, sie auch missverständlich macht; wo sie auch missbraucht wird; wo daraus ein blanker primitiver Optimismus um seiner selbst willen wird. Nein, Hoffnung ist viel mehr. Hoffnung ist auch für die Hoffnungslosen da, jedenfalls in Jesus Christus, und in dieser Hoffnung für alle Menschen. Das ist der schönste Dienst, den man tun kann als Christ und in jedem Amt, nicht zuletzt als Ständiger Diakon: Dass wir uns von dieser Hoffnung nicht abbringen lassen. Dafür brauchen wir ein hörendes Herz, ein weises, das sich nicht betrügen lässt, ein verständiges Herz, das bereit ist zu verstehen, zu verteilen, freilich auch mahnen kann, damit wieder jemand auf den Weg findet. Dafür wollen wir ganz besonders bitten.

(c) Karl Kardinal Lehmann

Es gilt das gesprochene Wort

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz