Wer einen persönlichen Bezug hat, wer selbst auf eine der Schulen ging oder wessen Kinder die Schule besuchen, den treffen unsere Absichten hart.

Zum Thema Strukturwandel im Bildungsbereich des Bistums Mainz

Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz, Generalvikar des Bistums Mainz (c) Bistum Mainz / Feldmann
Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz, Generalvikar des Bistums Mainz
Datum:
Di. 6. Okt. 2020
Von:
Weihbischof Udo Bentz

"Danke für die vielen nachdenklichen, auch für die engagiert-emotionalen Kommentare seit meinem Beitrag zu unsren geplanten Strukturmaßnahmen bei Schulen und Tagungshäusern." schreibt Weihbischof Bentz in einem Facebook-Posting als Antwort auf die vielen Kommentare.

Wer einen persönlichen Bezug hat, wer selbst auf eine der Schulen ging oder wessen Kinder die Schule besuchen, den treffen unsere Absichten hart. Auch die Lehrerinnen und Lehrer, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich kann die Frage nachvollziehen: Warum ausgerechnet unsere Schule? Warum unser Tagungshaus?

Auf alle gestellten Fragen, geäußerten Bedenken und Vorwürfe kann ich mit diesem neuen Beitrag nicht eingehen. Ich bitte Sie, sich ausführlich auf unsrer Homepage zu informieren. Dort finden Sie alle ausführlichen Informationen und Hintergründe! Dennoch will ich hier auf wiederholte Fragen und Stellungnahmen reagieren.

Hier ein kurzer Faktencheck:

Weiterhin viel Geld für die Schulen!

Derzeit investieren wir ca. 65 Mio Euro Kirchensteuermittel in Schulen pro Jahr. Die Refinanzierungen durch den Staat sind dabei schon abgezogen. Das ist der zweitgrößte Haushaltsposten nach den Gemeinden (derzeit erhalten alle Pfarreien zusammen mit allen Personalkosten ca. 85 Mio Euro). Künftig wird das Bistum weiterhin ca. 50 Mio Euro Kirchensteuermittel jährlich investieren (zum Vergleich: KiTa‘s bekommen 24 Mio, Caritas 20 Mio). Man kann nicht sagen, uns seien Bildung und unsere Schulen in Zukunft nichts mehr wert! Die Schulen bleiben weiterhin der zweitgrößte Investitionsbereich im Bistumshaushalt! 
Wir werden weiterhin mit Schulpastoral, außerunterrichtlichen Angeboten und natürlich auch durch engagierte und vom christlichen Glauben überzeugte Lehrerinnen und Lehrer - nicht nur im Religionsunterricht - in möglichst allen Schulen präsent sein - nicht nur in denen unsrer eigenen Trägerschaft! Gerade auch in den Schulen, für die sich jetzt Trägerwechsel abzeichnen.

Harter Sparzwang!

In den nächsten 10 Jahren müssen wir einen jährlichen Einsparbetrag von ca. 50 Mio Euro erreichen, um verantwortlich und nachhaltig unseren Verpflichtungen nachkommen zu können. Es trifft nicht nur die Schulen. Es werden Schritt für Schritt alle pastoralen Bereiche auf den Prüfstand gestellt - natürlich nicht nur Schulen und Tagungshäuser. Es werden z.B. auch nach und nach alle Gebäude und Immobilien, auch andere Einrichtungen und die Pfarreien auf den Prüfstand gestellt.

Kein Kahlschlag!

Das Bistum hat derzeit 18 Schulen in Trägerschaft. Nach der Umsetzung der geplanten Maßnahmen werden es weiterhin 13 Schulen sein. Unsere Nachbarbistümer haben z.B. deutlich weniger Schulen in eigener Trägerschaft - wir werden weiterhin ein „Schulbistum“ bleiben. 
In der Stadt Mainz wird es weiterhin 2 Martinus-Grundschulen, eine Realschule, weiterhin Gymnasien und berufsbildende Schulen geben. Es wird derzeit auch geprüft, das Konzept der Familienklassen in der Grundschule der Weißliliengasse zu übertragen auf eine andere Martinus-Grundschule. Das alles ist - mit Verlaub - kein Kahlschlag, aber ein schmerzhafter Einschnitt!

Keine Geheimnistuerei!

Es ist immer so, dass man bei solchen komplexen Entscheidungsprozessen zunächst in einem begrenzten Kreis berät, Alternativen bedenkt, Szenarien abwägt, Fakten prüft etc. Wir sind mit keinen „fertigen“ Entscheidungen an die Öffentlichkeit gegangen, aber mit klaren und gut geprüften Zielvorstellungen. Unser Anliegen ist es, möglichst tragfähige Zukunftsperspektiven und Lösungen für unsere Schulen und alle Beteiligten zu entwickeln. Dafür braucht es Partner. Diese dürfen aber nicht unter einen falschen Entscheidungsdruck geraten. Das wäre nicht fair! Das schadet auch möglichen Zukunftsperspektiven unsrer Schulen. Auch unsere möglichen Partner müssen den Freiraum haben, zu prüfen, sich eine Meinung zu bilden etc. Dann kommt der Punkt, an dem der Kreis der Beteiligten möglichst früh geöffnet werden soll. Wir sind bereits dann mit unseren Absichten an die Öffentlichkeit gegangen, als wir eben noch keine „fertigen Lösungen“ hatten - um der Transparenz der derzeitigen Überlegungen willen und auch, um jetzt - nach nötigen Vorklärungen - alle einbinden zu können, die an möglichen Zukunftslösungen mitwirken wollen. Es gibt nie den idealen Zeitpunkt, solche schwierigen Überlegungen zu veröffentlichen.

Warum ausgerechnet wir?

Ich kann einerseits gut verstehen, dass man wissen will: Warum trifft es ausgerechnet uns? Unsere Schule? Unsere Einrichtung? Wir haben lange und intensiv über Kriterien für solche Maßnahmen diskutiert. Ich habe großen Respekt vor der Expertise, die im Vorfeld intern und mit externen Beratern zusammengetragen wurde. In vielen Gesprächen wurden die unterschiedlichen Aspekte abgewogen: inhaltliche und konzeptionelle Abwägungen; betriebswirtschaftliche Aspekte, die man nicht ausblenden kann; regionale Überlegungen; der Erhalt der Vielfalt an Schultypen; notwendige Investitionsbedarfe; realistische Lösungsansätze für weiterführende Zukunftslösungen. Klar, all diese Kriterien werden je nach Perspektive unterschiedlich gewertet. Wer selbst betroffen ist, wertet anders als der „neutrale Berater“ von außen. Dennoch braucht es die Abwägung und den Blick für das Ganze und die Einordnung der Einzelentscheidungen in das strategische Gesamtkonzept. Ich hoffe, dass auch diese Seite des Gesamtprozesses im Laufe der Zeit besser wahrgenommen werden kann.

Was mich nachdenklich macht

Egal, an welcher Stelle und wie man solche schmerzhaften Einschnitte vornimmt, immer sind Menschen davon existentiell betroffen. Niemand von den Verantwortlichen im Bistum tut sich damit leicht. Sie können glauben, dass wir auch intern hart gerungen und sehr sorgfältig und verantwortlich abgewogen, überlegt und dann aber auch gemeinsam entschieden haben. Ich kann solchen schmerzhaften Entscheiungen nicht ausweichen. Will ich meiner Verantwortung als Ökonom gerecht werden, muss ich solche schwierigen Entscheidungen treffen. Ich kann verstehen, dass man sagt: Sparen - ja klar, aber bitte nicht bei uns! Bei wem dann? Ich habe noch niemanden im Bistum getroffen, der mir gesagt hat: Bei uns können Sie gerne sparen! Wie aber können wir den Bistumshaushalt auf eine zukunftsfähige Basis bringen, wenn nicht an verschiedenen (!) Stellen möglichst gut abgewogen schwierige Einschnitte geschehen? Für jede Entscheidung gibt es ein berechtigtes Pro und Contra. Aber auch hier braucht es die Bereitschaft aller, neben der eigenen Betroffenheit das Ganze in den Blick zu nehmen.

Meine Gedanken sind bei den Schülerinnen und Schülern, den Eltern, den Lehrenden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die jetzigen Reaktionen zeigen, welche hohe Wertschätzung unsere Schulen und Einrichtungen genießen und welche Identifikation es auf breiter Basis gibt! Dafür bin ich dankbar. Ich spüre, uns allen liegt gemeinsam am Herzen, dass es auch künftig eine echte plurale Bildungslandschaft gibt, mit verschiedenen Trägern, dass es konfessionelle Schulen gibt, die Kindern und Jugendlichen und ihren Familien Werteorientierung aus dem Evangelium, Begleitung und Nähe geben. Bei allen nicht zu leugnenden Sachzwängen, ziehen wir in dieser Hinsicht an einem Strang. Unser Bemühen ist es, die Möglichkeiten des Bistums zu stärken, weiterhin hochqualifizierte Bildung anzubieten. Wir wollen aber auch mit den politisch Verantwortlichen über notwendige Maßnahmen und Rahmenbedingungen sprechen, damit eben diese plurale Bildungslandschaft in Rheinland-Pfalz und Hessen Zukunft hat.

Danke für Ihre Geduld, diese Gedanken, die mich bewegen, zu lesen und mitzubedenken!

Informationen und Hintergründe

Der Facebook-Post von Weihbischof Bentz am 30. September

(c) Bistum Mainz / Blum

Ein schwerer Tag für mich. Es ging mir nah, war mir aber sehr wichtig, auch persönlich die Lehrerinnen und Lehrer am Ketteler-Kolleg und der Martinus-Schule in Gonsenheim über unsere Pläne zu Strukturveränderungen im Bildungsbereich im Bistum Mainz zu informieren. Es sind schmerzhafte, aber notwendige Entscheidungen, die bevorstehen. Ich spüre das hohe Engagement und die hohe Identifikation der Lehrerkollegien mit ihren Schulen. Das gilt auch für die anderen Schulen, die betroffen sind: Martinus-Schule Weißliliengasse, Hildegardis-Schule Bingen und die Liebfrauenschule in Bensheim. Ich bin froh, dass es bereits sehr konstruktive Gespräche mit der Stadt Mainz, den Landkreisen und den Kultusministerien in RLP und Hessen gibt, um möglichst rasch die Unsicherheit zu überwinden und zu verlässlichen Perspektiven für alle Beteiligten zu finden.
Profilierung durch notwendige Konzentration - das gilt auch für die Bildungs- und Tagungshäuser St. Gottfried in Ilbenstadt, Kardinal-Volk-Haus in Bingen und Haus am Maiberg in Heppenheim. Mit dem Jakobsberg wollen wir ein innovatives Hauskonzept etablieren, das vieles von dem, was uns wichtig ist, auf neue Weise weiterführt. Das ist für mich mehr als eine „Verwaltungsentscheidung“, es geht um die schwierige Aufgabe: angesichts der veränderten Ressourcen weiterhin profiliert Bildung anzubieten. Es geht um Menschen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Schülerinnen und Schüler und ihre Familien... Ich hoffe, dass wir auf diesem schwierigen Weg zwar schmerzhafte aber gute Schritte in die Zukunft gehen können. Kirche verändert sich, der Weg der Veränderung verlangt vieles. Danke für ein kritisches, aber auch konstruktives Mitgehen.