Schmuckband Kreuzgang

Feinfühliger Orgel-Virtuose

Jorin Sandau konzertierte in St. Bonifatius 

Regionalkantor in Darmstadt: Jorin Sandau (c) Fotostudio Hirch
Datum:
Mo. 13. Nov. 2023
Von:
Henning Stahl

Zu Gast im 8. Kirchenkonzert des Regionalkantorats Wetterau war Jorin Sandau, Regionalkantor an der Innenstadtkirche St. Ludwig in Darmstadt. In der Bad Nauheimer St. Bonifatiuskirche begeisterte er mit einem klug zusammengestellten Programm und erwies sich bei seinem virtuosen Spiel auf der wunderbaren Link-Orgel unter voller Ausnutzung der gesamten dynamischen Palette als Meister der fein abge-stimmten Klangfarben.

Spiegelsymmetrisch und klug zusammengestelltes Programm

Genau in die Mitte seines Programms hatte Sandau die »Triosonate Nr. 3 in d-Moll« des Leipziger Großmeisters Johann Sebastian Bach gesetzt und trug diese mit subtil gewählter Registrierung und in zügigen Tempi vor – im durchsichtigen Klang konnte man die Einzelstimmen gut verfolgen.

Spiegelsymmetrisch vor und hinter dieser Sonate des Thomaskantors ordnete er die drei Choräle „Schmücke Dich, o liebe Seele“, „Herzlich thut mich verlangen“ und „O Welt, ich muss dich lassen“ an, und zwar die Bearbeitungen dieser Choräle op. 122 von Johannes Brahms vor der Bach-Sonate und dahinter in umgekehrter Reihenfolge die Bearbeitungen op. 67 von Max Reger. Diese durchdachte Auswahl ermöglichte den interessierten Hörerinnen und Hörern einen spannenden musikgeschichtlichen Vergleich der Kompositionsweisen der Romantik und der gemäßigten Moderne. Da beide Komponisten zudem als Stilmittel verschiedene Echowirkungen gewählt hatten, setzte Jorin Sandau unterschiedliche Registergruppen der Link-Orgel nacheinander ein und konnte damit feinste dynamische Abstufungen erreichen.

Anfang und Schluss funktionsgerecht ausgewählt

Mit der  Wahl der »II. Sonate c-Moll op. 65« von Felix Mendelssohn-Bartholdy als Konzertbeginn und der 1930 entstandenen »Sonata eroïca op. 94« des belgischen Komponisten Joseph Jongen als Konzertabschluss vervollständigte Sandau die spiegelsymmetrische Anordnung seiner Werkauswahl, und das geschah funktionsgerecht: Die eher sanfte Komposition Mendelssohns mit ihrem „Hochzeitsmarsch der anderen Art“ und ihrer beeindruckenden Fuge führte die Zuhörerschaft behutsam in die vorgesehenen Klangwelten ein, während die spieltechnisch höchst anspruchsvolle »Eroïca« von Jongen mit grell-eruptiven Akkordschlägen, rasanten Läufen und enormer dynamischer Bandbreite eigentlich als fulminanter Konzertabschluss vorgesehen war.

Meisterhafte Improvisation als Zugabe

Doch die begeisterten Anwesenden erbaten mit ihrem anhaltenden Applaus eine Zugabe, und Jorin Sandau kam dem Wunsch nach und improvisierte unter Verwendung bekannter Melodien einen der Jahreszeit entsprechenden Ausklang: Musikalisch teilte er mit, über novemberlich-fahlen Wolken sei »der Mond aufgegangen«; danach ließ er  Kinder mit ihren »Laternen gehen«, den »Heiligen Martin« besingen, kehrte zum »Mond« zurück und wünschte zum Abschluss »Guten Abend, gut‘ Nacht«.

Mit diesem grandiosen Konzert hatte der Darmstädter den Bad Nauheimer Kirchenmusikfreunden ein Erlebnis geschenkt, das noch lange nachklingen wird.