Erntedank in St. Josef

Liebe Gemeinde!

Ein Pfarrer besuchte die Felder eines seiner Gemeindemitglieder. Das Land war in ausgezeichnetem Zustand und eine gute Ernte mit Sicherheit zu erwarten. Mehrmals benutzte der Pfarrer die Gelegenheit, den Besitzer zu dieser Situation zu beglückwünschen, und so sagte er öfters: »Du und der Herr haben hier sicher eine prima Arbeit geleistet.« Als der Pfarrer ging, konnte der Bauer, der schon immer ein wenig gelächelt hatte, sich nicht länger zurückhalten: »Ja, Herr Pfarrer, was sie sagen, ist schon wahr. Aber ich wollte, sie hätten diese Felder vor fünf Jahren gesehen, als der Herr sie ganz alleine bearbeitete!“

Ein humorvoller Zugang zum Erntedankfest, das in unserer Zeit mit gemischten Gefühlen gefeiert wird: Für die einen sind die Bilder von Hunger und Elend, von Missernten und Dürrekatastrophen so lebendig, dass sie sich schwer tun mit frommen Sprüchen mit überschwänglichem Jubel über die Güte Gottes. Sie dürfen in dieser Geschichte den Protest heraushören gegen die Menschen, die die Hände in den Schoß legen und „nur“ den lieben Gott walten lassen, die sich um die Verantwortung und den Einsatz für eine bessere Welt drücken.

Die anderen haben zu deutlich vor Augen, wie menschliches Leistungsdenken die Schöpfung in die Erschöpfung getrieben haben, als dass sie das Heil allein vom Menschen erwarten könnten. Sie entdecken in unserer Geschichte das feine Gespür dafür, dass eben auch wahr bleibt: Der Mensch kann sein Leben nicht produzieren, nicht machen. Er verdankt es einem anderen – und das befreit ihn von einem unmenschlichen Leistungsdruck.

Erntedank feiern – sich freuen an den Gaben der Natur und den Wunsch reifen lassen, aus Gottes Schöpfung das Beste zu machen.

Erntedank feiern – mit Liebe und Phantasie den Erntealtar schmücken und darum bitten, dass beides auch im alltäglichen Umgang mit der Schöpfung zum Tragen kommt.

Erntedank feiern – mit der augenzwinkernden, engagierten Gelassenheit des Bauern aus unserer Geschichte.

Ihr Martin Berker, Pfr.