In jeder StadtPost Neu-Isenburg gibt es ein „Wort der Woche". Pfarrerinnen, Pfarrer und Vertreter der Kirchengemeinden aus Neu-Isenburg teilen ihre Gedanken zur Jahreszeit, zu Entwicklungen in unserer Gesellschaft oder zu Dingen, die sie aus christlicher Sicht bewerten, mit.
Ein Schubs zur Menschlichkeit
Folgendes lass ich vor einiger Zeit: „Wir wollen etwas tun für eine bessere Nachbarschaft.“ Das sagte die Stadtverwaltung und erfand ein „Speed Dating“ für einen Stadtteil – also ein schnelles, zwangloses Kennenlernen von Menschen, die unter gleichen Dächern wohnen und sich oft nicht kennen. Schnelles Kennenlernen an einem Abend auf der Straße, vielleicht mit einem Getränk. Dabei erzählen wir einander, wo genau im Stadtteil wir wohnen, was wir machen und ob Menschen vielleicht bereit wären, anderen Hilfe anzubieten – oder Hilfe zu erbitten.
Es kam, wie beim „Speed Dating“ üblich, zu kurzen, schnellen Begegnungen. Man sah einander, tauschte sich kurz aus, ging vielleicht weiter zum Nächsten – manche blieben aber auch länger beieinanderstehen. Der Stadtteil belebte sich.“
Viele kennen sich nicht, selbst wenn sie im gleichen Haus wohnen. Es gibt eine gewisse Ängstlichkeit, andere anzusprechen – warum auch immer. Vielleicht möchte man nicht lästig erscheinen. Manchmal braucht es einen Schubs zu mehr Menschlichkeit.
Seit Familien kleiner geworden sind und eher weiter auseinander wohnen, hat die Nachbarschaft eine größere Bedeutung. Nicht alle Nachbarn sind freundlich; aber es kann doch wertvoll sein, sie zu kennen. Und manche sind hilfsbereiter, als man zunächst meint.
Wir brauchen einander. Das spüren Menschen eher in einem Notfall. Es tut gut zu wissen, dass ein anderer des andern Last tragen kann, wie Paulus es im Galaterbrief (Galater 6,2) schreibt. Als es in den letzten Sommern sehr heiß wurde, wurde sogar im Fernsehen darauf hingewiesen, dass man vielleicht mal bei älteren Nachbarn nachfragt, ob wohl alles in Ordnung sei. Niemand sollte sich anderen aufdrängen oder neugierig werden. Aber ein gewisses Interesse aneinander ist hilfreich fürs Zusammenleben. Gott mag Menschen, die auf andere achten.
Martin Berker, Pfarrer in St. Josef, Neu-Isenburg