Wort zur Woche

(Grün-)Kraft tanken

In einer Andacht für Senioren sammeln wir Gedanken und Assoziationen, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit dem Monat Mai verbinden. Neben Stichworten wie Maibaum, Maibowle, Erdbeeren und Spargel wird von den Personen auch erwähnt, wie schön grün nun alles wieder geworden ist. 

Die spürbare Freude des Sprechens über das Aufblühen der Natur zeigt, dass uns diese Jahreszeit tatsächlich auch so etwas wie ein Aufblühen verschafft.  

Hildegard von Bingen, eine Benediktinerin, Mystikerin und Naturforscherin des 12. Jahrhunderts, hat den Begriff der „viriditas“, Grünkraft, geprägt, die in der ganzen Schöpfung zu finden sei: Eine in der Natur wirkende „Kraft aus der Ewigkeit“, die Leben schafft, erhält und fördert. Gerade jetzt, wo die Natur voll im Saft steht, kann sie – so Hildegard - eine wichtige Energiequelle sein. Darum rät sie, möglichst viel Zeit draußen zu verbringen, um von dieser schöpferischen, regenerierenden Kraft aufzunehmen.

 Auch durch Widerstände und Hindernisse hindurch, drängt die „Grünkraft“ immer wieder ans Licht, bringt Leben zur Entfaltung. Im Garten lässt sich manchmal beobachten, wie sich ein winzig kleines Pflänzchen seinen Weg bahnt, sich durchsetzt.

Für Hildegard von Bingen ist die „viriditas“ Ausdruck der göttlichen Liebe. Gottes Geist ist in der Schöpfung; er ist die Kraft, die immer wieder Neues schafft.

Dies findet sich meines Erachtens auch sehr schön ausgedrückt in einem biblischen Wort des Propheten Jesaja: „Siehe, nun mache ich etwas Neues. Schon sprießt es; merkt ihr es nicht? Ja, ich lege einen Weg an durch die Wüste und Flüsse durchs Ödland.“ (Jesaja 43,19).

In diesem Text steckt eine hoffnungsvolle Verheißung, die fragen lässt:

Für welches Wüsten-, Ödland wünsche ich mir wieder neues, frisches Grün? Wo wünsche ich mir Verwandlung, Erneuerung?

Denn wir dürfen vertrauen: Gott ist die Kraft, die immer wieder Neues schafft….

Susanne Sturm, Gemeindereferentin Pfarrgemeinde St. Josef, Neu-Isenburg