Glocken

Glockenturm (c) Bistum Mainz

Glockenklang ist Teil der Kirchenmusik. Es stimmt als eine Art Präludium auf die Gottesdienste ein, gedenkt der Toten und läutet Sonn- und Festtage ein. Das Angelus-Läuten lädt darüber hinaus zum privaten Gebet ein.

Das Domgeläute besteht heute aus neun Bronzeglocken, die alle im Glockenstuhl des Westturms über der Turmuhr aufgehängt sind. Vier Glocken wurden 1809 gegossen, weitere vier stammen aus dem Jahr 1960. Seit Mai 2002 ertönt zudem die neue Heilig-Geist-Glocke. Das Geläute ist heute computergesteuert.

Geschichte

Der Mainzer Dom besitzt seit seinen Anfängen Glocken. Mehrfach wurden die Geläute zerstört und anschließend wieder neu errichtet. Schon in der romanischen Zeit besaßen die beiden großen Domtürme jeweils ein eigenes Geläut: Während die Glocken im Westturm die Stiftsgottesdienste anzeigten, diente der Ostturm ausschließlich dem Geläute für die Dompfarrei. Beim Besuch des Kaisers schallte das "Classicum", ein Vollgeläute aller Glocken, über die Stadt. Heute befindet sich nur noch im westlichen Vierungsturm eine Glockenstube.

Noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts hatte der Dom schätzungsweise 16 Glocken. Im Westturm hing mit der "Hosanna" aus dem Jahr 1298 die älteste und zweitgrößte Domglocke mit fünf Tonnen Gewicht. Mit rund neun Tonnen gehörte "Marienglocke" von 1490 zu den größten Glocken des Mittelalters überhaupt. Weiterhin bekannt sind die "Silberglocke" (1490) sowie die "Bemberle" genannte Glocke von 1618.

Im Ostturm hingen mindestens neun Glocken in einem sternförmigen Holzstuhl, darunter die "Bretzelglocke" (1407), die "Kreuz- und Gewitterglocke" (1491) und die größte mit der Bezeichnung "Zwölf-Uhr-Glocke" (1598).

Beim Turmbrand von 1767 wurde die Glockenanlage des Westturms zerstört. 1773 schuf der Mainzer Gießer Martin Roth ein neues Hauptgeläute mit vier Glocken und weiteren Sologlocken. Durch die Beschießung der Kathedrale 1793 wurden die Domglocken mit einer einzigen Ausnahme vernichtet. Doch auch die schwer beschädigte "Bonifatiusglocke" musste schließlich eingeschmolzen werden.

1809 konnte Bischof Colmar vier neue Glocken für den wiederaufgebauten Dom anschaffen und am 24. September weihen. Für die größte Glocke (Grundton b°) verwendete Glockengießer Joseph Zechbauer das Metall von drei preußischen Kanonen, die französische Truppen in der Schlacht von Jena und Auerstädt (1806) erbeutet hatten. Die Kanonen schenkte Napoleon I. dem Mainzer Bischof. Die Martinus-Glocke zeigt ein Bildnis des Heiligen, die Inschrift erinnert an den französischen Kaiser.

Alle vier Glocken entgingen während der beiden Weltkriege der Einschmelzung, ebenso blieb der große Eichenholz-Glockenstuhl aus dem Jahr 1809 original erhalten. Der letzte Mainzer Kurfürst-Erzbischof von Dalberg hatte ihn gestiftet.

1960 wurde der Klang von drei Glocken korrigiert und das Geläut um vier weitere Glocken ergänzt, die der Heidelberger Glockengießer Friedrich Wilhelm Schilling schuf. Nach zweijähriger technischer Sanierung des Glockenstuhls und musikalischer Korrektur vervollständigt seit 2002 die neue Heiliggeist-Glocke das Domgeläute.

Läutordnung

Es bestehen drei verschiedene Geläutklassen, die den Funktionen des Doms als Kathedralkirche des Bischofs (Pontifikalgeläute), Kirche des Domkapitels und Domstifts (Stiftsgeläute) und Pfarrkirche der Domgemeinde (Pfarrgeläute) entsprechen. Für Pfarrgottesdienste kommen bis zu vier Glocken zum Einsatz, für Stiftsgottesdienste bis zu sieben. Nur bei Pontifikalgottesdiensten schlägt darüber hinaus als achte, die dem heiligen Martinus geweihte Domglocke an. Für die verschiedenen Gottesdienstformen musizieren die Glocken in einem jeweils eigenen Zusammenspiel.

Stiftsämter im Advent und während der Österlichen Bußzeit haben ein abweichendes Geläute. An Karfreitag und Karsamstag schweigen die Glocken.

Neben dem unmittelbaren Ruf zum Gottesdienst läuten die Glocken Sonn- und Feiertage bereits am Vorabend um 18 Uhr mit dem Geläut des Hauptgottesdienstes des folgenden Tages ein. Biblisch gesehen beginnt der Tag schon mit dem Vorabend.

Abweichend davon kündigt ein zehnminütiges Festläuten aller neun Glocken die Feiertage Weihnachten, Pfingsten und Fronleichnam am Vortag bereits um 12 Uhr an. Ebenso werden der Jahreswechsel in der Silvesternacht sowie weitere besondere Ereignisse musikalisch angezeigt, etwa bei einer Papstwahl oder der Kardinalserhebung eines Mainzer Bischofs.

Ist die große Martinus-Glocke für 30 Minuten alleine zu hören, verkündet sie den Tod eines Papstes oder Bischofs. Ertönt die Martinus-Glocke für 15 Minuten, zeigt sie den Tod eines Mitglieds des Mainzer Domstifts an.

Angelus-Läuten

Jeden Tag erklingt morgens, mittags und abends die Willigis-Glocke jeweils dreimal eine Minute lang und lädt zum privaten Gebet ein. Die Abfolge entspricht dem Angelusgebet, das dreimal den Englischen Gruß "Gegrüßet seist du, Maria" (Ave Maria) vorsieht.

An den Festtagen Weihnachten, Ostersonntag, Pfingstsonntag, Fronleichnam und Allerheiligen läutet am Mittag die große Martinus-Glocke anstelle der Willigis-Glocke. Dem abendlichen Angelusläuten schließt sich mit dem Läuten der Heiliggeist-Glocke ein kurzes Totengedenken an.

Läutzeiten

Morgens: 6.15 Uhr werktags, 7.30 Uhr sonntags
Mittags: 12.00 Uhr
Abends: 18.30 Uhr