Joseph Vitus Burg (1768–1833)

1809–1821 Bischöflicher Vikar für die rechtsrheinischen Pfarreien des Bistums Straßburg

1827–1829 Domdekan in Freiburg

1828–1829 Weihbischof in Freiburg

1829–1833 96. Bischof von Mainz

 

Joseph Burg wurde am 27. August 1768 in Offenburg (Baden) als Sohn des Kaufmanns Joseph Burg und seiner Ehefrau Franziska Theresia Huber geboren. Nach dem Besuch des Offenburger Gymnasiums der Franziskanerkonventualen trat er 1787 zu Speyer in den Orden ein, in dem er den Namen Vitus erhielt, und studierte dann in Regensburg Philosophie, in Würzburg Theologie. Burg erwarb sich u. a. ausgezeichnete Kenntnisse auf dem Gebiet des kanonischen Rechtes und der Kirchengeschichte. Nach der Priesterweihe, die er am 26. September 1791 empfing, wurde Burg Professor am Gymnasium seines Ordens in Überlingen/Bodensee und nach der Aufhebung des Speyerer Konvents infolge der französischen Besetzung als Weltpriester (1797 mit apostolischer Dispens säkularisiert) 1799 Pfarrer von Pfaffenhofen bei Überlingen, danach Kaplan der Deutschordenskommende auf der Mainau. Von dort aus arbeitete er zugleich in der bischöflichen Kanzlei des benachbarten Konstanz.

1802 wurde Burg Pfarrer in Herthen bei Basel, wenig später zugleich Dekan des Landkapitels Wiesental. Burg hat sich dort in Verwaltung und Seelsorge, zugleich aber auch durch anregende Pastoralkonferenzen bewährt, die ihren Niederschlag in Wessenbergs Archiv für Pastoralkonferenzen fanden. 1809 wurde er Pfarrer in Kappel/Rhein, Dekan des Bezirksamtes Ettenheim und bischöflicher Kommissar für die 96 rechtsrheinischen Pfarreien des alten Bistums Straßburg, die nunmehr zum Großherzogtum Baden gehörten. 1810 wurde er badischer Dekan und Schulinspektor. Wegen seiner Verdienste um die kirchliche Verwaltung und um die Seelsorge promovierte die Freiburger Theologische Fakultät ihn 1812 aufgrund einer älteren Veröffentlichung zum Dr. theol.

Die kirchenpolitisch bedeutendste Phase des geschäftsgewandten und mit unverwüstlicher Arbeitsfreude begabten Burg begann nach dem Wiener Kongress, als die Mittelstaaten, Baden, Württemberg, Hessen-Darmstadt, Hessen-Kassel und Nassau in langwierigen Verhandlungen mit der Kurie die Schaffung von Landesbistümern betrieben. 1817 begleitete Burg Wessenberg auf dessen erfolglos zur Rehabilitation unternommenen Reise nach Rom. 1818 war er einer der beiden Vertreter Badens auf den Frankfurter Konferenzen, deren für den Heiligen Stuhl bestimmte „Deklaration“, in der ultimativ die Errichtung von Landesbistümern und landesherrliche Nomination der Bischöfe gefordert wurde, auf seinem Entwurf beruhte. Burg hat sich während der folgenden Jahre vom Episkopalisten zum dezidierten Vertreter der staatlichen Kirchenhoheit gewandelt und auf praktische Kompromisse großen Wert gelegt. Auf seinen Rat hin wichen die Regierungen 1820 vor dem Widerstand der römischen Kurie zurück, so dass 1821 durch die Bulle „Provida solersque“ die Zirkumskription der Landesbistümer Freiburg für Baden, Rottenburg für Württemberg, Mainz für Hessen-Darmstadt, Fulda für Kurhessen und Limburg für Nassau erfolgen konnte. 1822 wurde Burg päpstlicher Subdelegierter für die Ausstattung des Erzbistums Freiburg. 1823 Mitglied der Katholischen Kirchensektion im badischen Ministerium des Innern. Seit 1822 als Kandidat für den Freiburger erzbischöflichen Stuhl genannt, hat er dies mit Rücksicht auf seine Beteiligung an den kirchenpolitischen Verhandlungen abgelehnt.

Burgs Einfluss war es maßgeblich zu verdanken, dass 1827 die Ergänzungsbulle „Ad Dominici gregis custodiam“ mit den Bestimmungen über die Bischofswahlen und die Besetzung der Domkapitel veröffentlicht werden konnte. 1827 wurde er Domdekan in Freiburg und am 28. Januar 1828 auf Betreiben der badischen Regierung zum Titularbischof von Rhodiapolis ernannt. Obwohl dem glänzenden Organisator und Verhandlungspartner Burg über die Vorbereitung zur Gründung des neuen Erzbistums hinaus auch die Grundlegung der Bistumsverwaltung zu verdanken war, kam es zwischen ihm, Erzbischof Boll und dem Domkapitel schnell zu Spannungen, zumal Boll nicht ihn, sondern Vicari zu seinem Generalvikar ernannte. Boll wies ihn sogar als Weihbischof zurück, so dass Burg sich am 28. September 1828 in Limburg von Brand konsekrieren ließ. Burg war ein „maßvoller Wessenbergianer, ein Gegner kurialistischer kirchenpolitischer Ansprüche, nicht aber päpstlicher Kirchenleitung, ein Mann der die Schlangenklugheit höher einschätzte als die Taubeneinfalt, der in seinen widerspruchsvollen, auch wohl zweideutigen schillernden Bemühungen, den Staat zu gefallen und Rom nicht ganz zu missfallen, entschieden nach der weltlichen Seite das bessere Glück hatte“(Vigener). Angesichts der für ihn ausweglosen Situation in Freiburg ging Burg 1829 gern auf die Bemühungen der Darmstädter Regierung ein, die ihn als ersten Bischof für das neue Bistum Mainz zu gewinnen suchte. Die Translation erfolgte anstandslos am 28. September 1829. Wenig später legte Burg das Amt des Freiburger Domdekans nieder. Am 12. Januar 1830 wurde er in Mainz inthronisiert.

Burg hat auch als Bischof von Mainz ein vertrauensvolles Verhältnis zum Landesfürsten und seiner Regierung gepflegt, obwohl die Regierungen der Oberrheinischen Kirchenprovinz wenige Tage nach seinem Amtsantritt durch „Verordnungen betr. die Ausübung des verfassungsmäßigen Schutz- und Aufsichtsrechtes über die katholische Kirche „ ihre Vorstellungen über die staatliche Kirchenhoheit spezifizierten. Dem gewiegten Diplomaten und Menschenkenner Burg ist es allerdings gelungen, durch Verhandlungen mit der Regierung faktisch den größten Spielraum unter allen Bischöfen der Oberrheinischen Kirchenprovinz zu gewinnen. Darüber hinaus hat er das aus Teilen verschiedenster kirchlicher Herkunft entstandene hessen-darmstädtische Landesbistum Mainz erst eigentlich zu einer Einheit geformt und mit Hingabe organisiert. Der größte Bruch mit den von Colmar begründeten Traditionen vollzog sich auf dem Gebiet der Priesterausbildung; denn Burg nahm nicht nur die 1829 von der Regierung verfügte Aufhebung des bischöflichen Gymnasiums in Mainz hin, sondern er hatte sich auch schon vor seinem Amtsantritt mit der von der Regierung gewünschten Verlegung der wissenschaftlichen Priesterausbildung an eine neu zu gründende Theologische Fakultät an der Landesuniversität in Gießen einverstanden erklärt. Dort überwachte ein Professor in seinem Namen den Lebenswandel der Studierenden. Daraufhin verließ der seit Colmars Episkopat am Seminar tätige Räß Mainz, während Burg an seiner Stelle den früheren Meersburger Regens Markus Fidelis Jäck berief.

Burg hat sich im übrigen in Wort und Schrift für ein ganz der Seelsorge hingegebenes Priesterideal eingesetzt, den angegriffenen Zölibat verteidigt, den Versuch zur Einführung allgemeiner Beichten abgelehnt und zu seinem Klerus ein herzliches Verhältnis gefunden. 1832 gründete er eine Lesegesellschaft, die die kirchlichen Reformideen pflegte. In der ersten Kammer des Großherzogtums trat er mit Erfolg für die Beibehaltung des katholischen Lehrerseminars in Bensheim und der konfessionellen Volksschule ein. Mit aufrichtiger Religiosität verband er die Überzeugung, dass die Kirche sich der vorgegebenen staatlichen Ordnung einzufügen habe. Burg wurde am 22. Mai 1833 durch eine Lungenentzündung mitten aus seinem Schaffen herausgerissen. Er wurde im Mainzer Dom beigesetzt.

Anton (Philipp) Brück

Text aus: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder. Ein biographisches Lexikon. Teil: 1785/1803 bis 1945, Berlin: Duncker und Humblot 1983, S. 85–87. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

Weitere Literatur:

  • Wolf, Hubert, Staatsbeamter und katholischer Bischof: Joseph Vitus Burg (1768–1833) aus Offenburg zwischen Historiographie und Ideologie, in: Freiburger Diözesan-Archiv 116 (1996), S. 41–59.