Diether von Isenburg (um 1412–1482)

Diether Graf von Isenburg (Ysenburg)-Büdingen

1460–1461/63 68. Kurfürst-Erzbischof von Mainz (1. Amtsperiode)

1476–1482 70. Kurfürst-Erzbischof von Mainz (2. Amtsperiode)

 

Diether von Isenburg-Büdingen wurde um das Jahr 1412 als ältester Sohn des Diether I. von Isenburg zu Büdingen geboren. Dieser war seit 1409 mit Elisabeth von Solm-Braunfels vermählt. Die Isenburg waren nach der nahe Neuwied gelegenen Burg genannt und bereits im 13. Jahrhundert in mehrere Linien geteilt. Herr der wetterauischen Isenburg zu Büdingen wurde 1409 Diether I. Dessen Frau, deren Familie 1442 in den Reichsgrafenstand erhoben wurde, brachte als Mitgift seit 1418 Teile an der Herrschaft Falkenstein-Münzenberg in die Ehe.

Isenburg wurde am 28. August 1427 im Mainzer Domstift aufgeschworen. Am 22. Februar 1429 verzichtete er zugunsten seines Bruders Ludwig auf das Recht der Nachfolge in der väterlichen Herrschaft und erscheint dabei in der Urkunde erstmals als Mainzer Domherr. Sein Vater war zu der Zeit oberster Amtmann und Landvogt in Hessen. 1429 erhielt Isenburg ferner eine Stiftspfründe in Fritzlar; dort war er 1447–57 Stiftspropst. Domherr in Trier war er 1430–61. Im gleichen Jahr begann er sein Studium in Köln, wurde dort 1431 ins Domstift aufgenommen, 1435 Domherr und 1436 Domscholaster (resigniert wohl 1442) sowie Stiftsherr von St. Gereon. 1432 wechselte er zum Studium nach Erfurt, erwarb den akademischen Grad eines Baccalaureus artium und wurde 1434 zum Rektor gewählt. 1442 erhielt er als Pfründe eine Pfarrkirche im Bistum Bamberg, die Stiftspropstei von St. Paulin in Trier (bis 1448) und die Stiftspropstei von St. Viktor in Mainz-Weisenau, die er jedoch erst ab 1448 innehatte (bis 1459). Trotz der einträglichen Pfründe machte er bei der Stadt Frankfurt 600 Gulden Schulden, die 1451 seine Eltern übernahmen. Gleichzeitig vermachten sie ihm auf Lebenszeit ihre Anteile an Offenbach und Dreieichenhain.

Kurz nach dem Ableben des am 25. November 1453 verstorbenen Johann Flach von Schwarzenberg ernannte ihn der Mainzer Erzbischof Dietrich Schenk von Erbach mit dem Recht des Kollators zum Domkustos. Spätestens am 11. Dezember 1453 war Isenburg, der kurze Zeit zuvor erzbischöflicher Steuerkollektor geworden war, im Besitz der wegen ihrer geringen Pflichten begehrten Prälatur. Dennoch ließ er sich 1453 und erneut 1454 eine päpstliche Provision auf die Domkustodie ausstellen, um abzusichern, dass die Ansprüche des ebenfalls mit einer Provision bedachten Speyerer Domherrn Ulrich von Helmstadt wirkungslos blieben. 1453 erwarb Isenburg die Mainzer Stiftspropstei St. Johann (bis 1459). Ohne Erfolg blieb sein Bemühen, gegen die Konkurrenz des mit Kaiser Friedrich III. verwandten Johann von Baden 1456 Erzbischof von Trier zu werden. Um die Nachfolge des am 6. Mai 1459 verstorbenen Mainzer Erzbischofs bewarb er sich in Konkurrenz mit Adolf von Nassau. Die Wahl erfolgte am 18. Juni 1459, und zwar „per modum compromissi‟, über ein durch Los ermitteltes Siebenergremium aus dem Domkapitel. Bei der Wahl entschieden sich vier Stimmen für Isenburg, der damit gewählter Erzbischof war und als solcher vom Gesamtgremium anerkannt wurde.

Schwierigkeiten bereitete die päpstliche Konfirmation. Pius II. verlangte nicht nur das persönliche Erscheinen Isenburgs in Mantua, wohin er einen Fürstenkonvent einberufen hatte, sondern auch die Zusage des Mainzers, auf die Einberufung von Provinzialsynoden zu verzichten und Kurfürstentage nur noch mit päpstlicher Erlaubnis einzuberufen. Die Forderungen ließen sich nicht durchsetzen. Dennoch bestätigte der Papst am 4. Januar 1460 die Wahl und gewährte Isenburg das Pallium. Die fällige Konfirmationstaxe wurde mit Bezug auf einen Erlass von 1420 auf 10.000 Gulden verdoppelt und außerdem dem Erzbischof in der Bulle „Execrabilis‟ vom 15. Januar 1460 untersagt, zukünftig an ein Konzil zu appellieren. Dies führte zum offenen Konflikt, der in der päpstlichen Absetzung Isenburgs am 21. August 1461 seinen Höhepunkt hatte. Der Papst konnte diesen Schritt wagen, weil er vom Kaiser, der im Mainzer Erzbischof einen reichspolitischen Gegner ausschalten wollte, dazu aufgefordert worden war und weil es ihm gelungen war, das Domkapitel mehrheitlich für Adolf von Nassau zu gewinnen. Diese Mehrheit hatte Adolf mit päpstlicher Erlaubnis am 8. August 1461 providiert. Pius II. setzte ihn dann am 21. August 1461 an Stelle Isenburgs ein. Die Urkunde wurde am 26. September 1461 im Domkapitel verlesen und angenommen. Trotz Isenburgs Protest wurde Adolf am 8. Oktober 1461 inthronisiert. Die Stadt Mainz entschied sich dagegen für Isenburg. Beide suchten Verbündete und opferten dafür durch Verpfändung und Verkauf große Teile des Erzstifts.

Ab Dezember 1461 sprachen die Waffen. Durch den Sieg bei Seckenheim am 30. Juni 1462 schien der seit dem 23. Februar 1461 gebannte und exkommunizierte Isenburg den Kampf für sich entscheiden zu können. Doch die Eroberung von Mainz am 28. Oktober 1462 machte den Nassauer zum Sieger. Die Stadt wurde geplündert, stark zerstört und ihrer seit 1244 gehaltenen Freiheiten für verlustig erklärt. Die verlustreiche Stiftsfehde endete mit dem Zeilsheimer Frieden am 5. Oktober 1463. Isenburg dankte als Erzbischof ab und anerkannte Adolf. Dafür wurde ihm auf Lebenszeit ein aus Teilen des Erzstifts gebildetes Fürstentum zugesprochen und eingerichtet. Die Loslösung vom Bann erfolgte am 24. Oktober 1463, die Aufhebung der Reichsacht am 7. November 1463. In einer Bulle vom 10. Januar 1464 bezeichnete ihn der Papst als Victus invictus und lobte seinen freiwilligen Rücktritt.

Die mit der Errichtung eines persönlichen Fürstentums verbundene Gefahr des endgültigen Herausbrechens aus dem Erzstift war für die Domkapitulare ein wesentlicher Grund, Isenburg am 9. November 1475 als Nachfolger des verstorbenen Adolf erneut zu wählen. Damit wurde das Isenburg eigene Fürstentum dem Erzstift wieder integriert. Sixtus IV. bestätigte die Wahl am 5. April 1476. Der Stadt Mainz drohte zur gleichen Zeit die Gefahr, unter die Oberhoheit des Domkapitels zu gelangen. Dagegen erhob sich am 22. Juli 1476 ein Aufstand der Bürger. Der „kriegerische Diether‟ (E. Ziehen), „eine der streitbarsten Gestalten, die den Mainzer Bischofsstuhl je bestiegen‟ (Bader), rückte von Steinheim mit Truppen heran und zwang die Stadt am 26. Juli 1476 zur Unterwerfung unter die erzbischöfliche Hoheit. Die der fortan landsässigen Stadt verordnete neue Verfassung bestätigte Sixtus IV. am 26. Januar 1478. Am 13. August des gleichen Jahres ließ sich Isenburg die Priester- und Bischofsweihe erteilen. Der in diese Zeit fallende Umzug des Kur- und Landesfürsten von der erzbischöflichen Burg in Eltville in die neu errichtete Mainzer Martinsburg zeigte die veränderte politische Lage.

Laut Wahlkapitulation von 1475 war Isenburg gehalten, das Erzstift wirtschaftlich und territorial zu konsolidieren. Dazu gehörte die Errichtung einer Universität in Mainz. Deren Stiftung wurde am 24. November 1476 päpstlich bestätigt. Die feierliche Eröffnung durch den Erzbischof erfolgte 1477. Drastisch waren die Maßnahmen Isenburgs gegen die vom „Pfeifer von Niklashausen‟ Hans Böheim im Odenwald und Taubergrund ausgelöste radikale schwärmerisch religiös-soziale Bewegung. Um Verbündete und Hilfe gegen Unruhen im erzstiftischen Eichsfeld und in Erfurt zu erhalten, gab er seine Zustimmung, dass am 12. Januar 1481 Adalbert zu Sachsen zu seinem Koadjutor gewählt wurde. Beim Brand der Martinsburg 1481 konnten Isenburg und sein Gast Kurfürst Ernst von Sachsen nur mit Not ihr Leben retten. Der Erzbischof ordnete den Neubau an, musste jedoch zumeist in Aschaffenburg residieren. Hier erkrankte er im Frühjahr 1482 an der Ruhr und starb am 6. oder 7. Mai 1482. Er wurde im Mainzer Dom beigesetzt. Das Sandsteinepitaph des vom Chronisten Nikolaus von Siegen als „homo simplex et bonus ac parvel litteraturae‟ charakterisierten Isenburg steht noch an seiner ursprünglichen Stelle.

Friedhelm Jürgensmeier

 

Text aus: Gatz, Erwin (Hrsg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches. Teil: 1448 bis 1648, unter Mitw. von Clemens Brodkorb, Berlin: Duncker und Humblot 1996, S. 330–332. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.