Am Ende nur Dank

Wort des Abschieds von Bischof em. Karl Kardinal Lehmann

Bischof em. Karl Kardinal Lehmann (c) Bistum Mainz
Bischof em. Karl Kardinal Lehmann
Datum:
Mi. 1. Juni 2016
Von:
Karl Kardinal Lehmann
An Pfingstmontag, 16. Mai, habe ich nicht nur meinen 80. Geburtstag feiern dürfen; Papst Franziskus hat, wie der Apostolische Nuntius beim Gottesdienst im Dom, der auch bundesweit im Fernsehen übertragen wurde, offiziell mitteilte, mich mit Wirkung desselben Tages auf meinen Antrag hin von der Aufgabe eines Bischofs von Mainz befreit und mich in den Ruhestand versetzt.

Ich bin immer wieder gefragt worden, warum ich mein Amt nicht länger fortführe. Viele wissen vielleicht nicht, dass es in unserer Kirche – mit Ausnahme des Papstes selbst – faktisch für alle Ämter und Dienste mit 80 Jahren eine nicht überschreitbare Grenze gibt. Ich hatte ja, wie das kirchliche Recht es vorsieht, mit dem 75. Lebensjahr schon meinen Rücktritt angeboten. Papst Benedikt XVI. und Papst Franziskus haben mich gebeten, meinen Dienst fortzuführen, ohne ein Datum zu nennen. Aber die Grenze von 80 Lebensjahren war jedem bewusst.

Ich bin ganz unabhängig von allen rechtlichen Fragen aber auch dankbar, dass ich nach 33 Jahren die Verantwortung einem Nachfolger übergeben darf. Im Laufe der Jahre spürte ich auch – in letzter Zeit bei meinen Gehschwierigkeiten jedem erkennbar – die Belastungen des Alters und die Grenzen der Kräfte für die Ausübung eines solchen Amtes. Ich habe ja auch vor meinem Dienst als Bischof von Mainz 19 Jahre in München, Münster, Mainz und Freiburg als Theologe und Hochschullehrer an diesen vier Universitäten gewirkt. Über allem steht ein großer Dank. Ich hatte immer wieder Sorge, ob ich angesichts der Belastungen mein Amt voll bis zum 80. Lebensjahr durchstehen kann. Jetzt bin ich sehr froh, dass dies durch die Hilfe Gottes und vieler Menschen gelungen ist. Ich will aber auch meinen verstorbenen Eltern nicht nur dafür danken, dass sie mir das Leben geschenkt haben, sondern auch mir das Studium ermöglichten, in Freiheit mich meinen Beruf zum Priestertum hin wählen ließen und mich jederzeit in meinem geistlichen Dienst unterstützt haben. Ich habe beim Festakt in der Mainzer Rheingoldhalle auch Dank gesagt meinen Lehrern auf allen Stufen, allen Familienangehörigen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von über 50 Jahren, den kroatischen Schwestern und allen im Bischofshaus, den Ärztinnen und Ärzten sowie allen hilfreichen Geistern, besonders aber auch den Leitenden Mitarbeitern in der Mitverantwortung für das Bistum und in der Deutschen Bischofskonferenz. Noch viele müsste ich nennen, wie zum Beispiel meine Fahrer, die mich jahrzehntelang stets verantwortungsbewusst und sicher geleitet haben, und nicht zuletzt die zwölf Bischöflichen Sekretäre von Peter Walter am Anfang bis Michael Leja heute, schließlich auch die Persönlichen Referentinnen und den Persönlichen Referenten. Danken möchte ich auch allen, die um meine Sicherheit und meinen Schutz besorgt waren.

Zu diesem Dank gehört auch, wie sehr für mich einige Bischö-fe in diesem Dienst Vorbild waren und mich dadurch zur Übernahme dieser Verantwortung ermutigten – ich war ja sehr gerne an der Universität. Vor allem nennen möchte ich Hermann Kardinal Volk, meinen verehrten Vorgänger, der mich zum Bischof geweiht hat, und Julius Kardinal Döpfner, der mich mitten während des Konzils in Rom (1963) zum Priester weihte. Dankbar denke ich aber auch an den mutigen Weihbischof Josef Maria Reuss, den ich schon früher kannte.

Ein ganz großer Dank gebührt jedoch den vielen Schwestern und Brüdern aus dem Bistum Mainz, allen voran den Mitbrüdern im Amt des Priesters und Diakons, aber auch allen pastoralen Mitarbeitern und nicht zuletzt den Ordensangehörigen. Ich habe immer gerne, auch vor meiner Bischofszeit, mit Frauen und Männern aus dem Laienstand zusammengearbeitet und habe dieses geschwisterliche Miteinander in diesen 33 Jahren als ein großes Geschenk empfunden. Ich denke an die Räte auf allen Ebenen. Gerade auch in schwierigen Fragen und Tagen habe ich mich sehr durch die Menschen im Bistum getragen und gestützt empfunden. Dass dies auch von anderen Christen und vielen Zeitgenossen aus allen Schichten und Berufen, weit über das Bistum hinaus, in ähnlicher Weise geschah, hat mich immer ermutigt. Ich denke dabei aber auch an viele einfache, aufrechte und vorbildliche Frauen und Männer, denen ich begegnen durfte. Man braucht kein Amt, um andere mitzutragen.

Ich danke aber auch allen, die einen Auftrag in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit erfüllen. Darunter gibt es auch viele außerhalb der kirchlichen Medien. Im Lauf der Jahrzehnte sind mir viele Frauen und Männer zu echten Freunden geworden. Ich hatte dafür aber auch aus meiner Familie gute Vorbilder: ein verwandter Redakteur, der während des Kulturkampfes wegen des Einsatzes für die Pressefreiheit im Gefängnis saß, und mein allzu früh verstorbener einziger Bruder Reinhold, der mich auch heute noch an Unbestechlichkeit und Freimut in öffentlichen Äußerungen erinnert und mahnt. Wie sehr uns – unbeschadet mancher Konflikte – viele Medien auch in der Verbreitung unserer Botschaft unterstützen, konnten wir an meinem Geburtstag durch die Fernsehübertragungen des Gottesdienstes aus dem Mainzer Dom und des Festaktes aus der Rheinholdhalle erleben. Ich danke allen, die daran vielfältig beteiligt waren, besonders auch allen aus dem Bistum selbst, besonders der Öffentlichkeitsarbeit und der Pressestelle. Ich danke allen für die gute Zusammenarbeit in vielen Jahrzehnten. Für „Glaube und Leben“ will ich künftig gerne ein „normaler“ Mitarbeiter sein.

Ich werde bei Ihnen in Mainz bleiben, wo ich mich schon lange zu Hause fühle. Ich danke besonders den Damen und Herren der Dezernentenkonferenz, die alle in leitender Funktion die Hauptsachgebiete vertreten, auch der ganzen Verwaltung, nicht zuletzt der vielverzweigten Caritas. Ich nenne mit besonderem Dank das Domkapitel und das Domstift, dabei im Gedenken an die Vorgänger, Herrn Prälat Dietmar Giebelmann, der als Diözesanadministrator nun einstweilen die Geschicke des Bistums leitet, und Herrn Domdekan Heinz Heckwolf, dem die Vorbereitung und Durchführung der Bischofswahl obliegt. Dafür wollen wir in besonderer Weise durch unser Gebet Gott um seinen Segen bitten.

Ihnen allen sage ich ein von Herzen kommendes Vergelt’s Gott und erbitte für alle Gottes reichen Segen für Leib und Seele.

+ Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

 

Dieses Abschiedwort lesen Sie auch in der gedruckten Ausgabe der Kirchenzeitung "Glaube und Leben" vom 5. Juni 2016.