Mainz. Papst Johannes Paul II. hat am Sonntagmittag, 28. Januar, im Anschluss an das Angelus-Gebet im Vatikan die Ernennung von sieben weiteren Kardinälen bekannt gegeben, unter ihnen der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Mainzer Bischof Prof. DDr. Karl Lehmann (64). Die überraschende Nachricht wird im Bistum Mainz und darüber hinaus große Freude auslösen. Denn in den letzten Tagen waren zahlreiche Stimmen der Enttäuschung laut geworden, nachdem Lehmanns Name auf der Liste der 37 neuen Kardinäle, die der Papst am vergangenen Sonntag bekannt gegeben hatte, von vielen vermisst worden war. Zum Zeichen der Freude ließ Domdekan Weihbischof Wolfgang Rolly nach der Verlautbarung in Rom eine Viertelstunde lang die Glocken des Mainzer Doms läuten.
Der Mainzer Generalvikar Dr. Werner Guballa betonte in einer ersten Stellungnahme: "Viele Menschen fühlen sich durch Bischof Karl Lehmann verstanden. Er hat eine ausgeprägte Fähigkeit zum Gespräch. Niemandem redet er nach dem Mund. Er will überzeugen. Seine Art Bischof zu sein baut Brücken in der Kirche und zwischen Kirche und Welt. Ich freue mich sehr, dass seine jetzt nicht mehr erwartete Ernennung zum Kardinal dies unterstreicht."
Bischof Lehmann selbst, der seit gestern an einer Tagung des Gemeinsamen Ausschusses des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) und der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) in Porto/Portugal teilnimmt, und erst am Montagnachmittag nach Mainz zurückkehren wird, reagierte auf die Nachricht mit den Worten: "Ich freue mich über die Anerkennung meiner Arbeit sowohl als Bischof und auch als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Diese Anerkennung freut mich besonders, weil ich versucht habe, meine theologische und pastorale Arbeit sachlich und ohne Rücksicht auf Beifall, ´gelegen oder ungelegen` zu tun. Das Kardinalat stellt einen Bischof noch stärker in die Verpflichtung für die Weltkirche und spornt mich zu weiteren, intensiven Bemühungen an. Ich sehe diese Ernennung als Ermutigung auf meinem Weg, den ich wie bisher fortsetzen möchte."
Die feierliche Einführung der neuen Kardinäle wird am Abend des 21. Februar, Vorabend des Festes Kathedra Petri, im Vatikan erfolgen. Dann wird ihnen der Papst als Zeichen ihrer Würde das Kardinalsbirett (den "Kardinalshut") überreichen. Ihre herausgehobene Ehrenfunktion wird auch durch die rote Farbe ihrer Amtskleidung (Kardinalsrot) und durch die Anrede "Eminenz" deutlich.
Lehmann gehört zu den "Kardinälen in pectore" ("in petto"), die Johannes Paul II. über die 37 schon am 21. Januar Ernannten hinaus für das Kardinalsamt ausersehen, aber deren Namen er in der Versammlung der Kurienkardinäle (Konsistorium) noch geheim gehalten hatte. Nach dem kirchlichen Sprachgebrauch hatte er sie in seinem Herzen ("in pectore") verschlossen. Diese im Kirchenrecht vorgesehene "Reservatio in pectore" kann kirchenpolitische oder andere Gründe haben und liegt ausschließlich im Ermessen des Papstes.
Mit der Bekanntgabe ihrer Ernennung wurden den Kardinälen alle ihre Rechte verliehen, unabhängig von der Übergabe der Insignien. Die Kardinäle sind die ersten Mitarbeiter des Papstes und unterstützen ihn als obersten Hirten bei der Leitung der Weltkirche (Universalkirche). Noch wichtiger sind ihre Funktionen während der Sedisvakanz. Dann stehen sie an der Spitze der Kirche und zugleich der Regierung des Vatikanstaates. Von besonderer Bedeutung sind ihre Rechte bei der Wahl eines neuen Papstes.
Das Kardinalskollegium zählt nunmehr 185 Mitglieder. Von ihnen sind ca. 135 unter 80 Jahre alt und könnten somit an einer Papstwahl teilnehmen. Im Bistum Mainz und im früheren Erzbistum gab es bisher erst drei Kardinäle: Erzbischof Konrad I. von Wittelsbach (um 1130-1200), Erzbischof Albrecht von Brandenburg (1490-1545) und Bischof Hermann Volk (1903-1988). Konrad I. von Wittelsbach wurde 1165 zum Kardinal erhoben, Albrecht von Brandenburg wurde 1518 zum Kardinal ernannt, Hermann Volk 1973.
Mit Freude nahm das Mainzer Domkapitel am Sonntag Mittag die Nachricht von der Kardinalsernennung auf. In der Mitte des Bildes Weihbischof Rolly, links daneben Generalvikar Guballa. Im Hintergrund auf dem linken Bild der letzte Mainzer Kardinal Herrmann Volk.