„Artefakte der Hoffnung"

Statement von Bischof Karl Lehmann, bei der Pressekonferenz im Blick auf die Eröffnung der Ausstellung

Datum:
Montag, 1. Juni 1998

Statement von Bischof Karl Lehmann, bei der Pressekonferenz im Blick auf die Eröffnung der Ausstellung

im Kulturprogramm des 93. Deutschen Katholikentags in Mainz im Landesmuseum

Katholikentage sind seit 150 Jahren Plattformen der Begegnung zwischen den verschiedenen Tendenzen des Katholizismus in Deutschland, und zwar sowohl nach innen als auch nach außen. Ging es am Anfang um die Gewinnung der Menschenrechte, speziell der Religions-, der Versammlungs- und der Meinungsfreiheit, so schoben sich auch mehr und mehr die sozialen Probleme in den Vordergrund. Aber man spürte auch sonst die Notwendigkeit einer Integration mit den gesellschaftlichen und kulturellen Sachbereichen, die oft von Religion und Kirche getrennt waren.

 

Es ist darum erstaunlich, wie von Anfang an - gewiß mit Unterbrechungen und Störungen - das Verhältnis der Kirche zur Kunst und der Kunst zur Kirche auf den Katholikentagen thematisiert wurde. Hier wurde die Zerrissenheit zwischen der Moderne und der Kirche besonders hart erfahren. Es ist ein besonderer Vorzug der Katholikentage, daß sie sich mit diesem Riß nicht einfach begnügten, sondern immer wieder in allen Sparten Brücken zu bauen versuchten. Ob und wie dies immer gelungen ist, braucht hier nicht beurteilt zu werden. In diesem Feld ist schon der entschiedene Wille zu Kontakt und Begegnung - und sei es auch im Streit - bemerkenswert. Man läßt nicht voneinander, auch wenn keiner so genau weiß, wohin die Reise geht. Ich sehe darin ein über die ganze Geschichte der Katholikentage sehr wichtiges Motiv. Katholikentage waren in allen Verwandlungen immer wieder ein Forum, wo besonders das Verhältnis zwischen gegenwärtiger Kunst und Religiosität ausgelotet wurde. So verdanken wir vielen Katholikentagen lebendige Almanache des jeweiligen Standes von Religion und Kunst. Viele andere gesellschaftliche Gruppen haben sich mit der Trennung und Entfremdung abgefunden. Der Katholikentag war immer ein sensibler Barometer im Verhältnis von Religion, Kirche und Kunst.

 

Darum ist es nicht erstaunlich, daß der Mainzer Jubiläumskatholikentag des Jahres 1998 diese Aufgabe nicht vernachlässigen will. Während im Vordergrund des Interesses der öffentlichen Meinung und auch der Diskussion in der Kirche gerade heute oft endlos binnenkirchliche Probleme den ersten Platz einnehmen, will dieser Katholikentag wie auch die vorhergehenden sich an der Aufgabe abarbeiten, immer wieder Brücken zu schlagen, Nähe und Entfernung auszumessen zwischen Kirche und Kunst. Mögen manche zurückliegenden Ergebnisse gelegentlich unbeholfen erschienen sein, und mag manchmal eher freundliches Desinteresse die Oberhand gewonnen haben - Kirche und Kunst (nun auf alle Bereich angewandt: bildende Kunst und Musik, Literatur und Film sowie Theater) - dürfen auch weiterhin nicht voneinander lassen, und sei es auch noch im Streitgespräch.

 

Ich möchte darum vermuten, daß das Kulturprogramm des 93. Deutschen Katholikentages im späteren Rückblick einen hohen Stellenwert in der Einschätzung dieser Tage gewinnt. Dies ist vielleicht weniger spektakulär als manche anderen marktschreierischen Themen. In Wirklichkeit findet gerade hier mehr oder weniger ausdrücklich die Auseinandersetzung mit der Weltsicht unseres zu Ende gehenden Jahrhunderts und den Perspektiven für die neue Welt schlechthin statt.

 

Darum möchte ich am kommenden Freitag mit sehr herzlichem Dank an das Landesmuseum, näherhin Frau Direktorin Dr. Gisela Fiedler-Bender, und an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, allen Künstlern und Leihgebern diese Ausstellung miteröffnen. Ich freue mich, daß wir Ihnen heute dafür etwas Geschmack machen dürfen und bitte Sie angesichts der vielen Bemühungen um diese Ausstellung um Ihre geschätzte Mitarbeit bei der Vermittlung. Herzlichen Dank!

 

 

 

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz