Ein neuer Heiliger - Sein wichtiger Aufenthalt in Mainz 1542/43

Kolumne von Kardinal Lehmann in der Mainzer Kirchenzeitung "Glaube und Leben" im Januar 2014

Datum:
Sonntag, 5. Januar 2014

Kolumne von Kardinal Lehmann in der Mainzer Kirchenzeitung "Glaube und Leben" im Januar 2014

Am 17. Dezember 2013 hat Papst Franziskus ein Dokument unterzeichnet, in dem der selige Petrus Faber zum Heiligen erklärt wird. Der Papst selbst wird zu seinen Ehren am 3. Januar 2014 in der Kirche Il Gesù einen feierlichen Gottesdienst halten. Gerade die relativ stille Art der Heiligsprechung, ähnlich wie bei der hl. Kirchenlehrerin Hildegard von Bingen im Jahr 2012, hat besonders in der Weihnachtszeit dieses Ereignis auch etwas verdeckt. Wenigstens bei uns.

Wer war Petrus Faber? Kurz sein Steckbrief: Er ist am 13. April 1506 in der Nähe von Genf geboren, gehörte zu den ersten und engsten Gefährten des hl. Ignatius von Loyola; in Paris war er mit Ignatius und Franz Xaver Stubengenosse; er hielt auf dem Montmartre kurz nach seiner Priesterweihe (1534) die hl. Messe, als die ersten Mitglieder der Gemeinschaft um den hl. Ignatius ihre Gelübde ablegten. Er war anwesend, als die Beratungen über die Gründung der Gesellschaft Jesu abgehalten wurden (1539); er nahm an den damaligen Religionsgesprächen teil, die im Jahr 1540/41 zum letzten Mal einen Ausgleich von Katholiken und Protestanten in Worms und Regensburg versuchten. Ein wichtiges geistliches Jahr verbringt er 1542/43 in Speyer und in Mainz; schließlich wird er in Köln, wo für die Kirche eine besonders brenzlige Situation entstand, eingesetzt und muss aber auch bald wieder nach Portugal und Spanien. Er bricht zum Konzil von Trient auf, stirbt aber am 1. August 1546 nach kurzer Krankheit. Papst Pius IX. hat ihn 1872 selig gesprochen.

Aber was bedeutet Petrus Faber? Er war der erste Jesuit, der deutschen Boden betrat. Er hat in Mainz den ersten deutschen Jesuiten gewonnen. Dies ist kein geringerer als Petrus Canisius. Die berühmten drei Katechismen des Petrus Canisius, ähnlich wie die Katechismen Luthers, haben für die katholische Erneuerung der darniederliegenden katholischen Kirche in Europa größte Bedeutung. Er gilt ja nach dem hl. Bonifatius als der zweite Apostel Deutschlands. Nach dem Urteil des hl. Ignatius war Petrus Faber der beste Seelenführer und der kundigste Exerzitiengeber unter den ersten Jesuiten.

Petrus Faber hat sich den besten Teil seines Lebens für die Kirche in Deutschland eingesetzt. Mit ganzer Kraft hat er sich der Predigt und der Christenlehre in unserem Land gewidmet. In Köln gründete er mit Petrus Canisius die erste deutsche Niederlassung der Jesuiten. Er, der sich so sehr nach Besinnlichkeit und Ruhe sehnte, ist zwischen Kaiser und Papst in unzählige europäische Städte und Höfe gegangen. Auch mit dem Mainzer Erzbischof Albrecht von Brandenburg hatte er engeren Kontakt. Unermüdlich tätig starb Petrus Faber ziemlich erschöpft im Alter von erst 40 Jahren in Rom.

Petrus Faber schrieb ein mit Recht berühmtes Geistliches Tagebuch, das „Memoriale", das der emeritierte Zürcher Weihbischof und frühere Philosophieprofessor in Rom, Peter Henrici, vor 50 Jahren übersetzt hat. Dieses Tagebuch entstand weitgehend in unmittelbarer Tuchfühlung mit der Reformation in Deutschland. Hier wird die Not der Glaubensspaltung aus erster Hand offenkundig. Die Ausführungen von Peter Faber, auch wenn sie nicht einfach für heute kopiert werden können, kommen aus der pastoralen Erfahrung: die Wiedervereinigung der Kirchen darf nicht mit irgendwelchen Formen der Politik allein, schon gar nicht irgendwelcher Gewalt, versucht werden, sondern ist nur durch die Erneuerung des christlichen Lebens selbst erreichbar.

Diese Leitsätze des Umgangs mit den Protestanten finden sich, vom Tagebuch abgesehen, auch in vielen Briefen und Unterweisungen. Wenige Wochen vor seinem Tod schreibt er noch seine Erfahrungen in den „Einweisungen für das Apostolat unter den Protestanten" nieder. In der Sprache der damaligen Zeit heißt es hier: „Als Zweites müssen wir ihre (der Protestanten) Gunst zu gewinnen suchen, dass sie uns lieben und uns einen guten Platz in ihrem Geiste geben. Das geschieht, wenn man sich mit ihnen freundschaftlich über Dinge unterhält, die ihnen und uns gemeinsam sind, und sich vor allen Streitgesprächen hütet, wo einer den anderen herabzusetzen sucht. Zuerst nämlich müssen wir mit ihnen in den Dingen Umgang pflegen, die uns einen und nicht in den anderen, wo eine Verschiedenheit der Auffassungen zutage tritt." Sind dies bei allen Wandlungen nicht Grundsätze, die dann im Zweiten Vatikanischen Konzil für die ganze Kirche verbindlich und amtlich werden?

Wir haben im Bistum Mainz bis jetzt am 1. August den seligen Petrus Faber verehrt. Dabei wird es wohl auch bleiben, wenn er nun heiliggesprochen ist. Wir haben bei ihm und in ihm noch viel zu entdecken. Papst Franziskus liebt offensichtlich seinen Ordensbruder überaus. Es gibt zwischen beiden auch eine tiefe spirituelle Gemeinschaft. An seinem eigenen 77. Geburtstag fand die Unterzeichnung der Urkunde zur Anerkennung der Heiligkeit statt.

Zur ersten Einführung:

Rita Haub, Peter Faber, Topos-Taschenbuch 589, Kevelaer 2006;
Petrus Faber, Memoriale: Das Geistliche Tagebuch des ersten Jesuiten in Deutschland, herausgegeben und übersetzt von Peter Henrici, Einsiedeln 1963, 2. Aufl. 1989.

(c) Karl Kardinal Lehmann, Bischof von Mainz


Diese monatliche Kolumne von Kardinal Lehmann lesen Sie auch in der gedruckten Ausgabe der Mainzer Kirchenzeitung "Glaube und Leben" vom 5. Januar 2014.

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

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