Ermutigendes Signal: zum Ergebnis der PGR-Wahlen

Gastkommentar von Kardinal Lehmann in der Mainzer Kirchenzeitung "Glaube und Leben" vom 6. November 2011

Datum:
Sonntag, 6. November 2011

Gastkommentar von Kardinal Lehmann in der Mainzer Kirchenzeitung "Glaube und Leben" vom 6. November 2011

Die Wahl zu den Pfarrgemeinderäten ist ein Ausdruck dafür, dass die Kirche heute die Mitverantwortung der Frauen und Männer als Zeugen Jesu Christi in der Kirche und in der Welt hoch schätzt. Das Zweite Vatikanische Konzil hatte diese Form der Beteiligung am Leben der Kirche weltweit verbindlich gemacht.

Am vergangenen Sonntag haben wir mehr als 40 Jahre nach der Einführung dieser Wahl zum zwölften Mal gewählt. Einige Gemeinden wählen aus verschiedenen Gründen (z. B. Pfarrerwechsel, Fusionsprozess, zu wenige Kandidaten usw.) zu Beginn des kommenden Jahres.

Obgleich noch nicht alle Gemeinden erfasst sind, gibt es doch schon eine ausreichende Einsicht in die Wahlergebnisse. Wir werden natürlich die Wahlergebnisse genauer analysieren und auch Schlüsse ziehen.

Von den 3300 Kandidatinnen und Kandidaten wurden über 2000 Frauen und Männer in die neuen Pfarrgemeinderäte gewählt. Der Frauenanteil ist wie auch bisher bei den Gewählten ebenso wie bei den Wählern höher als der Männeranteil. Wir haben eine Wahlbeteiligung von ca. 18 Prozent (ca. 1,3 Prozent weniger als vor vier Jahren). Damit können wir sehr zufrieden sein. Ich komme noch darauf zurück.

Es gibt jedoch auch neue Erkenntnisse:

  • Der Anteil der Briefwähler beträgt über 75 Prozent. Über Zweidrittel aller Pfarreien haben eine allgemeine Briefwahl durchgeführt. Dies ist gewiss mit einem größeren Aufwand verbunden, erhöht aber sehr deutlich die Wahlbeteiligung. Ich möchte den Pfarrgemeinden, die diese Anstrengung auf sich genommen haben, sehr herzlich danken.
  • Erfreulich ist, dass der Anteil der jungen Katholiken im Alter zwischen 16 und 25 Jahren in den neuen Pfarrgemeinderäten gestiegen ist. Dies ist ein gutes Anzeichen für die Akzeptanz der Pfarrgemeinderäte, auch in den jüngeren Generationen. Gewiss drückt sich dabei auch ein Generationswechsel in den Pfarrgemeinderäten aus.
  • Den größten Anteil unter den neuen Pfarrgemeinderatsmitgliedern haben die 46 bis 55-Jährigen. Viele, die mitten im heute weithin sehr anstrengenden Berufsleben stehen, finden noch Zeit für das Engagement in den Gemeinden vor Ort. Dies ist ein erfreuliches Zeichen.
  • Es ist unübersehbar, dass es in den kleineren Gemeinden außerhalb der Städte besonders schwer ist, Kandidaten zu finden. Dies erfordert auf allen Ebenen ein neues Nachdenken, zeigt aber auch, dass der Zug zu größeren Gemeinden, ohne deswegen unübersichtliche Großpfarreien zu schaffen, nicht übersehen werden kann.

Was mich am meisten freut, ist die sicher noch zu verbessernde, aber auch bei geringfügigem Schwund relativ konstante Wahlbeteiligung. Dies ist gerade in der jetzigen Situation nicht selbstverständlich. Im gesellschaftlich-politischen Bereich geht die Wahlbeteiligung seit Jahren bedenklich zurück. Man hat auch befürchtet, dass die krisenhaften Ereignisse der letzten Jahre in der Kirche zu mehr Desinteresse führen würden. Heute dürfen wir dankbar feststellen, dass dies alles - jedenfalls bei den Wahlen - keine größeren Spuren hinterlassen hat. Ich sage dies allerdings vorsichtig und nachdenklich: Ich weiß, dass diese Ereignisse Schaden angerichtet haben, der viel wiegt und nicht so leicht behoben werden kann. Auch in diesem Licht werden wir die Ergebnisse noch nüchtern betrachten.

Vor allem aber möchte ich auf Bistums- und Gemeindeebene allen von Herzen danken, die bei der Vorbereitung und der Durchführung der Wahlen beteiligt waren. Viele haben sich bis zu den Informationen über die Kandidaten sehr große und auch schöpferische Mühe gegeben. Ich nenne stellvertretend für alle vor allem Herrn Pastoralreferenten Ulrich Janson, den Referenten für die Pfarrgemeinde-, Seelsorge- und Dekanatsräte in unserem Bistum. Mit ihm danke ich allen Damen und Herren, die sich im Bischöflichen Ordinariat und in den Pfarrgemeinden für eine gute Gestaltung der Wahlen eingesetzt haben.

Insgesamt sind die Wahlen ein verlässliches Zeichen der Hoffnung und der Treue zur Kirche. Dies kann allen Mut geben.

(c) Karl Kardinal Lehmann, Bischof von Mainz

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz