Erziehen für eine bessere Gesellschaft

Papst Benedikt XVI. zum Weltfriedenstag 2012

Datum:
Sonntag, 8. Januar 2012

Papst Benedikt XVI. zum Weltfriedenstag 2012

Gastkommentar in der Kirchenzeitung "Glaube und Leben" vom 8. Januar 2012

Seit 1967, also zwei Jahre nach Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils, hat Papst Paul VI. der Kirche den Weltfriedenstag geschenkt, der immer am 1. Januar begangen wird. Der erste Tag des Jahres soll mit einem neuen Aufbruch zum Frieden in der Welt und auf allen Ebenen unseres Lebens verbunden werden.

Auch die Nachfolger haben bis auf den heutigen Papst in jedem Jahr eine eigene Botschaft mit einem entsprechenden Leitwort veröffentlicht. Wir haben in diesem Jahr den 45. Weltfriedenstag, den Papst Benedikt XVI. der Aufgabe gewidmet hat: „Die jungen Menschen zur Gerechtigkeit und zum Frieden erziehen". Der Papst hat die entsprechende Botschaft, in der er auch die Jugend selbst anspricht, am 8. Dezember 2011 unterzeichnet.

Leider ist die Einführung dieses Weltfriedenstages nicht so recht geglückt. Der 1. Januar ist nicht nur durch den Neujahrstag als bürgerliches Fest stark besetzt, sondern auch in der Emotion der Menschen, weil wir das Hochfest der Gottesmutter Maria und den Oktavtag von Weihnachten feiern. Zugleich spielt auch immer noch von der früheren gottesdienstlichen Ordnung der Heiligste Namen Jesu eine Rolle, ein Fest, das heute am 3. Januar gefeiert wird, aber doch noch immer mit dem Neujahrstag selbst in Verbindung gebracht wird. Auch von der Vorbereitung für Advent und die Weihnachtszeit her, ist wenig Platz.

Man hat sich in der Kirche unseres Landes längere Zeit damit beholfen, den Weltfriedenstag an einem anderen Sonntag im Monat Januar zu begehen. Aber einmal gibt es eine gewisse Müdigkeit nach dem Weihnachtszyklus. Schließlich begehen wir hier auch den Familiensonntag. Bald kommt die Weltgebetswoche für die Einheit der Christen. Da blieb der Weltfriedenstag leicht auf der Strecke. So belässt man es meist bei einem allgemeinen Hinweis der Feier des Weltfriedenstags am 1. Januar selbst.

Es ist aber schade, wenn wir vor allem die Themen und Botschaften zum jeweiligen Weltfriedenstag nicht genügend nutzen können. Wenn man nämlich die Botschaften der 45 Jahre durchsieht, dann geht einem ihre Bedeutung neu auf. Zwischen den grundsätzlichen Ausführungen der Sozialenzykliken der Päpste aus den letzten Jahrzehnten und der aktuellen Tagespolitik, die in den einzelnen Ländern der Weltkirche recht verschieden ist, stehen die Botschaften der Weltfriedenstage, die von den Grundsätzen der kirchlichen Soziallehre ausgehen und ihre Anwendung auf die konkrete Situation vermitteln. Die 45 Botschaften bilden selbst eine regelrechte Bibliothek mit eigenen Themen, die die Soziallehre der Kirche konkretisieren. Man findet also in diesen 45 Botschaften sehr viele Anregungen für das individuelle und soziale Leben der Kirche.

Der Hl. Vater ist der festen Überzeugung, dass die Erziehung eine ganz große Bedeutung für die Förderung von Gerechtigkeit und Frieden in der Welt hat. Dies ist zwar eine Hauptaufgabe der ganzen Gesellschaft für den Aufbau der Zukunft. „Es geht (aber hier) darum, den jungen Menschen die Wertschätzung für die positive Bedeutung des Lebens zu vermitteln, indem man in ihnen den Wunsch weckt, es für den Dienst am Guten einzusetzen." Der Papst weist auf die Schwierigkeiten der Realisierung dieser Aufgabe in aller Welt hin, sieht aber mit der ganzen Kirche auch viel Hoffnung: Die Kirche vertraut den Jugendlichen, „ermutigt sie, nach der Wahrheit zu suchen, das Gemeinwohl zu verteidigen, weltoffene Perspektiven zu haben und Augen, die fähig sind, ‚Neues' zu sehen." Er spricht in der knappen, aber dichten Botschaft die Erziehung, die Orte ihrer Verwirklichung, die Verantwortlichen für alle Bildung, die Eltern und die jungen Menschen persönlich an: „Liebe junge Freunde, ihr seid ein kostbares Geschenk für die Gesellschaft ... Lebt eure Jugend und die tiefe Sehnsucht nach Glück, Wahrheit, Schönheit und echter Liebe, die ihr verspürt, mit Zuversicht! Lebt dieses Lebensalter, das so reich und voller Begeisterung ist, ganz intensiv."

Auch wenn wir noch nicht so recht den Weltfriedenstag in unserem Kalender überzeugend und wirksam verortet haben, so wäre es doch schade, wenn wir diese Botschaften nicht besser als bisher zu Gehör bringen würden. Der Papst macht uns zu vielem Mut, z. B. wenn er sagt: „Die Erziehung ist das faszinierendste und schwierigste Abenteuer des Lebens. Erziehen - lateinisch educere - bedeutet, einen Menschen über sich selbst hinauszuführen, um ihn in die Wirklichkeit einzuführen, in eine Fülle, die ihn wachsen lässt."

(c) Karl Kardinal Lehmann, Bischof von Mainz

Zur Botschaft des Weltfriedenstages 2012 (Link)

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz