Bibeltexte: 1. Aus der Rede über das Brot des Lebens (Joh 6,47-59):
47 Amen, amen, ich sage euch: Wer glaubt, hat das ewige Leben. 48 Ich bin das Brot des Lebens. 49 Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. 50 So aber ist es mit dem Brot, das vom Himmel herabkommt: Wenn jemand davon isst, wird er nicht sterben. 51 Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, (ich gebe es hin) für das Leben der Welt. 52 Da stritten sich die Juden und sagten: Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben? 53 Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, das sage ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. 54 Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag. 55 Denn mein Fleisch ist wirklich eine Speise und mein Blut ist wirklich ein Trank. 56 Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm. 57 Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich isst, durch mich leben. 58 Dies ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Mit ihm ist es nicht wie mit dem Brot, das die Väter gegessen haben; sie sind gestorben. Wer aber dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit. 59 Diese Worte sprach Jesus, als er in der Synagoge von Kafarnaum lehrte.
2. Spaltung unter den Jüngern und Bekenntnis des Petrus (Joh 6,60-71)
- Wird vor Abschnitt XIII gelesen -
60 Viele seiner Jünger, die ihm zuhörten, sagten: Was er sagt, ist unerträglich. Wer kann das anhören? 61 Jesus erkannte, dass seine Jünger darüber murrten, und fragte sie: Daran nehmt ihr Anstoß? 62 Was werdet ihr sagen, wenn ihr den Menschensohn hinaufsteigen seht, dort-hin, wo er vorher war? 63 Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts. Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben. 64 Aber es gibt unter euch einige, die nicht glauben. Jesus wusste nämlich von Anfang an, welche es waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde. 65 Und er sagte: Deshalb habe ich zu euch ge-sagt: Niemand kann zu mir kommen, wenn es ihm nicht vom Vater gegeben ist. 66 Daraufhin zogen sich viele Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher. 67 Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen? 68 Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. 69 Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes. 70 Jesus erwiderte: Habe ich nicht euch, die Zwölf, erwählt? Und doch ist einer von euch ein Teufel. 71 Er sprach von Judas, dem Sohn des Simon Iskariot; denn dieser sollte ihn verraten: einer der Zwölf.
Wir katholischen Christen feiern weltweit täglich Eucharistie. Aber bei besonderen Gelegen-heiten wird sie noch stärker und eigens hervorgehoben: Am Gründonnerstag in der Karwoche gedenken wir des Ursprungs der Eucharistie aus der Lebenshingabe Jesu, eng verbunden mit seinem Leiden und Sterben für alle. An Fronleichnam wird dieses tiefe Geheimnis des Lebens Jesu, gegenwärtig in den Zeichen von Brot und Wein, hinausgetragen in die Öffentlichkeit unseres Lebens. Eine besondere Bezeugung der Eucharistieverehrung haben wir seit dem 19. Jahrhundert in den sogenannten Eucharistischen Kongressen, die zuerst auf internationaler, dann auf nationaler und diözesaner Ebene gefeiert worden sind. Der erste internationale Kongress wurde in Lille (1881) begangen. Im deutschen Sprachraum gab es in Köln (1909), Wien (1912) und besonders München (1960) internationale Eucharistische Kongresse. Jetzt feiern wir in Köln den ersten Nationalen Eucharistischen Kongress. Die Eucharistischen Weltkongresse sind immer schon sehr eng mit dem heute besonders wichtigen Thema der Neuevangelisierung verbunden, Thema auch der Ordentlichen Bischofssynode im Herbst des vergangenen Jahres.
Die Eucharistie ist sehr eng mit der Menschwerdung Jesu Christi verbunden. Jesus kam aus der Tiefe des göttlichen Lebens, als Sohn und Erbe des Vaters, zu uns in die Enge und Be-drängnis unserer Welt. Er spielt dabei nicht nur ein wenig Welttheater, sondern hat sich ganz konkret in unsere Welt begeben. Er streifte nicht nur gleichsam mit dem Mantel göttlicher Hoheit den Saum unserer Erde, sondern wurde einer von uns und nahm die konkrete menschliche Natur an mit dem Schicksal des Menschenwesens. Er hat wirklich alles angenommen, was Menschen geschehen kann. Als sein Leben durch die Gewalt anderer zu Ende ging, sammelte er den ganzen Ertrag, das, worauf es ankommt, im Geheimnis des Mahles mit seinen Jüngern. Dieses Mahl wurde das leibhaftige Zeichen für seine ganze Lebensrichtung: Hingabe und Drangabe der eigenen Existenz für die vielen, für alle („Proexistenz"). Dies war nicht nur ein einmaliges Ereignis, sondern damit hat er über das persönliche Vermächtnis hinaus den neuen, ewigen Bund mit der Menschheit geschlossen. Der Kirche, die wie die Sakramente aus seiner Seitenwunde entspringen als Frucht seiner Lebenshingabe und seines Todes, erhielt von ihm den Auftrag: „Tut dies zu meinem Gedächtnis." Seither wird die Eucharistie als zentraler kostbarer Schatz der Kirche aufbewahrt und vergegenwärtigt.
Damit hat sich das Lebensgeheimnis Jesu ganz tief in unsere Geschichte eingesenkt. Jesus Christus ist leibhaftig und zugleich geistlich unter uns in den elementaren Symbolen menschlicher Nahrung gegenwärtig, den uralten Gaben von Brot und Wein. Es ist der testamentarische Wille des Herrn, dass der Herr in der Eucharistie, besonders in der Eucharistiefeier, seiner Kirche stets besonders nahe ist. Er geht mit uns und erfüllt damit in besonderer Weise den Gottesnamen, nämlich als Immanuel seinem Volk vorauszugehen. In ganz neuer Weise ist Gott bei den Menschen, wie in einem heiligen Zeit, das mitwandert: Gott-mit-uns.
Die Eucharistie vergegenwärtigt den Herrn bei uns auf besonders dichte Weise in den ge-schöpflichen Zeichen von Brot und Wein. So unmittelbar und sinnlich greifbar, aber zugleich so verhüllt und verborgen ist Gott bei uns. Er begleitet die Kirche auf dem Weg durch die Zeiten. Darum ist die Eucharistie in tiefer Weise das Sakrament „zwischen den Zeiten". Es entspringt der Vollendung des Lebens und dem Tod Jesu und geht mit uns als unauslöschlicher Bund bis an die Ufer der Ewigkeit. Die Eucharistie ist ein tiefreichendes, geschichtliches, irdisches Zeichen. Umso mehr ist es Geheimnis, Sakrament.
Dabei ist es ganz wichtig, dass wir die Gaben von Brot und Wein in ihrer ganzen Bedeutung wahrnehmen. So sind wir z. B. unausweichlich vom Brot abhängig. Nicht irgendetwas, was nebensächlich ist oder worauf wir verzichten könnten, sondern Brot ist für die Grundlage unserer Existenz elementar wichtig. Wir sind für das Leben selber auf Brot angewiesen. Ohne die Kräfte, die uns durch das Brot zukommen, können wir nicht leben. Was uns das Brot gibt, können wir uns in keiner Weise selber geben, weder durch unsere Gedanken, noch durch unseren Willen. Das Brot hat direkt mit Leben und Tod zu tun. Wer nicht zu essen hat oder nicht isst, der stirbt. Von Natur aus sind wir auf das Brot verwiesen. Für jeden Menschen kommt freilich die Zeit, wo ihm das beste Brot nicht mehr helfen kann. Jesus Christus ist jedoch für uns ein Brot, das nicht nur für das begrenzte sterbliche Leben, sondern für das unbegrenzte, ewige Leben gültig ist. Jesus will dem Tod überlegen sein. Für das ewige Leben sind wir auf ihn angewiesen, ähnlich wie wir für das irdische Leben vom Brot abhängig sind.
Damit das Brot unser Leben erhält, muss man das Brot essen. Gerade Johannes (vgl. 6,54.56-58) spricht bewusst sogar vom „kauen", „zerkauen". Wenn ich es nicht esse, verhungere ich und sterbe vor vollen Brotkörben. Für die Wirksamkeit des Brotes, das Jesus selber ist, brau-chen wir die rechte Verbindung mit ihm. Dies ist der Glaube. Er ist zuerst das entschlossene, vertrauensvolle Verhalten zu der Person Jesu im vollen Wissen darum, wer er ist. Ich glaube an Jesus, wenn ich mich ganz an ihn binde und mich ganz von ihm bestimmen lasse. Im Glauben an Jesus kommt die Macht und Kraft der personalen Bindung, die Leben schenkt und trägt, zu ihrem Höhepunkt. Jesus sagt uns, dass der Glaube an ihn uns ewiges Leben schenkt: „Wer glaubt, hat das ewige Leben." (Joh 6,47)
Dieses ewige Leben beginnt nicht erst nach dem Tod, sondern mit dem Anfang des Glaubens an Jesus. Wie Jesus geht es durch den Tod hindurch und kommt dann zu seiner vollen Entfaltung. Leben, das ganz und gar Leben ist und uns nicht mehr genommen werden kann, unbegrenzt, unzerstörbar, unbelastet, ungestört. Was der Inhalt dieses ewigen Lebens ist, sagt uns Jesus: „Das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast." (Joh 17,3) Das ewige Leben ist nicht so etwas wie eine leere Dauer, mit der wir im Grunde nichts anfangen können. Es ist in sich selige Gemeinschaft mit Jesus und durch ihn mit dem Vater sowie dem Geist und mit allen Menschen. An Jesus glauben heißt mit ihm leben, sich von ihm führen lassen, ihm unser Leben anvertrauen.
So wie Gott in Jesus zu uns in unsere Welt abgestiegen ist, wie einer von uns durch das Leben geht und unser Dasein - außer der Sünde - teilt, so bleibt er auch nach seinem irdischen Leben mit der leibhaftigen, aber verklärten Existenz in den 40 Tagen zwischen Ostern und Himmelfahrt bei uns. Er hat uns sein Vermächtnis am Abend vor seinem Leiden in den Zeichen von Brot und Wein geschenkt. Dazu gehört auch sein Wort, das uns seine Botschaft mitteilt und schenkt. Weil Brot und Wein von Gott kommen und seine Gaben für den Menschen sind, so kann er auch - freilich auf verborgene Weise - unter diesen Gaben gegenwärtig werden. Aber wir dürfen gewiss nicht diese Gaben von Brot und Wein, die sich in den Leib und das Blut des Herrn verwandeln, trennen von seinem Wort und noch viel weniger von der lebendigen Person Jesu Christi.
Brot und Wein werden gefüllte Zeichen für Jesu ganz konkrete Person: Das Brot steht für den „Leib", das heißt für die sichtbare und lebendige Person eines Menschen. Dies ist die Sprache der Bibel. Der Wein bezeichnet vor allem das lebensnotwendige Blut des Menschen, aber nicht nur als „Saft", sondern im Blut wird immer auch schon die Gewalt mitgedacht, der der Mensch anheimfällt und durch die eben auch Blut vergossen wird. So bezeichnen Wein und Brot, Leib und Blut den ganz konkreten Menschen Jesus Christus, freilich nun in einer anderen Weise der Gegenwart. Weil er in diesen Zeichen verborgen ist, deswegen ist die Eucharistie mit diesen reichen Zeichen auch ein Geheimnis. „Verborgner Gott, ich bete dich voll Demut an, der im Brote wahrhaft sich verbergen kann; dir mit ganzem Herzen unterwerf' ich mich, dich betrachtend fühle meine Armut ich; Sehen, Schmecken, Tasten täuschen sich in dir, aber durch das Hören kommt der Glaube mir; was Gottes Sohn gesprochen, ist der Glaube mein, es ist Wort und Wahrheit, nichts kann wahrer sein." (Adoro te devote, Thomas von Aquin)
Wir müssen dabei noch einmal bedenken, wie Jesus zu uns kommt und was er mit uns teilt. Der Mensch ist ja von Hause aus ein Wanderer zwischen zwei Welten. Er ist ständig unter-wegs von einem Aufenthalt zu einem anderen. Er kann müde werden auf dieser Wander-schaft, weil er dabei auch viel Vorläufiges, Fragmentarisches, Zerbrechliches, Endliches, Scheiterndes und auch Sündiges erfährt. Aber die Eucharistie ist uns gegeben, damit wir gerade bei diesen Erfahrungen unterwegs nicht allein sind. Da sie in so dichter Weise Jesus Christus unter uns gegenwärtig hält wie in keinem anderen Zeichen, darum ist sie nicht einfach nur rückwärtsgewandte Erinnerung, sondern kräftige Gegenwart und immer schon ein realer Vorgeschmack hin auf die letzte Vollendung im ewigen Leben. Unser Glaube sagt darum auch, dass die Eucharistie ein „Angeld" ist, so etwas wie eine erste Anzahlung und eine erste Rate, auf die Vollendung, die wir in dieser Zeit nicht vollends erfahren.
Dies sagt viel über unsere Hoffnung. Denn diese ist nicht vage und unbestimmt, keine leere Phantasie, nicht nur ein „Prinzip" Hoffnung. Vielmehr hat diese Hoffnung sich eigentlich schon bewährt. Sie hat einen Namen. Es ist eine begründete Hoffnung, weil Jesus durch sei-nen Sieg über die widrigen Mächte der Sünde und des Todes, der Eigensucht und des ewigen Kreisens um sich selbst bereits einen neuen realen Anfang begonnen hat. Der Keim der Hoffnung lebt schon in unserer Welt. Es ist zwar „nur" ein Vorgeschmack, aber ein solcher kann ja besonders gut schmecken und uns erfreuen. Darum ist die Eucharistie für alle Wanderer zwischen den zwei Welten Unterpfand einer Hoffnung, die uns nicht enttäuscht.
Darum nennen wir von alters her Eucharistie auch die Wegzehrung, das viaticum. So wie es dem Einzelnen, der sein Leben vollendet, als letzte Hilfe in dieser Welt übereignet wird, ähnlich geht die Eucharistie auch Tag für Tag mit der Kirche durch alle Zeiten. Dies zeigt, wie tief die Eucharistie täglich erfahrbare Gewähr der christlich begründeten Hoffnung ist. Deshalb wird sie auch mit Recht „Brot des Lebens" genannt. Wie viele Menschen holen sich immer wieder aus der Tiefe dieses Sakramentes Mut und Kraft für den Alltag! Hier ist Hoffnung nicht nur ein großes, aber fernes Versprechen am unerreichbaren Firmament, sondern kleine Signale und Zeichen sind im Lichte der Eucharistie wie eine Abschlagszahlung auf die große Verheißung, wie Kleingeld im Verhältnis zu den großen Scheinen, die man nicht wechseln kann.
Darum feiern wir auch in der Öffentlichkeit unseres Lebens Eucharistie, sind uns als Pilger auf den staubigen Straßen dieser Welt unserer Endlichkeit und Sterblichkeit bewusst, ziehen besonders an Fronleichnam vorbei an den armen und reichen Wohnstätten der Menschen, an Krankenhäusern und Friedhöfen, an Kirchen und Schulen, Gefängnissen und Vergnügungs-stätten. Es ist das reale Leben. Wir spüren dabei, dass die Hoffnung unseres Glaubens uns als Zeugen in Anspruch nimmt. Der Glaube ist zwar im Herzen des Menschen verankert, aber er drängt von sich aus zum Zeugnis und Bekenntnis in den Strukturen unseres Lebens. Überall wo wir uns verzehren und abarbeiten, wo wir Vergeblichkeit und Scheitern erfahren, ist der Herr uns ganz nahe, auch auf den vielfach gefährlichen Straßen unserer Welt.
Wir haben im Verlauf des letzten Jahrhunderts über die Erkenntnisse der bisherigen Theolo-gie hinaus viele Einsichten geschenkt bekommen, die uns das, was Eucharistie heißt, noch näher bringen. Dies geschieht vor allem in der Eucharistiefeier, wo das Geheimnis des Lebens und Sterbens Jesu in seiner Bedeutung für uns heute gegenwärtig wird. Es ist die Feier, wie wir auch sagen, des Abendmahles oder auch des Herrenmahles. Exegese, Liturgiewissenschaft, Erneuerung der Vätertheologie, liturgische Bewegung und auch langsam das ökumenische Gespräch haben in glücklicher Weise den Horizont erweitert und das Eucharistieverständnis bereichert. Das Zweite Vatikanische Konzil hat viele einzelne Erkenntnisse zusammengeführt und für die Kirche auch verbindlich gemacht. Hier sollen wenigstens in einigen Grundzügen ein paar Perspektiven genannt werden, die heute auch im Blick auf eine Spiritualität der Eucharistie Theorie und Praxis des Herrenmahles vertieft haben.
Danksagung an den dreifaltigen Gott: Der urchristliche Begriff der „Eucharistie" erinnert an die Grundstruktur des christlichen Gottesdienstes. Unser Gottesdienst - vom Menschen auf-steigender Aspekt - ist eine Antwort auf Gottes Geschenk und Dienst für uns -herabsteigender Aspekt -. Das ökumenisch wichtige Lima-Dokument aus dem Jahre 1982 sagt: „So bezeichnet die Eucharistie, was die Welt werden soll: Gabe und Lobpreis für den Schöpfer, eine universale Gemeinschaft im Leibe Christi, ein Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens im heiligen Geist." (II, 3) Dies ist auch im Wort „Eucharistie" zu-sammengefasst, was ja übersetzt „Dank" heißt. Jede Eucharistiefeier ist ein Dank an den dreifaltigen Gott für dieses Geschenk an die Kirche.
Gedächtnis als Grundcharakter: Die biblische Kategorie des Gedächtnisses („Anamnesis") hat uns von der Schwierigkeit befreit, das Gegenwärtigwerden der Lebenshingabe Jesu Christi in der Eucharistie entweder als eine Wiederholung des Kreuzesopfers oder als eine bloße Erinnerung an das damalige Geschehen zu begreifen. Das Gedächtnis verbindet uns mit dem einmaligen Geschehen am Kreuz und lässt zugleich die damit verbundene Erfahrung der Lebenshingabe Jesu für die Seinen in der Feier wirklich werden. Darin liegt auch das Vermächtnis des Herrn: „Tut dies zu meinem Gedächtnis." (1 Kor 11,24f) Damit konnten viele Blockierungen in der Theologie und im ökumenischen Gespräch gelöst werden.
Opfer als Gegenwart der Selbsthingabe Jesu Christi: Während man früher manchmal von außen einen allgemeinen religionsgeschichtlichen Opferbegriff auf die Eucharistie anwandte, geht man heute von einem biblisch-personalen Sinn von Opfer aus, der ganz von Jesus Christus her bestimmt wird: es ist die ein für alle Mal geschehene Lebenshingabe Jesu Christi an den Vater und für die Menschen. Das sichtbare Zeichen dafür ist das Austeilen von Brot und Wein als Speise. Das Opfer steht im Zeichen des Mahles; das Mahl wird nur ganz verstanden von der Lebenshingabe Jesu her für die Seinen am Kreuz. Die Opfer- und Sühneaussagen haben in diesem Kontext ihren Ort und ihren Sinn.
Anrufung des Geistes: Die Vergegenwärtigung der eucharistischen Gaben, das Gedächtnis Jesu Christi und die Austeilung von Leib und Blut Jesu Christi geschehen im Heiligen Geist. Das Herabrufen („Epiklese") des Gottesgeistes gilt den Gaben und der versammelten Ge-meinde, die dadurch zugleich in ihrem Glaubenszeugnis in der Welt gestärkt wird. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen der einmaligen Einsetzung des Sakramentes durch Jesus Christus und seiner lebendigen Gegenwart heute. Damit erfolgte auch eine wichtige Annäherung an das Eucharistieverständnis der Ostkirchen und zum Teil auch der reformatorischen Kirchen.
Eucharistiegemeinschaft und Einheit der Kirche: Es war eine Einengung, dass man längere Zeit die Eucharistie auf den Empfang durch den Einzelnen einschränkte. Schon die Feier der versammelten Gemeinde bringt mit zum Ausdruck, dass die Lebenshingabe Jesu für alle von Grund auf die Kirche aufbaut und nährt. Darum gibt es eine tiefe Zusammengehörigkeit von Eucharistie und Kirche. Die Eucharistie baut Kirche auf und ist wirklich die kostbarste Gabe der Kirche in der irdischen Pilgerzeit. Von ihrem dichten Gemeinschaftscharakter her bringt sie die mannigfaltige Einheit der Kirche in der Verkündigung, der Feier des Gottesdienstes und der Nächstenliebe (Caritas) am besten und tiefsten zum Ausdruck. Zusammen mit dem Gedächtnischarakter der Eucharistie ist diese Wiederentdeckung der kirchenbildenden Wir-kung der Eucharistie einer der wichtigsten Bausteine in ihrem heutigen Verständnis.
Gerade dieses Verständnis der Kirche als eine sehr intensive und eigene Form von Gemein-schaft ist in den letzten Jahrzehnten und so auch auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil ver-tieft worden. Für Gemeinschaft gebraucht man dafür oft das lateinische Wort „communio" oder auch das griechische Wort „koinonia". Der Grundgedanke von Kirche als „communio" bedeutet, dass die Kirche Sammlung und Zusammenführung der Menschen von Gott aus allen Himmelsrichtungen ist. Dies zielt zuerst auf eine Vereinigung mit Gott, die aber auf ihre Weise in der horizontalen Dimension eine Vereinigung der oft untereinander zerrissenen und unversöhnten Menschen mit sich bringt. Kirche ist in diesem Sinne die Kommunion des Wortes und des Leibes Christi, die sie selbst wiederum ein Volk werden lässt. Das gebräuchliche Wort von der „Kommunion" im Sinne des Empfangs des Leibes und Blutes des Herrn hat also einen tiefen Hintergrund.
Die neuere sogenannte „eucharistische Ekklesiologie", die anfangs vor allem von den Ortho-doxen vertreten wurde, vertieft diese Gedanken und vertritt die Überzeugung, dass die Kirche - zunächst unabhängig von allen historischen Fragen einer Kirchengründung - entstanden ist, als der Herr unter den Gestalten von Brot und Wein seinen Leib und sein Blut „für die Vielen" hingegeben und der Kirche den Auftrag zur Wiederholung gegeben hat: Tut dies zu meinem Gedächtnis. Die Kirche selbst ist in ihrer Herkunft, in ihrer Gegenwart und in ihrer Sendung eigentlich nichts anderes als eine einzige Antwort auf diesen Auftrag Jesu Christi. In diesem Sinne kann man sagen, dass die Kirche - wie manche Väter sagen - Eucharistie ist.
Beide Aspekte, nämlich die Kirche als Ereignis der von Gott berufenen „Versammlung" und die Herkunft von der Eucharistie, gehören eng zusammen. Im „communio"-Gedanken ist beides präsent, bereits vorgebildet im biblischen und patristischen Schlüsselwort der „koinonia".
Diese innere Verbindung wird schon sichtbar in dem Ineinander der drei Bedeutungen des Wortes „Leib Christi" im Sinn vor allem des hl. Paulus: 1. der Leib Jesu Christi am Kreuz als Hingabe, 2. der Leib Jesu Christi als Eucharistie, 3. der Leib Jesu Christi als Kirche. Zugleich gibt es eine Verbindung der Aspekte auch in der Formel „communio sanctorum", übersetzt als „Gemeinschaft der Heiligen", was eine Doppelbedeutung hat, nämlich einerseits die Teilhabe am Heiligen, das heißt an den Heilsgaben von Wort und Sakrament, und andererseits zugleich die Gemeinschaft der Glaubenden, also einen sakramentalen und personalen Sinn zugleich. Diese Teilhabe am Heiligen ist nichts anderes als die Teilhabe an dem durch sein Wort und Sakrament für die Glaubenden gegenwärtigen Jesus Christus selbst, durch den sie zur Gemeinschaft des Leibes Christi vereint werden. Gemeinschaft der Glaubenden ist die Kirche so nur auf der Basis der Teilhabe an demselben einen Herrn. Die innere Zusammengehörigkeit von Gemeinschaft der Glaubenden mit Jesus Christus und Gemeinschaft der Glaubenden untereinander kommt am besten zur Darstellung bei der Feier des Abendmahls bzw. der Eucharistie.
Die Teilhabe am eucharistischen Leib schließt den Zusammenhang mit dem „Leib Christi" ein. Paulus verwendet den Ausdruck „Leib Christi" nur einmal außerhalb der Abendmahlstradition (vgl. Röm 7,4). Grundlegend ist der Text: „Ist der Kelch des Segens, über den wir den Segen sprechen, nicht Teilhabe am Blut Christi? Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe am Leib Christi? Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot." (1 Kor 10,16f.) Die Anteilgabe und Anteilhabe an Leib und Blut des Herrn betrifft „die Vielen" so sehr, dass sie auch untereinander hineingenommen werden in eine neue Einheit aller in Jesus Christus.
„Eucharistie" bezieht sich also nicht bloß auf ein isoliertes Einzelsakrament neben anderen Zeichen, den anderen sechs Sakramenten. Vielmehr stehen Eucharistiegemeinschaft und Kirchengedanke in engstem Zusammenhang. Unter den Teilnehmern an der Eucharistiefeier, durch welche diese „ein Leib und ein Geist" werden, darf nichts fundamental Trennendes bestehen. Dieser fundamentale Bezug von Eucharistie und Kirche ist besonders bei Paulus und in der Theologie des ersten Jahrtausends, aber auch im Mittelalter bezeugt.
Die Gemeinde, besser: die Kirche entsteht nicht erst durch die Initiative und den Zusammen-schluss ihrer Glieder. „Leib Christi" ist nicht das „Produkt der Gemeinschaft", sondern stellt - eine vielleicht befremdliche, aber exegetisch offenbar zwingende Feststellung - im Blick auf die einzelnen Glieder „die vorgegebene Tatsache" dar. Die Kirche ist kraft seines Todes und seiner Auferstehung durch den Geist in ihm eins geworden. Selbstverständlich wird diese reale Gemeinde aus ihren Gliedern gebildet. Aber dass sie „Leib Christi" wird und zu dieser Einheit findet, ist zuletzt allein sein Tun. Solche Gemeinschaft im Geist der selbstlosen Hingabe des Herrn im Abendmahl und in seinem Tod setzt nach Paulus voraus, dass Uneinigkeit und Zwietracht überwunden werden können und überwunden worden sind. Wie könnten die Glaubenden sonst „Leib Christi" sein oder in ihm wahrhaft eins sein?!
Die Kirche als konkrete Wirklichkeit erscheint zunächst in der Einzelgemeinde. Aber die Kirche darf nicht allein bloß darin gesehen werden. Sie bekundet sich zuerst in der konkreten „Versammlung", in der die Menschen zwar aus allen Gruppierungen zusammenkommen: Reiche und Arme, Gebildete und Ungebildete, Griechen, Juden, Barbaren, Männer und Frauen (vgl. Gal 3,28), aber zugleich eben alle zur selben Eucharistiefeier gehören. Diese „Versammlung" realisiert nämlich primär in der Feier des Gottesdienstes und darin besonders der Eucharistie (vgl. 1 Kor 10,16f.; Eph 4,15f.) die Gemeinde, die Kirche vor Ort. Dadurch aber, dass in jeder örtlichen gottesdienstlichen Feier, in der Jesus Christus selbst durch den Geist gegenwärtig ist, die ganze weltweite Kirche präsent wird, kann und darf sich die einzelne Gemeinde nicht isolieren. Wo Jesus Christus ist, da ist auch die ganze „katholische" Kirche. Darum gehört auch die Gemeinschaft der Ortsgemeinden untereinander wesentlich zur Integrität der einzelnen Gemeinde als Gestalt und Erscheinungsform der einen katholischen Kirche Jesu Christi.
So ist die Kirche eine Gemeinschaft, die aus einem Netz von Ortskirchen besteht. Es gehört ganz wesentlich zum Begriff der „communio", dass sie in diesem Sinne eine „Gemeinschaft der Gemeinschaften" ist, die letztlich von der Eucharistie her mitstrukturiert ist. Dies kommt auch schon im paulinischen Verständnis der Kirche („ekklesia") zum Vorschein, die ja in beinahe fließenden Übergängen, aber meist doch deutlich voneinander abhebbar, die Kirche 1) als aktuelle Versammlung, 2) als konkrete Einzelgemeinde und 3) als Universalkirche meint. Dazu gehört freilich auch, dass diese Verbundenheit untereinander mit zum Ausdruck kommt durch die Amtsträger selbst. Benedikt XVI./J. Ratzinger hat immer wieder gezeigt, dass man in diesem Zusammenhang die eucharistische Ekklesiologie nicht nur vom ortskirchlichen Prinzip her verstehen darf, sondern dass auch universalkirchliche Strukturen unverzichtbar sind. Von hier aus ist auch verständlich, warum besonders die römische Glaubenskongregation bis in die jüngste Gegenwart hinein im Gedanken der „communio" auch den universalkirchlichen Zusammenhang sieht. Die „Gemeinschaft der Gemeinschaften" findet ihren Ausdruck auch in der gegenseitigen Anerkennung der sie repräsentierenden Amtsträger. Die Gemeinschaft der Gemeinschaften beruht auch hier auf der ihnen vorgegebenen und in der Feier des Abendmahls in besonderer Weise gegenwärtigen Einheit in dem einen Herrn.
Es ist erstaunlich, wie sehr alle nachkonziliaren ökumenischen Dialoge trotz mancher Diffe-renzen in dieser Richtung konvergieren. Dies hat freilich auch Konsequenzen für die Gemeinschaft in der Eucharistie. Die Gemeinschaft im Herrenmahl und die Kircheneinheit dürfen nicht zerrissen werden. Die Kirche kann im Grunde nicht ernsthaft ihre wirkliche Einheit bezeugen, ohne dass sie diese Einheit in der gemeinsamen Eucharistiefeier zum Ausdruck bringt. Deswegen stehen wir noch mitten im ökumenischen Gespräch zur Teilnahme der reformatorischen Kirchen an der katholischen Eucharistiefeier. Doch wäre dies ein neues und weiteres Thema, das in diesem Eucharistischen Kongress an mehreren Stellen ausführlicher behandelt wird.
- Hier wird Joh 6,60-71 verlesen -
Wir müssen noch auf eine Besonderheit in unserem vorgelesenen Text aus dem 6. Kapitel des Johannes-Evangeliums zurückkommen (vgl. 6,60-71). Wir haben früher davon gesprochen, wie notwendig und unerlässlich der personale Glaube an Jesus Christus sein muss, wenn wir seine Gegenwart in den Zeichen von Brot und Wein wirklich in ihrer Tiefe verstehen wollen. Bei allem Gemeinschaftscharakter der Eucharistie, der uns versammelt und auch uns trägt, dürfen wir den individuellen Glauben besonders dessen, der das Herrenmahl empfängt, nicht vernachlässigen. Es gibt unter den Menschen ohnehin sehr verschiedene Stufen der Nähe, der Sympathie, aber auch der Ferne und der Abneigung zur Gestalt Jesu Christi. Man hat auch versucht, Jesus mit anderen Heilsgestalten zu vergleichen, zumal man ihn in seiner Zeit ja auch mit Titeln von außen zu beschreiben versuchte, die nicht immer ganz auf ihn passten. Darum musste man sie gewissermaßen abschleifen und zurechtschneiden. Man denke z. B. an die Begriffe Messias, Kyrios und Menschensohn. Die Menschen haben Jesus immer wieder mit anderen Heilsbringern verglichen, auf die sie gewartet haben, z.B. auch auf einen zweiten Mose, einen wiederkehrenden Elia oder sonst einen der Propheten, wie z.B. Jeremia (vgl. Mt 16,14). Aber es kommt nicht darauf an, was die anderen denken und die Leute sagen. Im Bekenntnis des Glaubens geht es um das Ganze und den Einzelnen. Deswegen fragt Jesus selber uns alle: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?" (vgl. Mt 16,15) In solchen Situationen ist es oft Petrus, der bei allem sonstigen Versagen zur rechten Zeit und am rechten Ort das rechte Wort findet (z.B. Mt 16,16; vgl. auch 1 Kor 15,5; Lk 24,34).
Wie Johannes uns zeigt, ist sogar unter den engsten Anhängern Jesu, bei denen, die ihn immer begleiten, nach seiner Rede über die Eucharistie eine Spaltung entstanden. Die einen wollten mit ihm weitergehen, die anderen waren über die Härte und Unverständlichkeit der Rede Jesu entsetzt, murrten, viele liefen davon. Das Ärgernis war besonders die sogenannte „Brotrede". So beginnt eine richtige Spaltung unter den Jüngern, und dies trotz der Gegenwart Jesu bei ihnen. Sie halten nicht hinter dem Berg zurück. Dabei zielen sie ganz besonders auf die Rede Jesu mit den Worten: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag... Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm... Wer aber dieses Brot isst (im Unterschied zum Manna der Väter), wird leben in Ewigkeit." (Joh 6,54.56.58c) Deswegen begehren sie nun auf: „Was er sagt, ist unerträglich. Wer kann das anhören?" (6,60)
Jesus packt die Frage entschieden an. Er weicht dem Konflikt und damit auch der Trennung von einigen bisherigen Freunden nicht aus. Die Wahrheit verlangt manchmal einen hohen Preis. Jesus weiß auch, dass bei ihm einige sind, die nicht glauben, und auch wer ihn verraten wird. Es ist gewiss eine schmerzliche Erfahrung Jesu, - nur ein kleiner Trost für uns -, dass damals schon in der engsten Schar um ihn etwas passiert, was uns auch heute noch bedrängt: „Daraufhin zogen sich viele Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher." (6,66) Jesus zwingt niemand. Der Glaube braucht die freie Entscheidung. Dies gilt gerade heute, wo auf dem Markt aller Möglichkeiten uns immer wieder so viele Dinge locken.
Die Spaltung erfolgt zunächst unter den Jüngern insgesamt. Es sind wohl viele, die ihm aus unterschiedlichen Gründen folgten, gewiss manche als Sympathisanten in einem allgemeinen Sinn und auch solche, die falsche Erwartungen hatten. Der Rückzug vieler wird sehr offen zum Ausdruck gebracht. Das Evangelium schweigt nicht vor dem Versagen der Jünger. Es vertuscht nichts.
Aber nun geht die Sache ja noch weiter. Man darf nicht einfach denken, die Zwölf seien eine eiserne Schar, die durch alles hindurch für Jesus eintritt. Jesus kennt sie. Er kennt den Men-schen. Und er kennt auch unsere Herzen, so undurchdringlich sie vielleicht auch sind. Des-halb stellt er nun auch den Zwölf die Frage: „Wollt auch ihr weggehen?" (6,67) Das fragt er also auch die Apostel, deren Nachfolger heute die Bischöfe sind. Wir dürfen uns also heute nicht von diesen Versuchungen freisprechen.
Ich finde diese Herausforderung von ganz besonderer Bedeutung für uns heute: Wir haben die Freiheit, auch zu anderen zu gehen. Viele Menschen tun dies und suchen sich - freilich oft nur auf eine gewisse Zeit - ihre Gurus und Therapeuten aus, laufen für einige Zeit allen möglichen Lehren und Praktiken nach, verlieren sich aber nicht selten und verfallen Strömungen, die uns am Ende die Freiheit kosten. Aber es ist die Würde des Menschen, dass er entscheiden und wählen kann. Dies ist Gott sehr wichtig. So kann er sich auch regelrecht verfehlen. Nicht jede Religion ist von Hause aus schon gut. Sie muss freiheitsfördernd sein. Man muss immer Wesen und Unwesen der Religion unterscheiden.
In dieser schwierigen Situation, wo die meisten wohl eher schweigen und den Kopf gesenkt auf den Boden richten wollten, ist Petrus wirklich ein Zeuge. Wie bei anderer Gelegenheit (vgl. Mt 16,13-20), legt er ein Bekenntnis ab, das die einzige Antwort auf Jesu Frage ist. Sie lautet: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens." (Joh 6,68) Petrus trifft den Nagel auf den Kopf. Darum geht es: Er allein gibt uns eine letzte Geborgenheit und einen absoluten Halt im Leben und im Sterben. Er wird uns immer begleiten, wo sonst alle anderen sich aus dem Staub machen. Er ist ein unersetzlicher Freund des Lebens der Menschen und von uns allen. Aber dies kann er nur sein, weil er als der Sohn Gottes aus dem Herzen des Vaters, von dem lebendigen Gott selbst kommt. Nur darum bringt er uns nicht einfach ein hohles Versprechen, wie es viele tun, sondern er bringt uns wirkliche Nahrung und stillt unseren Hunger nach Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe.
Jetzt wird es ernst mit den Ausführungen der „Brotrede". Nur darum gibt es als einzige Ant-wort von uns Menschen auf eine solche göttliche Zuwendung den Hymnus im Philipper-Brief, der in besonderer Weise diese Einzigkeit Jesu Christi zum Ausdruck bringt. Jesus hat keine Angst vor der Hingabe seines Lebens für andere und am Ende auch nicht vor dem Tod. Er weiß, dass der Vater ihn auch in der ärgsten Erniedrigung und sogar in der Gottverlassenheit trägt und hält. Darum ist er für uns der Einzige, dem wir alles anvertrauen dürfen. „Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: ‚Jesus Christus ist der Herr‘ - zur Ehre Gottes des Vaters." (Phil 2,9-11)
Dieses Bekenntnis wird am meisten sichtbar, wenn wir den Herrn der Welt in den Gaben von Brot und Wein verehren und ihm unsere Huldigung darbringen. Er ist der einzige Herr, vor dem wir auf die Knie fallen dürfen. Er respektiert dabei auch und gerade unsere Freiheit, obwohl er der Herr der Welt ist. Die Petrus-Antwort sagt alles: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens." (Joh 6,68)
(c) Karl Kardinal Lehmann, Bischof von Mainz
Redemanuskript
von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz
Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz