Festakt zur Preisverleihung

Begrüßung von Bischof Karl Lehmann zur Verleihung des Kunst- und Kulturpreises der deutschen Katholiken anläßlich des 93. Deutschen Katholikentages in der Rheinland-Pfälzischen Staatskanzlei Mainz

Datum:
Samstag, 13. Juni 1998

Begrüßung von Bischof Karl Lehmann zur Verleihung des Kunst- und Kulturpreises der deutschen Katholiken anläßlich des 93. Deutschen Katholikentages in der Rheinland-Pfälzischen Staatskanzlei Mainz

Ich heiße Sie zur Verleihung des Kunst- und Kulturpreises der deutschen Katholiken an diesem Morgen herzlich willkommen. Ich sage dies auch im Namen des Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken Herrn Professor Hans Joachim Meyer, der nachher den Preis übergeben wird. Wir danken dem Ministerpräsidenten des Landes Rheinland-Pfalz, Herrn Kurt Beck, daß er hier im Festsaal der Staatskanzlei diese Feierstunde ermöglichte.

 

Mein Gruß und mein Willkommen gilt vor allem den beiden Preisträgern, die im Mittelpunkt des heutigen Festaktes stehen: Professor Petr Eben aus Prag und Professor Bertold Hummel aus Würzburg. Ich begrüße Sie und Ihre verehrten Gattinnen auf das herzlichste. Wir freuen. ans alle, daß Sie den Preis angenommen haben und zu uns hierher nach Mainz gekommen sind. Ein nicht minder herzlicher Gruß gilt Herrn Dr. Thomas Daniel Schlee, dem Leiter des Brucknerhauses in Linz, der die Laudatio für die beiden Preisträger halten wird.

 

Der Kunst- und Kulturpreis der deutschen Katholiken ist im Jahre 1990 zum erstenmal vergeben worden. Der Preis sollte und soll einen Beitrag leisten zur Begegnung von Kirche und unserer Kultur heute, aber auch einen Beitrag zur Begegnung der Kirche mit den Künstlern und Künsten unserer Zeit. Der Preis will - und diese Feierstunde heute tut dies in besonderer Weise - das Bewußtsein von der Bedeutung von Kunst und Kultur in der Kirche, unter den deutschen Katholiken, schärfen, aber auch die religiösen Dimensionen von Kunst und Kultur in der pluralistischen Gesellschaft heute stärken..

 

Papst Paul VI. hat in seiner Enyklika „Evangelii nuntiandi" schon im Jahre 1975 festgestellt: „Der Bruch zwischen Evangelium und Kultur ist ohne Zweifel das Drama unserer Zeitepoche." Das intensive Bemühen von Papst Johannes Paul II. um die Kunst und Kultur unserer Zeit, wie es eindrucksvoll im Jahre 1980 bei seiner viel beachteten Rede vor den deutschen Künstlern im Herkules-Saal der Münchner Residenz zum Ausdruck kam, unterstreicht die grundsätzliche Analyse des Montini-Papstes. Deshalb nimmt er auch auf seinen mittlerweile unzähligen Pastoralreisen vermehrt und stets deutlich zu den kulturellen Zeichen der Zeit Stellung. Sein stetes Anliegen der Neu-Evangelisierung der Welt zielt auch darauf, die Kultur - und das meint doch die Lebensvollzüge der Völker - vom Evangelium her, zu durchdringen und damit mehr und mehr den Bruch zwischen Evangelium und Kultur zu mindern.

 

Aber es gibt hoffnungsvolle Beispiele für ein lebendiges Verhältnis zwischen der Musikklultur unserer Tage und dem Geist des Evangeliums. Ich nenne nur die faszinierende Gestalt von Olivier Messiaen, der auf diesem Katholikentag mit wenigstens einigen Teilen einer noch größeren Ausstellung noch einmal eine verdiente Aufmerksamkeit erfährt. Auch die beiden Komponisten, die wir in dieser Feierstunde ehren, Petr Eben und Bertold Hummel, gehören in den größeren Zusammenhang der neuen Musik. Ihre Bedeutung reicht weit über den innerkirchlichen Raum hinaus. Aber sie sind uns auch deshalb preiswürdig gewesen, weil ein Großteil Ihres Oeuvres der geistlichen Musik gehört. Daß Petr Eben gerade in der Zeit des Kommunismus seine Schaffenskraft in diese Richtung lenkte, verdient unseren besonderen Respekt und unsere Anerkennung.

 

Wir müssen die Klagen und Befürchtungen, nach denen unsere Liturgie und unsere Gottesdienste manchmal in der Gefahr sind, in Banalitäten abzugleiten, ernst nehmen. Gewiß sind nicht alle Versuche, die musikalische Sprache der Popkultur in Gottesdienst zu buchstabieren, geglückt. Wohlmeinende pastorale Absichten landen gelegentlich im Kitsch. Daher ist es besonders wertvoll, daß es Komponisten gibt, die zeigen, daß der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs und der Gott Jesu besser in musikalischen Formen verehrt wird, die seiner Andersartigkeit und seinem Geheimnis entsprechen.

 

Sicher muß auch der anspruchsvolle zeitgenössische Komponist eingestehen, daß er es den Menschen unserer Zeit, den Gottesdienstbesuchern und Kirchenchören, die seine Musik singen und spielen wollen, nicht immer leicht macht. Da ist es ein hoffnungsvolles Zeichen, daß sich nicht nur Liebhaberzirkel, sondern ein wachsendes Publikum - nein, eine immer größere Gemeinde auf den Weg macht, den ihnen unsere zeitgenössischen Komponisten weisen. Neue Musik findet mehr und mehr aufgeschlossene Hörer in der Kirche. Uns muß daran gelegen sein, daß diese Gemeinde wächst. Das Zweite Vatikanische Konzil hat für die großen Kompositionen der Musikgeschichte eine Gleichrangigkeit von Wort und Musik auch in der Liturgie festgehalten. Die Musik ist also ein gleichberechtigter und eigenständiger Teil im Gesamt der Liturgie. Dieser hohe Anspruch, der an die Musik gestellt wird, muß aber auch eingelöst werden. Wir dürfen nicht unsere besten Schätze unzugänglich lassen, hintanstellen oder gar verraten.

 

Die beiden Preisträger Petr Eben und Bertold Hummel haben mit ihrer Musik, die bei weitem nicht nur Kirchenmusik ist, einen Beitrag zur musikalischen Kultur in Deutschland und in unserem Nachbarland Tschechien geleistet. Sie sind uns mit ihrer Musik aber auch Wegweiser für die Musik in der Kirche. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar. Besonders freut es mich, daß wir neben Bertold Hummel heute auch Petr Eben ehren, zu dem wir in Mainz schon länger eine intensive Beziehung unterhalten. Für Sie, verehrter Prof. Petr Eben, war es in der Zeit der Unterdrückung wichtig, daß Sie im Westen überhaupt eine Möglichkeit hatten, Ihre Werke zur Aufführung zu bringen. Heute soll diese Ehrung auch verstanden werden als ein Beitrag zum Verständnis und zur Versöhnung unserer beiden Völker. Dafür sind Sie, verehrter Herr Professor Eben, mit ihrer Musik und ihrer Lebensgeschichte schon oft und lange eingetreten.

 

Noch einmal sage ich Ihnen allen ein herzliches Willkommen, aber auch einen Dank, daß Sie alle durch Ihre Gegenwart die Bedeutung der beiden Preisträger und des Preises hervorheben und die gemeinsame Aufgabe begleiten.

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz