„Gebt Zeugnis von eurer Hoffnung"

Hirtenwort des Bischofs von Mainz Dr. Dr. Karl Lehmann zur Österlichen Bußzeit 1998

Datum:
Dienstag, 10. Februar 1998

Hirtenwort des Bischofs von Mainz Dr. Dr. Karl Lehmann zur Österlichen Bußzeit 1998

150 Jahre Katholikentage in Mainz: Herausforderung und Auftrag

Inhalt
1. Rückblick als lebendige Erinnerung für heute
2. Das zentrale Leitwort vom Zeugnis christlicher Hoffnung
3. Gott braucht Zeugen

Hilfen für die Vorbereitung

Einladung zur Teilnahme und Bitte um Mitwirkung

Vorbereitung, Gebet, Fürbitten, Hinweise
1. Das Anliegen
2. Die Katholikentags-Kerze
3. Urkunde: Zeugnis unserer Hoffnung
4. Weitere Vorschläge

Gebet
Vorschläge zu Fürbitten

Hinweis

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Wenn wir vom 10. bis 14. Juni l998 in Mainz den 93. Deutschen Katholikentag begehen, hat dies mindestens drei sehr wichtige Elemente, die zu denken geben: Vor 150 Jahren fand im Revolutionsjahr l848 in Mainz der erste deutsche Katholikentag überhaupt statt. Vor 50 Jahren hat der erste Nachkriegskatholikentag im Jahr l948 ebenfalls in Mainz getagt und für den sozialen, wirtschaftlichen und kirchlichen Aufbau viele Anstöße gegeben. In diesem Jahr stehen wir bald vor der Jahrtausendwende und fragen uns, wie wir als Kirche in unserem Land unsere spirituellen Kräfte bündeln und wo wir Schwerpunkte des kirchlichen Handelns setzen müssen.

Zur Beantwortung dieser Probleme gibt es viele Foren und Einrichtungen. Die Katholikentage gehören seit l50 Jahren auf jeden Fall dazu. Ja, sie haben für die Entwicklung des deutschen Katholizismus eine kaum überschätzbare Bedeutung. Sie sind in vieler Hinsicht, besonders auch im Blick auf die Verkündigung, den Gottesdienst und den Dienst für die Menschen, Knotenpunkte lebendiger Gegenwart von Kirche an den Schnittstellen zu unserer säkularen Umwelt. Das Bistum und die Stadt Mainz durften von den bisherigen 92 Treffen sechs Begegnungen durchführen. Dies geschah in den Jahren 1848, 1851, 1871, 1892, 1911, 1948.

1. Rückblick als lebendige Erinnerung für heute

Im Revolutionsjahr l848, das ganz Europa bewegte, taten sich auch viele Katholiken in Vereinen zusammen, die zwar für keinen Umsturz und auch keinen Einsatz von Gewalt gegen die Obrigkeit, wohl aber für Einheit und Freiheit, besonders jedoch für eine demokratische Verfassung eintraten. Es ging vor allem um Wohlstand, Bildung und Freiheit für alle. Die Katholiken wollten in diesem Zusammenhang auch die ständige Kontrolle der Kirche durch den Staat abschütteln. Sie fühlten sich auch politisch nicht angemessen vertreten. Die kirchliche Erneuerung jener Jahre hatte so viel Selbstbewußtsein geschaffen, daß die Katholiken sich aktiver und offensiver mit der säkularen Welt und einem oft feindseligen Staat auseinandersetzen wollten. In diesem Sinne unterstützten viele Katholiken, darunter der spätere Mainzer Bischof Wilhelm Emmanuel Freiherr von Ketteler, im Parlament der Frankfurter Paulskirche den Einsatz für die Grundrechte, besonders auch für wahre Religions-, Presse- und Versammlungsfreiheit. Wenn die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche auch die beiden großen Aufgaben, einen Staat zu gründen und ihm in Einheit und Frieden eine Verfassung zu geben, nicht erreichen konnte, so ist sie dennoch ein ganz entscheidender Schritt auf dem Weg zu einem demokratischen Gemeinwesen, wie wir es nun seit bald 50 Jahren in unserem Land haben. Der erste Katholikentag l848 in Mainz muß in dieser Aufbruchstimmung, freilich auch mit den Sorgen und Ängsten für die unmittelbare Zukunft gesehen werden. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken hat dieses Erbe seit 150 Jahren aufgenommen, gepflegt und fortgeführt. Dafür gebührt ihm Dank. Viele Länder beneiden uns um diese Möglichkeiten.

Hundert Jahre später stand der erste Katholikentag nach dem Zweiten Weltkrieg wiederum an einer Wendemarke in der Geschichte unseres Volkes. „Der Christ in der Not der Zeit", so lautete das Thema. Der Katholikentag von l948 - nicht wenige erinnern sich noch daran - hat vielen zum inneren und äußeren Aufbau unseres Landes Mut gemacht, freilich auch schon auf die innere Not hingewiesen, wenn z.B. in Anlehnung an französische Erfahrungen auch von Deutschland als „Missionsland" gesprochen wurde.

1848, 1948 und hoffentlich 1998 sind so etwas wie Meilensteine auf dem Weg der Kirche, nun auf der Schwelle in das dritte Jahrtausend. Denn auch wir stehen heute zweifellos an einem Kreuzungspunkt in der Geschichte Europas, unseres Landes und wohl auch der Kirche. Weltweiter Wettbewerb und in vielen Teilen der Welt eine große Arbeitslosigkeit sind elementare Herausforderungen gerade für unser Land, das bisher in geglückter Form wirtschaftliche Entwicklung und sozialen Ausgleich zu einem für alle Seiten nützlichen Konsens bringen konnte. Der notwendige Umbau des Sozialstaates darf freilich elementare Errungenschaften, gerade auch in den Sozialsystemen, nicht aushöhlen. Niemand darf aber deswegen das notwendige Umdenken in Richtung von mehr Eigenverantwortung auf allen Ebenen grundlegend behindern. Bei dem kleiner werdenden gemeinsamen Werte-Konsens und dem schwindenden Gemeinsinn - vielleicht sind dies die eigentlichen Übel - wird eine Antwort auf diese Herausforderung immer schwieriger. Die Kirche darf diesen Problemen jedoch nicht ausweichen, kann aber nur aus der letzten Tiefe des ihr anvertrauten Evangeliums eine wirklich segensreiche Hilfe bieten, nicht durch Anpassung und Nachplappern von üblichen Schlagworten. Der Katholikentag 1998 wird zweifellos daran gemessen werden, wie weit er hier geistesgegenwärtig, realitätsoffen und zielgenau sein wird.

2. Das zentrale Leitwort vom Zeugnis christlicher Hoffnung

Seit über 65 Jahre haben Katholikentage ein Leitwort, das auch helfen soll, die immer zahlreicher werdenden Einzelthemen spirituell und theologisch, pädagogisch und organisatorisch zu bündeln. Für den Mainzer Jubiläums-Katholikentag und seine Aufgaben erschien ein Leitwort hilfreich, das die leichte Abwandlung eines bekannten Wortes aus dem Ersten Petrusbrief (3, l5) darstellt und im Kontext Ausführungen über das rechte Verhalten des Christen in der ihm am Ende doch fremden und ihn oft bedrängenden Welt enthält: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt; aber antwortet bescheiden und ehrfürchtig, denn ihr habt ein reines Gewissen." Oft wird auch knapp übersetzt: Gebt Rechenschaft von eurer Hoffnung. Das etwas abgewandelte Leitwort heißt nun nach langem Ringen: „Gebt Zeugnis von eurer Hoffnung." Das Wort Zeugnis ist neu in dieser freier formulierten Fassung.

Unsere Zeit braucht Hoffnung. Sie wird von vielen Sorgen, Unsicherheiten und düsteren Prognosen bestimmt. Die schon genannte Arbeitslosigkeit vieler steht als drohende Mahnung vor uns. Gewiß ist die schwindende Überzeugung von gemeinsamen geistigen und ethischen Maßstäben in unserer Gesellschaft noch schwerwiegender. Dies kann leicht wie bei großen Zeitenwenden zu Katastrophenstimmungen führen.

In einer solchen Situation können und wollen die Christen keine billige Hoffnung anpreisen. Der übliche, sicher oft gut gemeinte Optimismus trägt nicht. Es wird nicht einfach alles weitergehen wie bisher. Wir müssen auf vielen Ebenen des persönlichen und öffentlichen Lebens durch Talsohlen hindurch und Durststrecken bewältigen. Keiner wird unverändert aus den oft harten Zumutungen einer veränderten Welt herausgehen. Darum taugt nur eine Hoffnung, die auch Enttäuschungen verkraften, ja für unsere normalen Empfindungen Unzumutbares bewältigen kann.

Die christliche Hoffnung ist weit gespannt und umfaßt alles zwischen Himmel und Erde. Sie ist aber auch durch das Kreuz Jesu Christi geprägt, an die Wirklichkeit des Lebens geheftet, darum nüchtern zurückbezogen auf die ungeschminkte Realität und sie darf dieser nicht ausweichen. Die christliche Hoffnung ist jedoch nicht nur in den Dingen dieser Welt erfahren, sondern bietet in allen Situationen, gegen die sonst kein Kraut gewachsen ist, einen letzten Halt. Sie weiß, daß der Glaubende auch im Leiden und Sterben die Hoffnung nicht zu verlieren braucht, sondern in die Hände eines gerechten und barmherzigen Gottes fällt.

Darum kann uns nur Gott selbst eine solche tragfähige Hoffnung schenken. Im Glauben erkennen wir, daß diese Hoffnung durch das Lebensgeheimnis Jesu Christi unsere irdische Wirklichkeit schon ergriffen hat und verwandeln kann, aber wir sind immer noch unterwegs und wissen um das Vorläufige und Bruchstückhafte, Verletzliche und Unvollendete jeder Hoffnung in dieser Zeit. Dies ist für den Christen jedoch kein Anlaß zur Resignation, sondern zum mutigen Bekenntnis und zu einer unentwegten Erneuerung von Kirche und Gesellschaft - gegen alle Widerstände und Rückschläge. Diese fängt aber zuerst bei uns selbst an, in der Umkehr unseres Herzens. Nur so kommt eine Reform zustande, die diesen Namen wirklich verdient.

3. Gott braucht Zeugen

Das Kommen dieser Hoffnung ist kein Ereignis, das wie Regen und Schnee vom Himmel fällt oder einfach gegen Rechnung bestellt werden kann. Solche Hoffnung gegen alle Hoffnungslosigkeiten ist immer ein unverdientes Geschenk Gottes, das uns grundlos zufällt. Wir sind uns heute freilich auch bewußter geworden, daß diese unzerstörbare Hoffnung jetzt schon, wenigstens anfangshaft, unsere Welt verwandeln will und uns dafür in Pflicht nimmt. Gerade deswegen braucht diese Hoffnung Menschen, die mit ihrer ganzen Existenz für sie eintreten. Die hohen Worte und Programme müssen wie große Geldscheine in kleine Münze gewechselt werden. Es braucht den Zeugen. Der Zeuge ist kein neugieriger, am Ende unbeteiligter Zuschauer am Rand der Welt. Er begibt sich mutig und entschieden in die Konkurrenz der geistigen, politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Auf jeden Einzelnen und auf alle zusammen kommt es an. Glaubwürdigkeit, nach der in unserer Welt überall verlangt wird, kommt nur durch persönlichen Einsatz und solche Zeugenschaft zustande.

Der wirkliche Zeuge eckt an und steckt an. Beides ist in unserer Welt notwendig. Wir müssen Ungerechtigkeit und Unwahrheit, manchmal auch durch Provokation, aufdecken und ans Licht bringen. Wer sich nur anpaßt an das, was ist, kann dies niemals leisten. Wir brauchen viele Mitstreiter, um aus dem Glauben heraus eine neue Welt für die Menschheit im dritten Jahrtausend mitaufzubauen. Mitläufertum reicht nicht mehr. Jeder Zeuge wirkt durch sich selbst, sei es durch sein Leben, durch die Tat und durch das Wort. Gerade das gelebte Zeugnis der Hoffnung im Alltag wird wichtiger.

Der Zeuge ist bei allem Einsatz jedoch nicht fanatisch, vielmehr vertraut er der Kraft des Geistes: der Orientierung und der Weisung, dem Beispiel und dem Vorbild, dem Argument und dem ernsthaften Dialog. Nur so können wir heute und künftig Zeugen der Hoffnung sein: Boten der Frohbotschaft Gottes für unsere kleinen Lebenskreise und die große, weite Welt. Nur so sind wir ohne hohles Getue wahrhaft missionarisch und werben bei unseren Zeitgenossen, ob jung oder alt, kirchendistanziert oder nichtglaubend, für eine Hoffnung, deren Erfüllung alle im verborgenen Grund ihres Herzens suchen.

Diese Hoffnung freilich kann auf die Dauer nicht anonym sein, sondern ist eine Person mit einem Namen und einem menschlichen Antlitz: Jesus Christus. Er ist der treue Zeuge Gottes. Nur in seiner Nachfolge gibt es diese Hoffnung, von der die Rede war.

Hilfen für die Vorbereitung

Darum brauchen wir auch konkrete geistliche Formen der Vorbereitung auf einen Katholikentag mit diesem Leitwort: „Gebt Zeugnis von eurer Hoffnung", der uns an die Schwelle des dritten Jahrtausends führt. In erster Linie gehört das Gebet zu dieser Hinführung. Es kann ja nicht nur um eine perfekte technische Organisation gehen, so dankbar wir dafür den erfahrenen und unermüdlichen Verantwortlichen im Zentralkomitee der deutschen Katholiken und im Bistum Mainz sind. Die Vorbereitungsgruppe, die das „Geistliche Zentrum" des Katholikentages plant, hat dafür anschauliche und brauchbare Vorschläge gemacht, die von der Katholikentagskerze über eine Urkunde als Zeugnis unserer Hoffnung bis hin zu vielen einzelnen Beispielen reichen. Diese sind mit einem Gebet und mit einem Vorschlag für Fürbitten diesem Hirtenwort beigefügt.

Zum Leitwort gehört auch ein anschauliches Symbol, ein sogenanntes Logo. Das Markenzeichen für den Katholikentag ist das weite blaue Meer mit einem springenden Delphin. Er muß freilich immer mit dem Leitwort zusammengesehen werden. Der Delphin selbst ist ja gerade heute ein vieldeutiges Zeichen, das mannigfach vermarktet wird. Aber nicht nur die vorchristliche, antike Welt hat im Delphin ein denkwürdiges Lebewesen, den König der Seetiere, gesehen, das durch Geschicklichkeit und Schnelligkeit, Hilfeleistungen und eine fast menschenartige Klugheit auffiel und so als Bild auf vielen Lampen, Fresken und steinernen Särgen vorkommt. Vielmehr hat die frühe Christenheit in der ungewöhnlichen Sprungkraft des Delphins, der beinahe mühelos Hindernisse überwindet, ein sprechendes Symbol für die Schwungkraft des Glaubens gesehen. So hat man in ihm auch ein Bild für Heil und Rettung erblickt. Dieses Symbol - immer in Verbindung mit dem Aufruf zum Zeugnis der Hoffnung - können wir heute brauchen. Unsere Gesellschaft stagniert, auch wenn es hektisch zugeht. Wir haben viele Ängste und wagen zu wenig. Wir sind verzagt und manchmal auch träge. Da kann uns der frische Delphin mit seinem gezielten Satz auf die Sprünge helfen.

Dies alles soll uns helfen, aus dem Schwung des Glaubens heraus viele Mauern von heute zu überspringen und mit unverbrauchter Kraft der Hoffnung und Zuversicht ein neues Jahrtausend zu eröffnen, das nicht nur wir Christen nach der Zeitenwende durch die Geburt Jesu Christi berechnen. In diesem Sinne wollte ich bei aller Bescheidenheit den Katholikentag 1998 mit den Ereignissen von 1848 und 1948 in Beziehung setzen.

Einladung zur Teilnahme und Bitte um Mitwirkung

Ich möchte Sie darum im ganzen Bistum sehr herzlich bitten, sich spirituell auf diese Tage im Juni vorzubereiten und froh und mutig in Mainz teilzunehmen. Bald erscheint das umfangreiche Programm mit einem großen Angebot. Ich bitte Sie auch sehr darum, aktiv in der Vorbereitung mitzuwirken, wenn Sie daraufhin angesprochen werden, und großzügige Gastgeber zu werden, wenn Sie in Mainz und Umgebung wohnen und dazu irgendwie in der Lage sind. Sie machen mir auch im 15. Jahr meines bischöflichen Dienstes im Bistum Mainz das schönste persönliche Geschenk, wenn wir so mit Ihnen rechnen dürfen.

Mancher hat Einwände und ein Unbehagen gegen Großveranstaltungen jeder Art. Ich kann dies bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Aber wir leben in einer Welt, die auch in Fragen des Glaubens von der Präsenz oder auch Abwesenheit der Kirche in der säkularen Gesellschaft mitbestimmt wird. Es gibt heute nicht so viele Chancen für eine solche Geistesgegenwart von Kirche in einer großen Öffentlichkeit. Darum gehört zu Katholikentagen auch eine bestimmte geschichtliche Stunde, die uns in einem sehr konzentrierten Spiegel der aktuellen Situation wichtige Blitz- und Momentaufnahmen des Lebens und Wirkens Kirche in der Gesellschaft liefert. Diese Gemeinschaftserfahrung des wandernden Volkes Gottes wollen wir auch mehr und mehr mit den Schwestern und Brüdern aus den anderen christlichen Kirchen teilen. Auch sie sind herzlich zur Teilnahme eingeladen wie alle Menschen guten Willens. Helfen Sie mit, daß wir gegen allen Pessimismus und auch gegen die eigene Trägheit diese einzigartige und unersetzliche Chance für die Kirche von heute nützen. Mainz, für viele Jahrhunderte „Centrum des Reiches", ist auch in dieser Hinsicht eine Reise wert.

Ich danke Ihnen jetzt schon für alles Interesse und für Ihre Mithilfe, besonders auch für eine gediegene geistliche Vorbereitung. Dafür erteile ich Ihnen allen aus ganzem Herzen die Segensfülle des Dreifaltigen Gottes,
des + Vaters, des + Sohnes und des + Heiligen Geistes.

Copyright: Bischof Karl Lehmann, Mainz

Vorbereitung auf den kath. Kirchentag, Gebet, Fürbitten, Hinweise

1. Das Anliegen

Mit diesem Hirtenbrief sind alle Gemeinden des Bistums zur geistlichen Vorbereitung auf den Katholikentag in Mainz im nächsten Jahr eingeladen. Der Katholikentag soll ja nicht nur inhaltlich und technisch gut organisiert, sondern auch geistlich vorbereitet sein. Die Vorbereitung ist für unsere Gemeinden zugleich ein Chance, einmal bewußt hinzuschauen, wo Gemeinde lebt, wo in unseren Gemeinden Hoffnung lebendig ist und wie wir von dieser Hoffnung Zeugnis geben können.

Deshalb sollen an dieser Stelle nun einige konkrete Anregungen und Möglichkeiten genannt werden, wie solche geistliche Vorbereitung in unseren Gemeinden gestaltet werden könnte.

2. Die Katholikentags-Kerze

Im Rahmen der Diözesanversammlung hat Bischof Lehmann am 10./11. Oktober 1997 allen Dekanen eine große weiße Kerze überreicht. Diese Kerze soll in den Monaten bis zum Katholikentag innerhalb des Dekanates von Gemeinde zu Gemeinde gehen. Sie ist ein sichtbares Symbol für die Vorbereitung der ganzen Diözese auf den Katholikentag. Die Kerze kann einen besonderen Platz erhalten bei Gottesdiensten, Bibelgesprächen, Meditationen, Gebetsabenden oder ähnlichen Veranstaltungen zur Vorbereitung auf den Katholikentag.

Gedacht ist, daß das, was in unseren Gemeinden lebt, auch durch ein Symbol auf dieser Kerze Ausdruck bekommt. Die Gemeinden des jeweiligen Dekanates können ihre Kerze gestalten. Jemand aus der Gemeinde oder eine Gruppe könnte mit Wachs oder speziellen Farbstiften zum Bemalen von Kerzen ein Zeichen anbringen, das Zeugnis gibt von der Hoffnung, die in dieser Gemeinde lebendig ist. So wird die Kerze im Dekanat gemeinsam gestaltet, und mehr und mehr Hoffnungszeichen verknüpfen sich miteinander. Die Kerze selbst wird zu einem Zeugnis für unsere gemeinsame Hoffnung.

Die so gestalteten Kerzen werden dann zum Katholikentag wieder nach Mainz gebracht und bei den zentralen Gottesdiensten an Fronleichnam erstmals feierlich entzündet. Am Ende der Fronleichnamsgottesdienste werden sie in das „Geistliche Zentrum" des Katholikentages gebracht. Dort werden die Kerzen in dem Raum, in dem zur Eucharistischen Anbetung eingeladen wird, sowie in einem zweiten Raum, in dem rund um die Uhr aus der Bibel gelesen wird, Tag und Nacht brennen. Auch an diesen beiden Orten, die wie ein geistliches Herz des Katholikentages sein sollen - Wort und Brot, das die Hoffnung nährt - sind die Gemeinden des Bistums zu aktiver Mithilfe eingeladen. Ebenso wird in jeder der „Kirchen am Weg", also in den Mainzer Kirchen, in denen täglich die großen Gottesdienste beim Katholikentag gefeiert werden, eine dieser Kerzen brennen als sichtbares Zeichen lebendiger Hoffnung in unserer Diözese.

3. Urkunde: Zeugnis unserer Hoffnung

Zusammen mit den Kerzen hat der Bischof den Dekanen auch ein Urkundenblatt für jede Gemeinde seines Dekanates überreicht. Auf diesem leeren Blatt soll formuliert und bezeugt werden, was dieser Gemeinde konkret Hoffnung macht. Alle diese Urkunden werden schließlich zu einem Buch gebunden, das während des Katholikentags im Geistlichen Zentrum ausliegt. Jedes Dekanat soll nach dem Katholikentag eine Kopie dieses Buches erhalten, so daß die Hoffnung, von der wir am Katholikentag Zeugnis geben, auch darüber hinaus in den Gemeinden weiterwirken kann.

4. Weitere Vorschläge

Damit sich die ganze Gemeinde zur geistlichen Vorbereitung auf den Katholikentag eingeladen weiß, bietet es sich an, die Kerze und die Urkunde z.B. in die Gestaltung einer sonntäglichen Meßfeier einzubeziehen. Möglich ist dann etwa ein Hinweis und eine Erläuterung im Blick auf diese beiden äußeren Zeichen und ihre Bedeutung bei der Begrüßung. In die Gestaltung der Fürbitten könnte die Kerze miteinbezogen werden, indem man die einzelnen Bitten etwa so einleitet: „Diese Kerze soll beim Katholikentag brennen für...". Vor dem Segen können Kerze und Urkunde an eine Vertreterin oder einen Vertreter der Gemeinde überreicht werden mit der Bitte, darauf ein Hoffnungszeichen der Gemeinde zu gestalten. Auch das Gebet des Bischofs zur Vorbereitung auf den Katholikentag sollte in einem solchen Gottesdienst seinen festen Platz haben.

Darüber hinaus gibt es viele Möglichkeiten in einer Gemeinde, bewußt auf den Katholikentag zuzugehen: z.B. einen monatlichen Gebetsgottesdienst, Bibelgespräche, Meditationen. Gerade auch die Alten und die Kranken können eingeladen werden, durch ihr Gebet mitzuwirken an einer guten Vorbereitung des Katholikentages. Auch hier sollte das Gebet des Bischofs seinen Platz haben.

Viele konkrete Anregungen zur geistlichen Vorbereitung auf den Katholikentag in den einzelnen Gemeinden enthält ein Heft mit Bausteinen und Vorschlägen. Dort finden sich z.B. eine Sammlung von Bibelstellen zum Thema des Katholikentags, Liedvorschläge, Hoffnungsgeschichten, Zitate zum Nachdenken und Anregungen für unterschiedliche Veranstaltungen wie z.B. Fotowettbewerb, Filmnacht, Kinderbibeltag mit Aktentaschentheater, Diamalen, sprechenden Bildern. Das Heft ist kostenlos erhältlich und kann beim Liturgiereferat des Bistums, Postfach 15 60, 55005 Mainz, Fax 06131 / 243-558, bestellt werden.

Gebet um die Hoffnung

Wir bitten Dich Gott, Du Ursprung und Ziel unseres Lebens, stärke in uns die Hoffnung, schenke uns die Kraft der Zuversicht und den Mut des Glaubens. Laß uns immer Sehnsucht spüren nach Dir, laß uns stets auf Dich bauen, laß uns so gesinnt sein wie Du. Dann können wir mutig immer wieder die Aufgaben unseres Lebens und unserer Zeit anpacken.

Die Hoffnung unseres Lebens und der ganzen Geschichte ist Dein eingeborener Sohn Jesus Christus. Er besitzt alles, was wir erhoffen und ersehnen. Er ist Mensch geworden und hat so Dein göttliches Leben in unsere elende, ja sündige Welt gebracht. Er hat als unser Bruder das menschliche Leben in den größten und fürchterlichsten Möglichkeiten angenommen. Da Dein Sohn durch das bittere Leiden und den gewaltsamen Tod hindurchgegangen und in all dem nicht untergegangen ist, ist er für uns alle zu einem Hort und Unterpfand der Hoffnung geworden.

Als Zeichen Deiner Hoffnung für alle und für jeden hast Du, Gott des Lebens, Deinen Sohn zum Anführer dieser siegreichen Zuversicht und Deine Kirche zum universalen Zeichen des Heils für alle Völker und alle Menschen guten Willens gemacht. Darum soll Deine Kirche immer mehr eine Stätte des Friedens und der Hoffnung werden. Reinige sie von Kleinglauben und Verzagtheit des Herzens.

Unser Katholikentag ist ein kleiner Spiegel dieser großen Hoffnung für unser Land und durch uns für Europa und die ganze Welt. Schenke uns Frauen und Männer, die bereit sind, das Licht Deiner Hoffnung immer neu zu empfangen und es als eine Fackel weiterzutragen bis in alle Winkel unseres Lebens. Hilf uns, daß wir uns nicht abbringen lassen von der Hoffnung des Evangeliums für alle. Stärke die Leidenden und die Kranken, die Einsamen und die Verzweifelten, alle Zeugen in der bunten Vielfalt ihres Wirkens sowie alle Frauen und Männer im Dienst der Seelsorge und der Liebe zum Nächsten. Stehe den Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft bei, damit wir gemeinsam mit ihnen besonders die Arbeitslosen nicht vergessen, die jungen Menschen in ihrer Offenheit auf die Zukunft hin nicht enttäuschen und die Verantwortung für die Familien entschieden wahrnehmen. Laß uns die Alten ehren, das Leben des ungeborenen Kindes verteidigen, die Fremden annehmen und die unterentwickelten Völker unterstützen. Schenke uns allen dafür die Gaben des Heiligen Geistes.

Laß Dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig, bis wir Dich einmal schauen dürfen von Angesicht zu Angesicht in der Fülle des dreifaltigen Lebens. Amen.

Vorschläge zu Fürbitten 

Guter Gott, Du führst die Menschen bei all ihrer Verschiedenheit immer wieder neu zusammen zu einer Gemeinschaft von Glaube, Hoffnung und Liebe. Du stärkst Deine Kirche auf ihrem Weg in ein neues Jahrtausend und bereitest uns dafür durch den Geist der Zuversicht.

A: Wir bitten Dich:
- Schenke allen Schwestern und Brüdern in der Kirche Kraft und Mut, den christlichen Glauben freundlich und entschieden ihrer Mit- und Umwelt zu bezeugen. Gott, unser Vater:

A: Wir bitten Dich, erhöre uns!
- Laß den Katholikentag dieses Jahres in Mainz zu einem frohen Fest des Glaubens werden, das viele ermutigt. Gott unser Vater:

A: Wir bitten Dich, erhöre uns!
- Erneuere durch den Katholikentag die Bereitschaft der Menschen in unserem Land, in allen notwendigen Veränderungen die Zukunft gerecht, sozial und menschenfreundlich zu gestalten, besonders im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Gott, unser Vater:

A: Wir bitten Dich, erhöre uns!
- Laß die getrennten Christen durch die einzigartige Hoffnungskraft Deiner Botschaft immer mehr zusammenwachsen, damit die Welt glaube. Gott, unser Vater:

A: Wir bitten Dich, erhöre uns!
- Mache deine Kirche zum Salz der Erde und zum Licht der Welt, daß sie deine Menschenfreundlichkeit und Liebe allen Menschen in Wort und Tat bezeuge, besonders den Armen und Benachteiligten, den Heimatlosen und den Schwächsten. Gott, unser Vater:

A: Wir bitten Dich, erhöre uns.
- Schenke allen Menschen in Not, besonders den Einsamen und Kranken, den Leidenden und Sterbenden das nicht erlöschende Licht Deines göttlichen Lebens. Gott, unser Vater:

A: Wir bitten Dich, erhöre uns.
Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz