Glaube und Humor

Gastkommentar für "Glaube und Leben" (Februar 2005)

Datum:
Sonntag, 27. Februar 2005

Gastkommentar für "Glaube und Leben" (Februar 2005)

Es ist erstaunlich, wie oft man der Annahme begegnet, das Christentum habe mit dem Lachen und dem Humor nichts oder sehr wenig zu tun. Natürlich betont der Glaube den Ernst unseres Lebens und die Verantwortung für unser Tun. Da gibt es in der Tat nichts zu lachen, wenn wir gegen grundlegende Spielregeln des menschlichen Zusammenlebens verstoßen, z.B. durch Rücksichtslosigkeit und Betrug. Aber es wäre doch ein arges Missverständnis, wenn man den christlichen Glauben identifizieren würde mit einer stets sauertöpfischen Miene oder gar einer Weltverachtung.

Nun muss man gewiss viele Formen des Lachens und des Humors unterscheiden. Es gibt das Lächeln und das Schmunzeln, gute Stimmung und frohe Laune, Freude und Heiterkeit, aber auch das Gelächter und die Ausgelassenheit. Es gibt viele Mischungen humorvollen Verhaltens bis hin zum derben Witz auf Kosten anderer. Die Grenze ist endgültig überschritten, wenn man sich belustigend über andere negativ hermacht oder sich gar in Zoten verliert, die nicht selten gerade die Frau verletzen.

Wahrer Humor hat immer etwas mit Distanz und Kontrast im Verhältnis zur Wirklichkeit zu tun. Er verändert unsere Wahrnehmung und unser Verhalten zur Realität. Es findet darin immer auch eine Relativierung der Wirklichkeit statt. Aber es ist keine Weltflucht. Man kann in Distanz zur Welt und doch in ihr Leben. Ja, der Humor gibt eine gewisse Gelassenheit. Er kann auch durchaus gütig sein, weil er um die eigenen Grenzen und die bleibende Unzulänglichkeit der Welt weiß. Darum gehört auch die Maske dazu: Wir sind auch anders, als wir uns immer gerne geben. In diesem Sinne hilft der Humor auch dazu, mit Schwierigkeiten fertig zu werden und sich mit der konkreten Welt wieder zu arrangieren. Der echte Humor schenkt darum eine relative Zuversicht im Blick auf die Bewältigung von Gegenwart und Zukunft, eine innere Freiheit und auch ein Stück Toleranz. Darum ist der wahre Humor am Ende immer wieder auch versöhnlich.

Woher gewinnt man diese Haltung einer Relativierung und zugleich einer Ernstnahme der Wirklichkeit unseres Lebens? Dies ist vor allem auch eine Frucht wahren Glaubens. Denn der Glaube krallt sich nicht in dieser Welt als einem Endgültigen und Absoluten fest. Er weiß um die Wandelbarkeit, Vielfalt und Unabgeschlossenheit unserer endlichen Welt, zu der wir selbst gehören. Dies schließt „tierischen Ernst“ aus. Der Glaubende kann sich auch und gerade am Vorletzten freuen, an den kleinen Dingen des Lebens. Er weiß, dass wir die letzten, untrüglichen Antworten auf der Suche nach dem Sinn unseres Lebens nicht einfach in der endlichen Welt selbst finden, sondern uns dabei am Ende allein auf Gott als den wirklich letzten Grund verlassen. Dies wirkt entspannend und befreiend. Wir können uns loslassen. Darum schafft der wahre Humor auch die wirkliche Heiterkeit eines freien, gelösten Geistes.

Die Bibel kennt viele Formen des Lachens. Jesus selbst hat für hintergründigen Humor, erst recht aber für die Freude viel Sinn. Es gibt Heilige, wie Philipp Neri und Johannes Don Bosco, die besonders bekannt sind für ihre Heiterkeit.

So ist es nicht zufällig, dass auch die Fastnacht in der Nähe, ja im Schatten unserer Dome und Kirchen entstanden ist. Darum kommen auch viele begabte Fastnachter anfänglich aus dem Umkreis von Pfarrgemeinden und kirchlichen Verbänden. Wir brauchen in unserer oft tristen Welt Humor, Heiterkeit und Freude. Sie sind vor allem dann echt, wenn wir sie später nicht bereuen müssen.

© Karl Kardinal Lehmann

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz