Grußwort zum 80. Geburtstag und zur Verabschiedung von Friedrich Kardinal Wetter als Erzbischof von München und Freising

am 17. Februar 2008 im Liebfrauendom in München

Datum:
Sonntag, 17. Februar 2008

am 17. Februar 2008 im Liebfrauendom in München

Es dürfte in unserer Zeit äußerst selten sein, dass ein Bischof bis zum 80. Geburtstag aktiv und auf allen Ebenen sein Amt ausüben kann, und dies über beinahe 40 Jahre. Da die Diözesanbischöfe heute eher in einem vorgerückteren Alter ernannt werden und der Amtsverzicht auf 75 Jahre festgelegt ist, wird dies leicht verständlich. Da Herr Kardinal Wetter mit 40 Jahren zum Bischof von Speyer ernannt wurde – heute in Mitteleuropa eher eine große Seltenheit –, dürfen wir heute mit dem 80. Geburtstag auch dieses seltene Fest feiern. Das Bistum Speyer und das Erzbistum München und Freising werden ihrerseits dankbar davon sprechen, was ihnen Kardinal Wetter in diesen insgesamt vier Jahrzehnten bedeutete und ihnen geschenkt hat. Meine Aufgabe ist es, seinen hohen Einsatz für die Deutsche Bischofskonferenz zur Sprache zu bringen und zu würdigen.

Die beispiellose Treue und Verlässlichkeit zeigt sich darin, dass Herr Kardinal Wetter in diesen 40 Jahren zwei Kommissionen der Deutschen Bischofskonferenz unermüdlich und unablässig gedient hat, nämlich seit 1968 der Glaubenskommission und der Kommission für Wissenschaft und Kultur. In der Kommission für Wissenschaft und Kultur war er von 1970 bis 1981 auch Vorsitzender. Unmittelbar danach wurde er Vorsitzender der Glaubenskommission, sodass er bis zu seinem Ausscheiden aus der Deutschen Bischofskonferenz am 2. Februar 2008 27 Jahre diese Verantwortung ausübte. Damit sind selbstverständlich auch andere Aufgaben eng verbunden.

Die Auswahl dieser Kommissionen und die Konzentration darauf zeigt einen wichtigen Zug im bischöflichen Wirken von Kardinal Wetter. Er hat nicht zufällig auf den Wunsch seiner Heimatkirche von Speyer die wissenschaftliche Laufbahn eingeschlagen. Auch wenn es ihm nicht vergönnt war, länger Hochschullehrer zu sein, so war und blieb er auch als Bischof immer „Professor“ im eigentlichen Wortsinn, nämlich mutiger Bekenner und überzeugender Lehrer des Glaubens. Dabei war dies immer verbunden mit seiner Menschlichkeit und seiner Sorge um eine glaubwürdige Vermittlung des Evangeliums. Stets hat er mit dem nötigen Ernst um die Wahrheit gerungen und Freude gezeigt am Wachsen der Erkenntnis. Er hatte einen nüchternen und wachen Sinn für die Fragen und Probleme unserer Gegenwart. Seine breite menschliche Erfahrung ließ ihn auch einen ruhigen Sinn bewahren für die konkrete Wirklichkeit und das, was jeweils erreichbar ist. Dies schenkte ihm eine hohe Festigkeit in Grundsatzfragen und eine erstaunliche Beweglichkeit, wenn diese angezeigt war. So war er besonders geeignet, um auch in schwierigen Fragen, ohne die Substanz des Glaubens preiszugeben, auf Ausgleich und Versöhnung zu setzen. Er hat nicht Gräben aufgerissen oder vertieft, sondern die Gemeinsamkeit auch in verschiedenen Richtungen gesucht. Er ist auch dadurch ein Lehrer geblieben, dass er besonders in Konflikten immer die Einsicht der Betroffenen suchte und durch Argumente überzeugen wollte. Dies schloss den Mut nicht aus, sondern gerade ein, dass er in seinen bekannten Silvesterpredigten hier im Dom auch entschieden den problematischen Tendenzen unserer Zeit entgegentrat, ohne in eine billige Polemik zu verfallen.

Damit hat Kardinal Wetter in einer bewegten Zeit in die geistige Diskussion, vor allem aber auch in die theologisch-spirituelle Ausrichtung der Deutschen Bischofskonferenz Kontinuität und Verlässlichkeit gebracht, ohne dass dies zur Starrheit wurde. Es gibt viele Belege dafür. Ich erinnere mich noch gerne, wie der noch junge Bischof von Speyer in den Jahren der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland (1971-1975) gerade in heiklen Situationen die Position der Deutschen Bischofskonferenz vertrat und oft einen Ausweg aus zugespitzten Situationen aufzeigte oder Wege dazu mittrug Als Lehrer des Glaubens lag dem Bischof und Kardinal Wetter sehr an der verlässlichen und zeitgerechten Weitergabe dieses Glaubens. So verdanken wir es hauptsächlich ihm, dass er als Vorsitzender der Glaubens- und der Katechismuskommission darauf hingearbeitet hat, dass wir 1985 den ersten und 1995 den zweiten Band des Katholischen Erwachsenenkatechismus veröffentlichen konnten. Dies ist auch heute noch eine, wie ich meine, zu wenig genutzte Fundgrube für die Fruchtbarkeit unseres Glaubens in dieser Zeit. In der Glaubenskommission verdanken wir bis in die jüngste Zeit hinein unserem Vorsitzenden ein hervorragendes Klima und so auch eine gute Voraussetzung für die Erarbeitung wichtiger Texte, z.B. über die Bedeutung des Glaubens an den Dreifaltigen Gott. Auch hier zeigte sich über viele Jahre ein Geheimnis seines oft stillen, aber fruchtbaren Wirkens: In der ihm eigenen Verbindung von Sanftmut und Güte - zugleich mit Festigkeit und Beharrlichkeit - hat er bei oft zähen und langwierigen Vorhaben einen wahren Fortschritt erzielt.

Ein Lehrer des Glaubens trägt auch besondere Sorge für die Ausbildung, Fort- und Weiterbildung nicht nur der Priester und Diakone, sondern aller kirchlichen Berufe. So hat er sich in diesen 40 Jahren in der Kommission für Wissenschaft und Kultur, besonders aber auch in unseren „Mainzer Theologengesprächen“, wo wir aus Österreich, der Schweiz und Deutschland von den Bischofskonferenzen aus regelmäßig mit allen gewählten Sprechern der theologischen Fächer zusammenkommen, immer und in hohem Maß für den theologischen Nachwuchs, für die Theologischen Fakultäten und Hochschulen sowie für das Gespräch zwischen Theologie und Lehramt eingesetzt. Es liegt auf derselben Linie, dass Kardinal Wetter über 30 Jahre lang in unserem obersten Beratungsgremium mit der Evangelischen Kirche in Deutschland mitgearbeitet hat. In den römischen Kongregationen für die Evangelisierung der Völker (Mission) und für die Katholische Bildung hat er unsere Belange über Jahrzehnte bestens vertreten.

So sagen wir Ihnen, verehrter, lieber Herr Kardinal Wetter, aus diesem dankbaren Rückblick heraus ein herzliches Vergelt´s Gott für Ihren großen Einsatz zugunsten der Wahrheit unseres Glaubens. Ich darf Ihnen, zugleich im Namen des neuen Vorsitzenden unserer Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, Gottes Segen für Leib und Seele wünschen. Wir freuen uns auf jede Begegnung mit Ihnen.

Für mich, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es eine große Freude, diesen Dank und Glückwunsch als letzte Amtshandlung meiner über 20-jährigen Tätigkeit als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz überbringen zu dürfen. Nachdem wir seit vollen vier Jahrzehnten, wenn auch in unterschiedlichen Positionen, in der Glaubenskommission, aber auch anderswo gemeinsam gearbeitet haben und ich im Jahr 1968 auf dem Lehrstuhl für Dogmatik und theologische Propädeutik in Mainz sein Nachfolger wurde, ist es für mich eine Freude, dass ich bei der gerade zu Ende gegangenen Bischofskonferenz mit der künftigen Wahrnehmung des Vorsitzes der Glaubenskommission beauftragt wurde und dadurch das Werk von Kardinal Wetter fortführen darf.

(c) Karl Kardinal Lehmann

Es gilt das gesprochene Wort

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz