– Zusammenfassung –
1.Ich danke allen Schwestern und Brüdern in den Gemeinden, in den pfarrlichen und diözesanen Räten sowie ganz besonders allen am Prozess Beteiligten für die zügige Beratung der vielen einzelnen Schritte. Mein Dank gilt in besonderer Weise dem Pastoralrat und der Diözesanversammlung für die Hinweise bei der Beratung der Statuten und die Empfehlung einer baldigen Inkraftsetzung. Wir werden die eingegangenen Wünsche nach Möglichkeit annehmen und die endgültigen Texte auch bald veröffentlichen. Ganz besonders danke ich dem Herrn Generalvikar und allen Mitgliedern der Steuerungsgruppe für das außerordentliche Engagement.
2.Ich freue mich, dass wir nun nach intensiver Arbeit die Erneuerung der pastoralen Strukturen, vor allem zwischen den Gemeinden vorläufig abschließen können. Vor zehn Jahren haben wir gleichsam den ersten Teil mit dem Titel „... damit Gemeinde lebt“, Pastorale Richtlinien Nr. 8, verabschiedet. Wir haben den damaligen Rahmen nun an einer wichtigen Stelle ausgefüllt. Damit sind wir auch nach allen Vorbereitungen in der Lage, nach der PGR-Wahl des kommenden Jahres (vgl. die Informationen des Herrn Generalvikars) mit den neuen Strukturen vollends ernst zu machen. Dabei bedanke ich mich auch bei den Räten auf Gemeindeebene für die gewiss schwierigen, aber notwendigen Beratungen im Blick auf den Umgang mit den Immobilien. Auch hier möchte ich Herrn Generalvikar Giebelmann und Herrn Baudirektor Krämer für ihre Gespräche in den Dekanaten besonders danken.
3.Ich will nicht alles wiederholen, was ich in diesen vergangenen Jahren immer wieder zur Erneuerung der pastoralen Strukturen gesagt habe (vgl. zunächst das Referat bei der Diözesanversammlung am 10. Oktober 2003, aber auch 2004 und 2005). Aber einige grundlegende Aspekte möchte ich doch nochmals in Erinnerung rufen:
·Lebensraum und Pastoralstrukturen. Wir dürfen aus vielen Gründen nicht nur auf den so genannten Priestermangel als Motiv für die Strukturveränderung schauen. Es darf auch nicht bei dauernden Klagen bleiben. Wir wollen freilich auch Mängel und Schwächen, unter denen wir leiden, nicht überspielen. Aber im Vordergrund müsste das Bemühen stehen, die pastoralen Strukturen im Ganzen als Ausdruck neuer Lebensräume zu sehen, die sich ergeben haben. Wir leben schon länger in größeren und weiteren Räumen, als dies an unseren Strukturen traditioneller Art erkennbar war. Damit müssen wir auch in der Kirche ernst machen. Ich bin fest überzeugt, dass dies auch neue Chancen ergibt.
·Neue Form der Kooperation: Unsere neuen Pastoralstrukturen stehen und fallen mit der Bereitschaft zu einer intensiveren Form der Zusammenarbeit. Dies gilt für die Gemeinden untereinander, aber auch und ganz besonders für die Ehrenamtlichen und noch mehr für die Hauptamtlichen. Kooperation ist immer eine zweischneidige Angelegenheit. Man kann daraus zeitraubende Spielchen machen, die aber bald zur Enttäuschung führen, oder wirksam neue gemeinsame Wege gehen. Wer diese Kooperation nur halb verwirklicht, wird sehr bald frustriert sein und die Flinte ins Korn werfen. Wer die Kooperation ernsthaft versucht und sich einbringt, wird – vielleicht nicht sofort – viele wertvolle Früchte ernten. Was man halb tut, bleibt immer schwer; was man ganz tut, erleichtert die Sache und macht auch Freude. Deshalb müssen wir gewiss aufpassen, dass der Seelsorgerat gerade in dieser Hinsicht gelingt.
·Neue Möglichkeiten pastoraler und besonders missionarischer Aktivitäten: Wenn wir die Kooperation richtig anlegen und Zusammenarbeit auch zu einer Konzentration von Aktivitäten führt, dann werden auch die Kräfte freier für Aufgaben, die heute notwendig sind und die in den bisherigen Strukturen schwieriger zu verwirklichen waren. Ich denke dabei an ein reichhaltiges Gottesdienstangebot im pastoralen Nahraum (auch wenn dies an einzelnen Orten zur Reduzierung führen kann). Es gilt aber besonders für die Zusammenarbeit im katechetischen Bereich, in der Jugendarbeit, im Bildungssektor usw. Ich möchte aber auch der Hoffnung Ausdruck geben, dass die größeren Einheiten sich der dringenden Aufgabe widmen, mit den Kirchendistanzierten, Ausgetretenen usw. besser in Kontakt zu kommen. Ich glaube auch, dass die ökumenische Zusammenarbeit durch die neuen pastoralen Strukturen an Effektivität und Kontinuität gewinnen kann.
4.Damit wird es auch Zeit, dass wir wieder intensiv zu der Sacharbeit des Glaubens kommen. Die Prioritäten, die wir in den letzten Jahren in pastoraler Hinsicht gesetzt haben, bleiben: Gottesfrage, Lebensschutz, Ehe und Familie, Berufungspastoral. Ein wichtiges Anliegen ist mir dabei auch die Sonntagskultur, verbunden mit dem Besuch des sonntäglichen Gottesdienstes. Hier sind wir nochmals ziemlich abgerutscht. Wir müssen große Anstrengungen machen, um die Menschen für die Gottesdienste am Sonntag wirksam einzuladen. Hier bündeln sich ja viele Gesichtspunkte, besonders auch vor Ort.
Zugleich kommt die Zeit, da wir mit den neuen Räten wieder frisch an die pastoralen Themen gehen müssen. Dabei muss man die Prioritäten beachten, von denen die Rede war. Als Hauptaufgabe sehe ich jedoch eine Vertiefung des christlichen Lebens und Zeugnisses. Gerade wenn wir uns längere Zeit, wenn auch nicht ausschließlich, mit strukturellen Fragen beschäftigt haben, bedarf es nun einer ausgleichenden Balance, manchmal auch Korrektur, um das gemeinsame Christsein zu stärken. Dies muss unser erstes Ziel sein.
5.Dies vollzieht sich zunächst vor allem auch in der Hinführung zu den Sakramenten und in ihrer Praxis. Wir haben bei der Firmpastoral begonnen. Hier geht es in gewisser Weise um die praktische Entfaltung des christlichen Zeugnisses. Dabei kommt es nicht nur auf die klassischen Fragen der Firmpastoral an, vor allem auf das Firmalter, sondern auf die Erweckung der Jugendlichen zu einem eigenverantwortlichen christlichen Zeugnis. Wir haben nun über eine längere Zeit experimentiert und dabei viele gute Erfahrungen gewonnen. Wir wollen zuerst eine gewisse Zwischenbilanz zusammentragen. Dabei hat die Firmvorbereitung und auch die Firmerteilung durchaus etwas mit der Schaffung neuer pastoraler Strukturen zu tun. Hier kann man sie in unterschiedlicher Weise intensivieren: mit jungen Leuten, in bisher weniger erprobten Räumen usw.
Wenn wir es richtig machen, dann werden wir bald spüren, dass Firmung und Taufe eng zusammengehören. Dabei darf man natürlich nicht nur an den jeweiligen sakramentalen Ritus denken, sondern muss die Voraussetzung für jeden Empfang der Sakramente, nämlich den Glauben, und die Hinführung zu ihm sowie sein Fruchtbarwerden von Anfang an miterfassen. In diesem Sinne geht es um eine Erneuerung der Taufpastoral. Dies aber bedeutet eine Beschäftigung mit dem Christwerden und dem Christsein. Damit kommen wir vor allem auch auf die fundamentalen Linien und Elemente des christlichen Lebenszeugnisses.
Damit gelangen wir gleichsam von selbst zu den Anfängen und zur Wurzel unsers Glaubens. Es ist eigentlich erschreckend, wie wenig die Taufe, nun verstanden als Ausdruck unseres Christwerdens und Christseins, in der Mitte unserer Bemühungen in der Verkündigung und im Gottesdienst steht. Obwohl die Taufe schon sehr früh als „Tür zum Heil“ gilt, steht sie wenig im Zentrum unserer theologischen, aber auch spirituellen und praktischen Arbeit. Die Beschäftigung damit hat auch einen eminenten ökumenischen Wert. Wir müssen erst noch voll verstehen, wie wichtig und wertvoll es ist, dass die Christen wechselseitig zum allergrößten Teil die Taufe anerkennen und darin miteinander verbunden sind (vgl. die derzeitigen Bemühungen zur Taufanerkennung).
„Wenn unser Christenleben allgemein so unfähig bleibt, die Welt zu durchdringen und deren feindliche Kräfte zu überwinden, so deshalb, weil es nicht restlos und ausschließlich christliches Leben ist; wenn unser Christenleben bei seinem Einsatz in der Welt oft zerbröckelt, aus dem Gleichgewicht gerät oder seine Gestalt einbüßt, wenn es sich mehr als normal verbraucht, so deshalb, weil es nicht restlos und ausschließlich christliches Leben ist.“ (M. Delbrêl, Gebet in einem weltlichen Leben, Einsiedeln 1964, 100).
(c) Karl Kardinal Lehmann
von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz
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